WKÖ-Wirtschaftsparlament: KV-Verhandlungen, Inflation und Entlastung für Unternehmen im Mittelpunkt der Fraktionserklärungen

Die Reihe der Fraktionserklärungen eröffnete Michael Schuster (UNOS – Unternehmerisches Österreich), der Wirtschaft und Gesellschaft mit Klimawandel und Digitalisierung an der Schwelle der größten Transformation der letzten Jahrhunderte sieht. Entscheidend sei, wie man mit diesen Veränderungen umgehe und sie gestalte, „denn Veränderung ist das, was bleibt. Was die heimische Wirtschaft betrifft, wird es auch in Zukunft viele mutige, international erfolgreiche Unternehmen geben, die ihre Kund:innen begeistern – und sich dafür unternehmensfreundliche Rahmenbedingungen wünschen werden, die sie nicht einschränken. Meine Befürchtung ist, dass das was bleiben wird, nicht das ist, was sich Unternehmen wünschen“, so Schuster. Die Unternehmer:innen würden sich eine effiziente, leistungsstarke Wirtschaftskammer wünschen, die ihre Interessen tatsächlich vertritt. Jedenfalls werde es auch weiterhin eine Fraktion geben, die für Transparenz eintritt, die eine Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft und eine Senkung der Kammerumlage 2 fordert, so Schuster. Die aktuelle Senkung von 35 Mio. Euro sei „angesichts der Einnahmen und Rücklagen eine vernachlässigbare Größe: "Spielraum für Senkungen gibt es genug“. Insgesamt seien die wesentlichen Rahmenbedingungen des Unternehmerseins – im Steuersystem, in der Bürokratie – nicht einfacher geworden, es sei heute nicht einfacher als vor 10 Jahren, Unternehmer zu sein. „Das wird sich wohl auch in Zukunft leider nicht ändern – trotz vorhandenen Zugangs zur Regierung durch manche Fraktionen in diesem Wirtschaftsparlament. Die Welt bewegt sich weiter, die Rahmenbedingungen bleiben stehen“, zeigte sich Schuster abschließend ernüchtert.

Detlev Neudeck von der Fachliste der gewerblichen Wirtschaft thematisierte die Dringlichkeit einer Lohnnebenkostensenkung, stellte aber auch die Frage nach deren Gegenfinanzierung. „Dringlich wäre es auch, die Kammer-Wahlordnung und Kammerfinanzierung näher anzuschauen“, so Neudeck, der zu den laufenden Lohnverhandlungen klarstellte: „Ich bewundere die Ruhe unserer Verhandler, wenn man die Argumente der anderen Seite bedenkt. Es ist schade, dass die Gewerkschaft nur im zeitlichen Rahmen einer einzigen Lohnrunde denkt und die Menschen – noch dazu mitten im besten Weihnachtsgeschäft – zum Streiken zwingt. Abschließend plädierte Neudeck für ein Ablegen der „ideologischen Scheuklappen“ auch beim Klimaschutz, denn „sich auf der Autobahn festzukleben, ändert das Klima nicht. Und wenn wir hier in Österreich für Promille-Veränderungen beim CO2 unsere Wirtschaft ruinieren, dann hat das ebenso keinen Sinn. Wir brauchen daher ein Ende der ideologischen Scheuklappen, ob sie von links oder rechts kommen“.

Sabine Jungwirth von der Grünen Wirtschaft replizierte auf Michael Schuster: „Ich weigere mich, an die Unmöglichkeit von Veränderung zu glauben. Wir stehen hier, weil wir Veränderung wollen, die wir durch sachliche Diskussion auch erreichen können.“ Genau durch diese Qualität unterscheide sich das Wirtschaftsparlament von anderen Parlamenten. Großes Thema sei nach wie vor die Inflation, deren Bekämpfung auf mehreren Ebenen ansetzen müsse, u.a. bei Betriebsmieten und anderen Faktoren, die der Wertanpassung unterliegen. „Wir haben auch schon vor einem Jahr gesagt, dass die Lohnsteigerungen ein großes Thema sind – damals war die Einigung bei den Kollektivvertragsverhandlungen noch einfach, Schwierigkeiten waren aber schon absehbar. Es ist daher schade, dass es nicht schon 2022 gelungen ist, bei den Lohnnebenkosten stärkere Schritte zu setzen – dann könnten wir die aktuellen Lohnforderungen leichter stemmen bzw. hätten einen Beitrag zur Inflationsbekämpfung leisten können.“ Das habe damals im Wirtschaftsparlament aber keine Zustimmung gefunden. Umso dringender sei es jetzt, mit dem Finanzminister in Gespräche einzutreten. Abschließend plädierte Jungwirth für Deeskalation in den Lohnverhandlungen, diese würden derzeit „unterirdisch“ laufen, v.a. auch im Hinblick auf die jüngsten Wortmeldungen der Gewerkschaft. 

Matthias Krenn (Freiheitliche Wirtschaft) übte ebenfalls Kritik am Verhandlungsstil der Gewerkschaft und sieht „alten Klassenkampf sozialistischer Prägung. Wenn das die Zukunft der Sozialpartnerschaft sein soll, dann hat sie diese Zukunft schon hinter sich“. Es brauche gemeinsame Verantwortung, wenn es um die Leistung- und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes geht, eine echte „Standortpartnerschaft“. Die Regierung finde keine Antworten auf aktuelle Herausforderungen, sondern erfinde neue Belastungen für Unternehmen, etwa beim Klimaschutz. Zudem erledige die Bunderegierung durch die hohen Lohnabschlüsse im öffentlichen Dienst, die durch den „Griff in den Steuertopf“ finanziert werden, die Arbeit der Gewerkschaft und erweise den KV-Verhandlern damit einen Bärendienst. „Wie sollen Unternehmen mit solchen staatlichen Vorlagen zu einem vernünftigen Abschluss kommen? Der unproduktive Sektor bestimmt nun über die Arbeitskosten des produktiven Sektors – eine schwere Hypothek für Unternehmen im internationalen Wettbewerb“, stellte Krenn klar. Auch beim Budget agiere die Bundesregierung verantwortungslos, indem man vor dem Wahljahr 2024 „die Gelddruckmaschine anwirft“ und dadurch Rekordschulden mache. „Manche Kommunen bewegen sich in Richtung Investitionsunfähigkeit – was das für die Wirtschaft bedeutet, liegt auf der Hand. Wir hätten das Potenzial zum neuen Sillcon Valley, sind aber auf dem Weg zum Club Med“, so Krenn. Österreich befinde sich in einer Lohn-Preis-Spirale und werde auch die nächsten Jahre eine überdurchschnittliche Inflation haben. „Daher: Runter mit den Energiekosten, runter mit der Steuerquote, Schluss mit Gold Plating, her mit dem Bürokratieabbau und her mit einer klaren Absage an alle linken Belastungsfantasien wie Arbeitszeitverkürzung und 6. Urlaubswoche. Machen wir Österreich wieder zu einem Land der Leistungsträger, das auch in Zukunft durch seine Wettbewerbsfähigkeit überzeigen kann“, so Krenn abschließend.

Christoph Matznetter vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) nahm Bezug auf die laufenden KV-Verhandlungen: „Wir müssen uns stärker an den Realitäten orientieren. Zu sagen, das reale Einkommen ist in den letzten Jahren nicht gesunken, stimmt nicht. Eine Lohnerhöhung, die geringer als die Inflation ist, ist eine faktische Lohnkürzung. Wenn wir diese Realitäten anerkennen, dann machen wir es auch unseren Lohnverhandlern leichter.“ Klar sei, dass man bei der Teuerung runter müsse – schon im Interesse der Exportwirtschaft. Dafür brauche es weitreichende Schritte. „Ich verstehe daher nicht, warum die Wirtschaft nicht einem Mietpreisstopp zugestimmt hat. Julius Raab, einst Präsident dieses Hauses, hat nach dem Krieg strikten Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung zugestimmt – Stichwort Lohn-Preis-Abkommen. Warum geht das heute nicht? Warum haben wir die ideologischen Scheuklappen auf? Warum nicht die Mehrwertsteuer senken? Die Regierung senkt die Mehrwertsteuer auf Photovoltaikanlagen, aber nicht auf Grundnahrungsmittel? Wie passt das zusammen?“, so Matznetter. In Hinblick auf eine Wahlrechtsreform in der Wirtschaftskammer, forderte Matznetter stärker auf Digitalisierung zu setzen.

Laut Sigi Menz von der Liste Industrie befinde sich die heimische Industrie in einer Rezession – „und zwar in keiner milden. Die Auftragsrückgänge heuer sind extrem – aus dem Ausland im ersten Halbjahr um rund 60 Prozent. Energiepreise, Inflation, Arbeitskräftemangel und geopolitische Spannungen sind wesentliche Faktoren, die sich auch in den Einschätzungen der zu erwartenden Geschäftslage widerspiegeln.“ Deutschland unterstützte seine Industrie mit rund 28 Mrd. Euro und erhöhe damit den Druck auf die Mitbewerber – „auch auf unserer energieintensiven Industrie. Wir brauchen daher eine rasche Entlastung bei der Energie bis 2030 und warten diesbezüglich dringend auf die Umsetzung der Strompreiskompensation.“ Bei den laufenden KV-Verhandlungen zeigte sich Menz optimistisch für ein vernünftiges Ergebnis. Allerdings seien gewisse eingeübte Modalitäten zu überdenken: „Die Produktivität ist in den vergangenen Jahren nicht mehr gestiegen. Warum also soll die Benya-Formel nun bei Rückgang der Produktivität auf einmal nicht gelten?“ Auch die Tonalität der Verhandlungen zeige eine negative Qualität der Verhandlungs- und Streikkultur. Abschließend hob Menz hervor, dass es verstärkt Anreize für Mehrarbeit brauche – sowohl finanzieller Natur, also auch bei Faktoren wie der Kinderbetreuung, für die es aus seiner Sicht einen Rechtsanspruch ab dem 1. Kindergartenjahr brauche. 2024 werde jedenfalls mit Europa- und Nationalratswahl ein entscheidendes Jahr, auch die US-Wahlen werden von Bedeutung sein. „Mit der Nationalratswahl stellen wir aber hoffentlich die Weichen für einen zukunftsfähigen Standort Österreich“, so Menz.

Alexander Klacska vom Wirtschaftsbund betonte: „Es hat sich über Jahre und Jahrzehnte sehr vieles zum Positiven verändert. Von den Trümmern des Zweiten Weltkrieges zu einem wirtschaftlich starken, technologisch führenden Land – darauf können wir stolz sein.“ Das unterstreiche auch die neue Repräsentanz der österreichischen Wirtschaft in Brüssel, die „der Stärke und dem auch international hohen Stellenwert der rot-weiß-roten Wirtschaft angemessen ist“. Nichtsdestotrotz gebe es eine Summe von Problemen – u.a. die Bürokratie, auch auf EU-Ebene. „Wir überlegen uns in Europa Maßnahmen, die uns selbst bestrafen. Warum verteuern wir uns selbst, geißeln uns selbst? Wir verlieren Wettbewerbsfähigkeit“, so Klacska. Nächstes Jahr werde gewählt, danach brauche es eigentlich fünf Jahre ohne neue Gesetzgebung und stattdessen die Reparatur der bisherigen. Auch die hohen Energiekosten seien hausgemacht – „durch Sanktionen, die uns selbst am meisten treffen und wo wir Energie obendrein auch noch besteuern“. Die wichtigste Frage sei daher, wo Österreich billige erneuerbare Energie herbekomme und wie sie ins Land gebracht werden kann. Dazu brauche es technologische Lösungen und Transportwege. „Stichwort Inflation: In den vergangenen zehn Jahren hatten wir Reallohngewinne – daher ist es jetzt an der Zeit, die Gesamtkostenbelastung beherrschbar zu halten“, so Klacska zu den laufenden Lohnverhandlungen, die wieder auf einen normalen und fruchtbaren Boden kommen müssten. Abschließend plädierte Klacska für ein rechtzeitiges Rüsten gegen den Arbeitskräftemangel: „Der Druck ist derzeit etwas weg, kommt aber in voller Härte wieder, wenn der Aufschwung wiederkommt. Wir brauchen Zuwanderung, wir brauchen dabei v.a. aber gute, leistungsbereite, qualifizierte und integrationswillige Leute, damit wir für den Aufschwung gerüstet sind, sobald er kommt.“ (PWK435/RA)

 

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