Mit der Teilnahme an der globalen Kampagne "Purple Light up" will das Parlament die Rechte und Anliegen von Menschen mit Behinderungen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Im Vorfeld des Internationalen Tages für Menschen mit Behinderungen, der am 3. Dezember begangen wird, fand heute eine Veranstaltung im Hohen Haus statt, bei der das Parlament mit dem "Fair für alle"-Zertifikat ausgezeichnet wurde. Im Namen aller beteiligten Mitarbeiter:innen nahm Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die Auszeichnung entgegen und versprach, weiter im Sinne der Inklusion arbeiten zu wollen.
Rudolf Kravanja, Präsident des Bundesverbandes für Menschen mit Behinderungen, überreichte das "Fair für alle"-Zertifikat an das Parlament, das wie keine andere Institution für Demokratie und Teilhabe stehe. Im Besonderen ausgezeichnet werden dabei das Besucher:innenzentrum und die Bibliothek, die "auf hervorragende Weise" und unter Einhaltung der Denkmalschutzvorgaben umgestaltet wurden. Was er sich für die Zukunft noch wünsche, sei eine Anpassung des im Jahr 2006 beschlossenen Behindertengleichstellungsgesetzes, das aufgrund fehlender Sanktionen "keine Zähne habe".
In ihrer Keynote kam Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes, auf die noch bestehenden Herausforderungen für Menschen mit Behinderungen zu sprechen. Es müsse vor allem ein Ende mit dem "Bittstellertum" haben, weshalb der Inklusionsfonds auf die Beine gestellt werden sollte, appellierte sie in Richtung der Vertreter:innen der Länder. Menschen mit Behinderungen müsse ein "tatsächlich barrierefreies, partizipatives Leben" in Österreich ermöglicht werden. Ihre Ausführungen wurden durch die Präsentation des Kurzfilms "Barrierefrei im Parlament" unterstrichen.
Interessierte Besucher:innen konnten an sogenannten barrierefreien Kurzführungen teilnehmen, die von Barbara Sima-Ruml (Sachverständige für barrierefreies Bauen) angeboten wurden. Für die musikalische Umrahmung sorgte das inklusive Ensemble Ohrenklang.
Bekenntnis zur Umsetzung von Chancengleichheit in allen Bereichen des Lebens
Es sei für sie eine Herzensangelegenheit, die heutige Veranstaltung eröffnen zu dürfen, betonte die Präsidentin des Bundesrates Claudia Arpa, zumal sie während ihrer Berufslaufbahn einige Jahre mit Menschen mit Behinderungen gearbeitet habe. Die Initiative sei eine "wunderbare Möglichkeit", um ein deutliches Zeichen im Sinne der Inklusion zu setzen. Im Hinblick auf die von Österreich im Jahr 2008 unterzeichnete UN-Behindertenrechtskonvention appellierte sie daran, weiter am Ausbau der Chancengleichheit zu arbeiten. Diese müsse auf allen Ebenen realisiert werden, von der Bildung, der beruflichen Teilhabe bis hin zur Mitwirkung am öffentlichen und sozialen Leben. Sie hoffe, dass die Auszeichnung für das Parlament eine Vorbildwirkung auf andere Institutionen haben werde.
Dritter Präsident des Nationalrates Norbert Hofer erinnerte daran, dass es vor einigen Jahren gar nicht so einfach war, einen Allparteienbeschluss zur Sanierung des Parlaments herbeizuführen. Trotz schwieriger Umstände während der Umbauphase sei es aber schließlich gelungen, nun in einem barrierefreien Gebäude arbeiten zu können. Der Begriff Inklusion habe für ihn eine sehr persönliche Bedeutung, führte Hofer weiter aus, da er vor mittlerweile 20 Jahren ein neues Leben beginnen musste und zunächst auf den Rollstuhl angewiesen war. Im Rückblick betrachtet sei er der Auffassung, dass der damalige Unfall ihn zu einem besseren Menschen gemacht habe. Er sei der Meinung, dass "jeder von uns eine Behinderung habe", da jeder "etwas aus der Norm" sei. Dabei gehe es ihm weniger um die Wahl der richtigen Begriffe, sondern um die Taten, die für Menschen mit Behinderungen gesetzt werden.
Jarmer: "Barrierefreiheit im Parlament gestern und heute aus der Sicht einer Selbstvertreterin"
Als sie im Jahr 2009 als Abgeordnete für die Grünen ins Parlament gekommen sei, gab es noch sehr viele Fragenzeichen bezüglich des Einsatzes der Gebärdensprache, rief Helene Jarmer in Erinnerung. Vielen ihrer Kolleg:innen war etwa nicht klar, dass "alles was in die Ohren geht, bei den Händen raus kommt".Es habe etwas Zeit und einen längeren Sensibilisierungsprozess gebraucht, um mehr Verständnis für die Anliegen von Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Anhand von einigen lustigen Anekdoten, die sie während ihrer Tätigkeit erlebt hat, betonte Jarmer, dass es wichtig sei, auch über sich selbst lachen zu können. Seit ihrem Einzug ins Hohe Haus würden Gebärdendolmetscher:innen bei den Debatten zum Einsatz kommen, hob Jarmer hervor, was nicht in jedem Parlament selbstverständlich sei. Sie gratulierte allen Beteiligten dafür, dass sich das österreichische Parlament zu einem Vorbild für andere Institutionen entwickelt habe.
Hinter dem Begriff Barrierefreiheit stecke viel mehr als die Installation einer Rampe, gab Helene Jarmer in ihrer in der Gebärdensprache vorgetragenen Keynote zu bedenken. "Menschen mit Behinderungen sind Expert:innen für sich", unterstrich Jarmer, deshalb sollten sie auch auf allen Ebenen vertreten sein. Es müsse auch ein Ende mit dem "Bittstellertum" haben, weshalb der Inklusionsfonds auf die Beine gestellt werden müsse, appellierte sie in Richtung der Vertreter:innen der Länder. Menschen mit Behinderungen müsse ein "tatsächlich barrierefreies, partizipatives Leben" in Österreich ermöglicht werden.
Unter dem Motto "Purple Light Up" setzen Teilnehmer:innen auf der ganzen Welt ein sichtbares Zeichen
Das Parlament trägt durch die Teilnahme an der globalen Kampagne "Purple Light Up" dazu bei, die Rechte und Anliegen von Menschen mit Behinderungen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Mit der Barrierefreiheit-Zertifizierung "Fair für Alle" setzt das Hohe Haus ein weiteres Zeichen dafür, dass erfolgreich Inklusionslösungen umgesetzt werden können, die eine gleichberechtigte Teilnahme am parlamentarischen Geschehen ermöglichen. Mit dem vom Sozialministerium geförderten "Fair für alle"-Zertifikat sollen Unternehmen, Organisationen, Bezirke, Gemeinden und Tourismusregionen vor den Vorhang geholt werden, die ein besonderes Engagement beim Abbau von Barrieren und Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen an den Tag legen (www.fairfueralle.at). Das Parlament hat den Zertifizierungsprozess für Bibliothek und Besucher:innenzentrum im März 2022 gestartet, um die Bemühungen für mehr Barrierefreiheit und Inklusion intern und extern sichtbar zu machen. Eine Re-Zertifizierung ist in drei Jahren nötig.
Im Vorfeld des Internationalen Tages für Menschen mit Behinderungen wird die Fassade des Parlaments lila beleuchtet. Da sich am 10. Dezember 2023 die Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen zum 75. Mal jährt, setzt das Parlament aus diesem Anlass Schwerpunkte, die auf die Bedeutung der Menschenrechte für die Demokratie hinweisen und lässt an ausgewählten Tagen die Fassade des Parlaments erstrahlen. (Schluss) sue
HINWEIS: Von Mitarbeiter:innen der Parlamentsdirektion wurde ein informatives Fachdossier erstellt, das auf die Frage "Wie wird ein Parlament barrierefrei?" Antworten gibt.
HINWEIS: Die Veranstaltung konnte auch via Livestream mitverfolgt werden und ist als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz