EU-Ausschuss des Bundesrats äußert Bedenken über Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung

Der EU-Ausschuss des Bundesrats wendet sich mit einer Mitteilung an die EU, in der er einen Richtlinienvorschlag zur Korruptionsbekämpfung zwar grundsätzlich begrüßt, aber Bedenken hinsichtlich vorgesehener Verfahren zur Aufhebung der Immunität von Mandatar:innen äußert. Der entsprechende Antrag auf Mitteilung wurde heute mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen.

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand ein Verordnungsvorschlag zur Bewältigung von Krisensituationen in den Bereichen Migration und Asyl. Die FPÖ lehnt beide Vorschläge ab und wollte der Regierung – zur Korruptionsrichtlinie gemeinsam mit der SPÖ – eine entsprechende Verhandlungsposition mit nach Brüssel geben. Ihre Anträge auf Stellungnahme blieben aber in der Minderheit.

Richtlinienvorschlag zur Korruptionsbekämpfung

Nachdem der EU-Unterausschuss des Nationalrats in einer Mitteilung an die Kommission bereits Kritik an einer vorgeschlagenen Richtlinie zur Bekämpfung von Korruption geübt hatte (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1010), befasste sich heute die Länderkammer mit dem entsprechenden EU-Vorhaben. Mit der vorgeschlagenen Richtlinie, die Teil des im Mai vorgelegten Anti-Korruptions-Pakets ist, sollen die strafrechtliche Ahndung von Korruption und die Sanktionen in der EU aktualisiert und verstärkt werden. Künftig sollen demnach alle Formen der Korruption in allen Mitgliedstaaten unter Strafe gestellt werden. Die Strafbestimmungen sollen dafür harmonisiert und erweitert werden. Ein Schwerpunkt liegt zudem auf der Prävention von Korruption, wofür unter anderem spezialisierte Behörden vorgesehen sind. Für Behörden für Korruptionsbekämpfung sollen außerdem ausreichend Ressourcen und Schulungen zur Verfügung gestellt werden. Der Richtlinienvorschlag sieht darüber hinaus Verfahren zur Aufhebung von Immunitäten vor.

Laut Stellungnahme aus dem Justizministerium sei hier noch zu klären, ob das parlamentarische Verfahren zur Aufhebung der Immunität diesen Kriterien entspricht. Auch der Nationalrat stieß sich an diesem Punkt. Man sorgte sich, dass in die Autonomie der nationalen Parlamente zur Aufhebung der Immunität eingegriffen werden könnte. Die Konferenz der Landtagspräsident:innen äußerte diese Kritik in Bezug auf die Autonomie der regionalen Parlamente ebenfalls in einem Schreiben. Die Europäische Kommission hingegen erwiderte in einer kürzlich übermittelten Antwort, es bleibe auch mit den vorgeschlagenen Änderungen weiterhin Sache der Mitgliedstaaten, die genauen Verfahren für die Aufhebung von Immunitäten im Einklang mit der eigenen Verfassung festzulegen. Die Kommission gibt zu bedenken, dass Befreiungen vor Ermittlungen die wirksame Verfolgung von Korruptionsdelikten behindern können.

In dem mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommenen Antrag auf Mitteilung weisen die Bundesrät:innen die europäischen Institutionen auf die geltende österreichische Verfassungsbestimmung hin, die die Aufhebung von Mandatar:innen regelt. Durch die Formulierung im Richtlinienvorschlag, die Aufhebung müsse durch ein "objektives, unparteiisches, wirksames und transparentes Verfahren" erfolgen, entstehe der Eindruck, dass in die Autonomie der nationalen und regionalen Parlamente eingegriffen werden könnte. Für einen solchen Eingriff sei keine Kompetenzgrundlage der EU erkennbar. Die Bundesrät:innen sprechen sich daher dafür aus, dass Regelungen zur Aufhebung der Immunität von Mandatar:innen ausschließlich den nationalen und regionalen Parlamenten vorbehalten bleiben und der Richtlinienentwurf entsprechend angepasst werden sollen.

Ein gewichtigeres Instrument, nämlich eine Stellungnahme an die österreichische Bundesregierung, wollten SPÖ und FPÖ nutzen. Sie wollten die Justizministerin auffordern, in den Verhandlungen auf EU-Ebene klarzustellen, dass Verfahren zur Aufhebung der Immunität von Mandatar:innen Sache der nationalen Parlamente ist. Zudem sollte sie sich dafür einsetzen, dass immunitätsrechtliche Regelungen in der alleinigen Verantwortung der Mitgliedstaaten verbleiben. Der Antrag auf Stellungnahme blieb allerdings in der Minderheit.

Debatte über Korruption und Immunität

Insgesamt sei der Richtlinienvorschlag aus Sicht des Justizressorts zu begrüßen, wie ein Vertreter im Ausschuss erläuterte. Der Vorschlag stehe jedoch noch am Beginn der Verhandlungen und sei noch umfassend zu analysieren. Bereits bestehende österreichische Standards seien zu verteidigen, wird in einer Stellungnahme des Justizministeriums betont.

Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) betonte, alle Vorschläge für eine konsequente Korruptionsprävention und -bekämpfung seien grundsätzlich zu begrüßen. Die Immunitätsregeln seien in Österreich aber Kern der Verfassung. "Wir wollen uns da nichts vorschreiben lassen", sagte sie. Sie wollte auch nicht verhehlen, dass ihre Fraktion gerne das verbindlichere Instrument der Stellungnahme gewählt hätte. Man habe aber vollstes Vertrauen in die Justizministerin, dass diese die Einwände des Parlaments in Brüssel darlegen wird, damit die Richtlinie entsprechend abgeändert wird. Marco Schreuder (Grüne/W) fand es ebenfalls begrüßenswert, dass die EU einen Schwerpunkt auf Korruptionsbekämpfung lege.

Andreas Arthur Spanring (FPÖ/NÖ) erwiderte, dass das Vertrauen in eine Ministerin keine politische Kategorie sei. Es sei oftmals so, dass etwas in Österreich versprochen, aber auf europäischer Ebene anders abgestimmt werde. Deshalb bräuchte es aus seiner Sicht eine verbindliche Stellungnahme.

Von der sozialdemokratischen Fraktion konnte der Wiener Bundesrat Stefan Schennach die "Koalitionszwickmühle" verstehen. Er wies dennoch darauf hin, dass eine Stellungnahme das wirksamere Instrument wäre, um den Standpunkt der Länderkammer zum Ausdruck zu bringen. Über die Auslieferung von Mandatar:innen haben aus seiner Sicht immer noch die Parlamente zu entscheiden. Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) wies auf einen umfassenden Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament hin. Dem Ziel der Korruptionsbekämpfung sollte man sich jedenfalls anschließen, so die Bundesrätin.

Der Wiener Bundesrat der NEOS Karl-Arthur Arlamovsky gab zu Bedenken, dass im Richtlinienvorschlag den Mitgliedstaaten lediglich Verfahren für die Aufhebung der Immunität vorgeschrieben werden. Er wollte vom Experten aus dem Justizressort wissen, in welchen Punkten die in Österreich bestehenden Verfahren den Kriterien nicht entsprechen. Dieser wies darauf hin, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Kriterien (objektiv, unparteiisch, wirksam, transparent) der Basis eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens entsprechen. Inhaltliche Kriterien für die Aufhebung der Immunität seien im Vorschlag nicht enthalten.

Asyl: Ausnahmeregelungen in Krisenfällen geplant

Als Teil des europäischen Asyl- und Migrationspakts hat die Kommission eine Verordnung vorgeschlagen, mit der gemeinsame Regeln für Krisenfälle geschaffen werden sollen. Konkret geht es um Situationen der Instrumentalisierung oder eines Massenzustroms von Migrant:innen bzw. Situationen höherer Gewalt. Dafür werden Verfahren, Mechanismen und Ausnahmeregelungen festgelegt, die die betroffenen Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen können, wenn ein hoher Ansturm an Migrant:innen das Asylsystem gefährdet. Die Ausnahmen betreffen etwa Grenzverfahren, Rückkehrgrenzverfahren oder Solidaritätsleistungen anderer Mitgliedstaaten.

Aus österreichischer Sicht könnten die Ausnahmeregelungen zu Sekundärmigration in der EU – und damit auch nach Österreich – führen, wie Experten aus dem Innenministerium im Ausschuss erläuterten. Bei der jüngsten Abstimmung über die Verordnung hat Österreich sich enthalten. Zwar begrüßte man Teile des Vorschlags. Mögliche Einschränkungen des verpflichtenden Grenzverfahrens, die Verlängerung der Registrierungsfristen und erleichterte Zuständigkeitsübergänge im Krisenfall werden aber kritisch gesehen. Zudem wird von Seiten des Innenministeriums erneut betont, dass Vorbelastungen der Mitgliedstaaten im Asyl- und Migrationsbereich berücksichtigt werden und im Solidaritätsfall angerechnet werden sollen. Laut Angabe des Ministeriums wurden die Trilogverhandlungen zum Verordnungsvorschlag im Oktober aufgenommen. Der spanische Ratsvorsitzt plant, eine politische Einigung zum gesamten Pakt noch im heurigen Jahr zu erzielen. Ein Vertreter des Ressorts gab aber zu bedenken, dass die Zeit bereits sehr knapp sei.

Bundesrätin Bernadette Geieregger (ÖVP/NÖ) betonte, Innenminister Gerhard Karner habe sich bei der jüngsten Abstimmung enthalten, weil es Maßnahmen brauche, die derartige Krisen beenden und nicht bloß verschieben. Österreich setze sich daher für eine nachhaltige Reparatur des europäischen Asylsystems ein. Marco Schreuder (Grüne/W) legte dar, dass Klimaschutz in Zukunft eines der zentralen Instrumente sein werde, um Migration zu verringern.

Stefan Schennach (SPÖ/W) fand es bedauerlich, dass Österreich sich der Stimme enthalten habe, statt konstruktiv mitzuarbeiten. Es brauche eine nächste Generation der Regulierung, die Dublin-Regeln würden schließlich nicht mehr funktionieren. Er hoffe, dass bis Weihnachten eine Einigung auf europäischer Ebene gefunden werde.

Aus Sicht von Andreas Arthur Spanring (FPÖ/NÖ) bekämpfe die EU mit dem Verordnungsvorschlag nur Symptome, während die Ursache außen vor bleibe. Seine Fraktion spreche sich klar gegen den geplanten Solidaritätsmechanismus aus. Mittels Stellungnahme wollte die FPÖ daher den Innenminister auffordern, sich vehement gegen jedwede Form der Verteilung von Migrant:innen zwischen EU-Staaten auszusprechen und verpflichtende Quoten zur Aufnahme sowie Strafzahlungen bei einer Weigerung kategorisch abzulehnen. Der Antrag auf Stellungnahme fand allerdings keine Zustimmung. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) kar


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