Mehrheitlich angenommen wurde im heutigen Landwirtschaftsausschuss eine Vereinbarung des Bundes mit dem Land Wien zur Verwaltungsüberprüfung des EU-Projekts "Interact Office Vienna 2021-2027" durch das Land Wien. Zahlreiche Oppositionsanträge, unter anderem zu den Themen Bodenschutz, Laborfleisch und einer "Borkenkäferstrategie", wurden von den Regierungsparteien vertagt.
Verwaltungsüberprüfung des Projekts "Interact Office Vienna 2021-2027"
Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ wurde eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Übertragung der Verwaltungsüberprüfung des Projekts "Interact Office Vienna 2021-2027" an das Land Wien (2318 d.B.) mehrheitlich angenommen. Das Interact Office Vienna ist Teil der Abwicklungsstrukturen des EU-Interact-Programms. Die zurechenbaren Kosten bestehen zum überwiegenden Teil aus Personalkosten des Landes Wien.
Warum diese Vereinbarung gerade jetzt notwendig geworden sei, wollte Karin Doppelbauer (NEOS) wissen. Das "Interact Office Vienna" nehme eine Sonderrolle ein, sagte Landwirtschaftsmister Norbert Totschnig. Das Büro existiere bereits, die Übertragung der Verwaltungsüberprüfung an das Land Wien sei übersehen worden und werde nun mit dieser Vereinbarung nachgeholt, so Totschnig.
Debatte über Umsetzung einer Bodenschutzstrategie
Mit einem wiederaufgenommenen Antrag drängten die NEOS auf rasche Umsetzung einer Bodenschutzstrategie (3572/A(E)). Inzwischen bewege sich zwar etwas bei diesem Thema, es gebe aber nach wie vor keinen formellen Beschluss und keine Umsetzung, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS). Zum Schutz der landwirtschaftlichen Flächen vor "zügelloser" Inanspruchnahme brauche es dringend eine Bodenschutzstrategie mit verbindlichen Zielvorgaben für die Bundesländer sowie die Einrichtung einer bundesweiten Monitoringstelle. Es sei "lächerlich", wenn Verantwortliche sich ihre eigenen Berechnungsweisen des Bodenverbrauchs zurechtlegen, wie dies beispielsweise in Oberösterreich der Fall war, so Doppelbauer. Die oberösterreichische Berechnung sei nicht nachvollziehbar.
Es brauche eine gemeinsame Vorgehensweise und die ersten Schritte seien bereits geschehen, sagte Ernst Gödl (ÖVP). Die Zahlen für die Berechnungen "würden hinten und vorne" nicht stimme, daher sei es keineswegs lächerlich, wenn Oberösterreich eine eigene Berechnung vorlege, meinte Franz Hörl (ÖVP). Er wies zudem darauf hin, dass bei diesem Thema in die Raumordnungskompetenz der Länder eingegriffen werde.
Die Verwendung von Freiflächen für Photovoltaikanlagen kritisierte Walter Rauch (FPÖ), da diese Flächen ebenfalls für die Lebensmittelproduktion verloren gehen würden. "PV-Anlagen gehören auf Dächer, nicht auf Freiflächen", unterstrich Peter Schmiedlechner (FPÖ).
Der Bodenverbrauch in Österreich sei nach wie vor viel zu groß, die Verhandlungen für die Bodenschutzstrategie müssten daher so schnell wie möglich zu einem Abschluss gebracht werden, betonte Ulrike Maria Böker (Grüne). Als größte Probleme nannte sie die Zersiedelung, den Straßenbau sowie die Spitzenraten beim Flächenverbrauch für Einkaufszentren. Die FPÖ würde bei diesem Thema "reflexartig" immer gegen Photovoltaikanlagen und Windräder argumentieren, kritisierte Olga Voglauer (Grüne) und betonte, dass die Produktion von erneuerbarer Energie für Bäuer:innen eine wesentliche Chance für ein neues Einkommensstandbein sei und zur Energieunabhängigkeit beitrage.
Die Energieraumbewirtschaftung sei eine "Riesenchance" für die Landwirtschaft, meinte auch Karin Doppelbauer (NEOS) und forderte im Hinblick auf den Netzausbau eine übergeordnete Energieraumplanung.
Es sei ein neues Datenmodell zur Flächeninanspruchnahme und Versiegelung veröffentlicht worden, das eine Präzision habe, "wie wir sie aus keinem anderen EU-Land kennen", sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Die Umsetzung der Bodenstrategie solle "so schnell es geht" erfolgen. Sobald sie beschlossen sei, müsse unmittelbar mit der Umsetzung begonnen werden, es dürfe keine Zeit mehr verloren gehen, so Totschnig auf Nachfrage von Elisabeth Feichtinger (SPÖ).
Mit Verweis auf die laufenden Verhandlungen wurde der Antrag von den Regierungsfraktionen neuerlich vertagt.
Ablehnung von Laborfleisch
Vertagt wurde ein Antrag der FPÖ, mit dem sich die Freiheitlichen gegen das Inverkehrbringen von Laborfleisch aussprechen (3773/A(E)). Derzeit gebe es keine gesicherten Informationen über die gesundheitlichen Auswirkungen des Laborfleisch-Konsums, zudem solle ein Verbot dem Schutz "unserer Tradition und unserer heimischen Produkte" dienen, betont die FPÖ im Antrag.
Laborfleisch sei aus verschiedenen Gründen problematisch, unter anderem weil es bei der Produktion enorm viel Energie verschlinge und auch die Einhaltung von Hygienestandards nicht gewährleistet seien, sagte Olga Voglauer (Grüne). Generell solle der Fleischkonsum reduziert werden, allerdings sei "Invitro-Fleisch" kein Ersatz. Gesetzlich falle Laborfleisch unter die Regelung der EU-Verordnung zu "Neuartigen Lebensmitteln". Derzeit sei nicht zu erwarten, dass Laborfleisch in Österreich auf den Markt gebracht werde, so Voglauer.
FPÖ schlägt "Freiheitliches Entlastungspaket für die Landwirtschaft" vor
Um dem "fortschreitenden Bauernsterben" entgegenzuwirken, brauche es eine "Trendumkehr in der Landwirtschaft", forderte die FPÖ und schlug daher in einem Antrag die Umsetzung eines "freiheitlichen Entlastungspakets für die Landwirtschaft" vor. Dieses umfasst folgende Punkte: Ausstieg aus dem Green Deal, Importstopp für "ukrainisches Billiggetreide", Erlassung der SV-Beiträge in Krisenzeiten, Abschaffung der AMA-Marketing-Beiträge, "Raus aus der Kostenfalle" durch das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Betriebsmittel sowie der Mineralölsteuer für alle landwirtschaftlichen Betriebe in Krisenzeiten und die Abhaltung eines Agrargipfels für Ernährungssicherheit (3662/A(E)). Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.
In den letzten Jahren sei eine Vielzahl an Unterstützungsmaßnahmen für Bäuer:innen gesetzt worden, zudem sei kürzlich der Strategieprozesses "Vision 2028+" für den ländlichen Raum gestartet worden, betonte Olga Voglauer (Grüne).
"Es sei nicht viel passiert, nur Stillstand", kritisierte Peter Schmiedlechner (FPÖ), "draußen bei den Bäuer:innen" gebe es sehr wohl Krisenstimmung. Immer mehr kleine Betriebe würden aufgeben und Österreich dadurch in eine "industrielle Landwirtschaft schlittern".
Es sei sehr viel gelungen, meinte Georg Strasser (ÖVP), Verbesserungen würden dennoch immer auf der Agenda stehen. Ein starkes AMA-Gütesiegel und starke Genossenschaften seien wichtig für die Bäuer:innen, da sie bei der Vermarktung vier großen Handelsketten gegenüberstehen.
Sie fordere eine detaillierte Analyse, was das AMA-Gütesiegel wirklich bringe, sagte Karin Doppelbauer (NEOS).
Das AMA-Gütesiegel bringe den Bäuer:innen Aufschläge, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, diese würden rund 60 bis 70 Mio. € pro Jahr betragen. Die Preise würden jedoch von den Marktpartnern und nicht von der AMA gemacht werden, so Totschnig.
Tierschutz bei Nutztieren
Mit einem wiederaufgenommenen Antrag, der im Ausschuss neuerlich vertagt wurde, thematisierte die SPÖ die zuletzt aufgedeckten "Nutztierhaltungs-Skandale" und forderte, dass die betroffenen Betriebe die bereits erhaltenen Tierschutzprämien zurückzahlen müssen (2822/A(E)).
Kein anderen Bereich, in dem öffentlichen Gelder fließen, werde so streng kontrolliert, wie die Landwirtschaft, sagte Josef Hechenberger (ÖVP). Bei festgestellten Verstößen komme ein klarer und harter Sanktionsmechanismus zu tragen und bei gravierenden Fällen würden zudem die Gerichte beispielsweise über ein Tierhalteverbot entscheiden.
Trotzdem würde es immer wieder vorkommen, dass weitere Nutztierhaltungsskandale bekannt werden, kritisierte Dietmar Keck (SPÖ). Daher müsse das Kontrollnetz noch enger werden, forderte er.
Das bestehende System solle nicht verändert werden, jedoch müsse man sich die Verantwortung der Amtstierärzt:innen in diesem Zusammenhang ganz genau ansehen, meinte Karin Doppelbauer (NEOS).
FPÖ fordert erneut Verhandlungsstopp für das Mercosur-Abkommen
In einem wiederaufgenommenen Antrag forderte die FPÖ die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene gegen den Abschluss des Mercosur-Abkommens einzusetzen (1370/A(E)). Peter Schmiedlechner (FPÖ) erklärte, dass seine Fraktion mit diesem Antrag dem Bauernbund die Chance geben möchte, gegenüber dem Wirtschaftsbund "die Muskeln zu zeigen" und sich gegen das Mercosur-Abkommen einzusetzen.
ÖVP-Mandatar Klaus Lindinger stellte klar, dass es dahingehend bereits "ein klares Nein" aus Österreich gebe, das auch im Regierungsprogramm festgeschrieben sei. Karin Doppelbauer (NEOS) wollte von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig wissen, wie er dieses "Nein" begründe.
Totschnig erklärte, dass es sich um ein Abkommen "aus den 1990er-Jahren" handle, das keinerlei Nachhaltigkeitskriterien enthalte. Es sei nicht wünschenswert, dass europäische Länder, die im Rahmen des Green Deal ihre Umweltstandards erhöht hätten, mit Staaten konkurrieren müssten, die diese Standard nicht hätten.
Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln
Mit einem weiteren wiederaufgenommenen Antrag forderte die FPÖ erneut die Einführung einer umfassenden Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (3018/A(E)).
Irene Neumann-Hartberger (ÖVP) sprach dem Antrag der Freiheitlichen die Aktualität ab, da die meisten Punkte spätestens mit der im März dieses Jahres in Kraft getretenen verpflichtenden Herkunftsbezeichnung bereits umgesetzt seien und stellte den abermaligen Vertagungsantrag.
Wald: FPÖ für Borkenkäferstrategie, SPÖ will konkretere Vorgaben für waldbezogene Förderungen
Die FPÖ forderte in einem Antrag finanzielle Sofortmaßnahmen "zur Bewältigung der wirtschaftlichen und ökologischen Borkenkäferkatastrophe" im Rahmen einer bundesweiten Gesamtstrategie (3772/A(E)). Derzeit gebe es eine "Vielzahl an waldbezogenen Förderungen", es fehle jedoch an transparenter Information darüber, "wer welche Förderungen auf Grund welcher Maßnahme erhalte" und welcher Gesamtförderbetrag bezogen werde, kritisiert die SPÖ in einem Antrag und forderte mehr Transparenz und konkretere Vorgaben für waldbezogene Förderungen (3739/A(E)).
ÖVP-Mandatar Andreas Kühberger stellte für beide Initiativen den Vertagungsantrag und bezeichnete jenen der FPÖ als "Werbung für die Bundesregierung", da daran demonstriert werden könne, was bereits alles umgesetzt worden sei. Er zählte zahlreiche Förderungen auf, die zur Bewältigung von Borkenkäferbefällen bzw. zur Abgeltung von Verlusten zur Verfügung gestellt würden. Zudem wies Kühberger auf gebildete Task-Forces, regelmäßig stattfinden Runde Tische sowie Forschungsprojekte zu der Thematik hin.
Bezüglich des Antrags der SPÖ betonte Kühberger, dass chemisch-synthetische Pestizide etwa bei der Lagerung von Holz notwendig seien und daher der Verzicht darauf kein Förderkriterium darstellen könne. Zudem erklärte er, dass laut Studien Betriebe unter zehn Hektar bereits am meisten von waldbezogenen Förderungen profitierten. Auch deren Erfassung in der Transparenzdatenbank und die geforderte Berichtspflicht seien bereits realisiert, so Kühberger.
Martin Litschauer von den Grünen führte sowohl die Borkenkäferproblematik als auch andere schädliche Entwicklungen für die Forstwirtschaft auf den Klimawandel zurück und betonte die Relevanz einer "klimafitten" Bewirtschaftung der Wälder. Würde dies nicht beachtet, träfen die negativen Auswirkungen nicht nur die Holzwirtschaft, sondern etwa auch die Trinkwasserversorgung.
Landwirtschaftsminister Totschnig unterstrich hinsichtlich des SPÖ-Antrags, dass eine Novelle des Waldfondsgesetzes Überförderungen praktisch ausschließe. Zudem gebe es pro Antragsteller:in eine Fördergrenze von 200.000 €, wodurch verhindert werde, dass große Betriebe "alles absaugen".
Verbindliche Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide
Eine verbindliche europaweite Reduktion der chemisch-synthetischen Pestizide mahnte die SPÖ in einem wiederaufgenommenen Antrag ein (3627/A(E)), welcher neuerlich vertagt wurde.
Der ökologische Pflanzenschutz sei in Österreich bereits in weiten Teilen "gelebte Realität", erklärte Landwirtschaftsminister Totschnig. Auch würden sich bereits mehrere geförderte Forschungsprojekte mit alternativen Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen beschäftigen. Die Zielsetzung sei klar, "so viel Pestizide wie nötig und so wenig wie möglich" einzusetzen, sagte Totschnig.
Olga Voglauer (Grüne) rechnete Österreich bei der Reduktion der Pestizidanwendung zu den europäischen "Musterschüler:innen". Man dürfe sich jedoch nicht "auf den Lorbeeren ausruhen" (Schluss Landwirtschaftsausschuss) bea/wit
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