Der Nationalrat hat grünes Licht für einen neuen Fördertopf für Qualitätsjournalismus gegeben. Die Abgeordneten stimmten in der heutigen Sitzung mit breiter Mehrheit einem entsprechenden Gesetzesvorschlag der Koalitionsparteien zu, der rund 18,5 Mio. € Zusatzförderung für den Print- und Online-Bereich bringt. Es handelt sich dabei um den dritten Teil des von der Regierung bereits im Frühjahr vorgestellten Medienpakets, zu dem auch die Neuausrichtung der "Wiener Zeitung" und mehr Transparenz bei Regierungsinseraten gehörten. Nachdem die EU vor Kurzem grünes Licht gegeben hat, konnte nun auch die neue Qualitätsförderung für Print- und Online-Medien auf Schiene gesetzt werden.
Berücksichtigt bei der Abstimmung wurde auch ein gemeinsamer Abänderungsantrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS, der mehr Fördermittel für den Presserat bringt. Das Selbstkontrollorgan soll demnach künftig eine jährliche Unterstützung von 230.000 € – statt wie ursprünglich vorgesehen von 187.500 € – erhalten, damit steigt auch die Gesamtfördersumme geringfügig. Außerdem wird das verspätete Inkrafttreten der Novelle – ursprünglich war der 1. Juli 2023 geplant – bei den im Gesetz verankerten Fristen und Terminen berücksichtigt, wobei sich nichts daran ändert, dass die neue Förderschiene bereits heuer wirksam werden soll.
Anders als noch im Ausschuss stimmten auch SPÖ und NEOS dem Gesetzesvorhaben zu. Es sei der SPÖ ein besonderes Anliegen gewesen, die Förderung für den Presserat zu erhöhen, begründete SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar diese Entscheidung. Auch sonst geht das Gesetz ihrer nach Meinung in die richtige Richtung, wiewohl sie nicht alle Schwächen beseitigt sieht. Auch NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter ortet noch erhebliche Mängel. Abgelehnt wurde das Gesetz von der FPÖ: Sie hatte bei den Ausschussberatungen die Befürchtung geäußert, dass die Abhängigkeit der Medien von der Regierung durch die neue Förderschiene weiter steigen werde und von einem "Husch-Pfusch-Gesetz" gesprochen.
Förderung orientiert sich an Zahl der hauptberuflich tätigen Journalist:innen
Dotiert ist der neue Fördertopf mit jährlich 20 Mio. €, wobei etwas mehr als 1,5 Mio. € von der Presseförderung umgeschichtet werden. Die Mittel sollen nicht nur Printmedien, sondern auch reinen Online-Medien zugutekommen, sofern diese bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu gehören mindestens 150.000 Unique-User pro Monat, ein breites inhaltliches Informationsspektrum und die Beschäftigung von mindestens drei hauptberuflich tätigen Journalist:innen. Tageszeitungen müssen mindestens sechs Journalist:innen beschäftigen, Wochenzeitungen und Magazine mindestens zwei, um anspruchsberechtigt zu sein. Grundsätzlich nicht förderwürdig werden Parteimedien und Nachrichtenagenturen sein.
Die Höhe der Grundförderung hängt von der Zahl der angestellten Journalist:innen ab. Dazu kommen Bonuszahlungen für Redaktionsstatuten, Fehlermanagementsysteme zur Richtigstellung von Falschmeldungen, Qualitätssicherungssysteme – etwa zur Gewährleistung von Quellentransparenz – und für Frauenförderpläne. Auch regionale und internationale Berichterstattung wird belohnt, wenn sie ein bestimmtes Ausmaß überschreitet. "Demokratiefeindliche" Medien – also etwa solche, die in der Vergangenheit wiederholt zu Hass oder Gewalt gegen eine Gruppe aufgestachelt haben oder wegen Verhetzung verurteilt worden sind – sind von Förderungen ausdrücklich ausgeschlossen.
Wie schon bisher werden außerdem die Aus- und Weiterbildung von Journalist:innen, Initiativen zur Vermittlung von Medienkompetenz, Selbstkontrolleinrichtungen wie der Presserat, Presseclubs und Forschungsprojekte im Medienbereich gefördert. Die Vergabe der Fördermittel wird der KommAustria obliegen, zu ihrer Beratung wird ein Fachbeirat eingerichtet.
Koalition will Medienstandort stärken
"Gut Ding braucht Weile", kommentierte ÖVP-Mediensprecher Kurt Egger den etwas länger dauernden Gesetzgebungsprozess. Es sei seiner Fraktion stets ein großes Anliegen gewesen, den Medienstandort zu stärken und Anreize für qualitativ hochwertigen Journalismus zu schaffen, betonte er. Die ÖVP wisse genau, in welch schwieriger Situation die Medienunternehmer seien. Vorrangig geht es Egger zufolge beim vorliegenden Gesetz darum, journalistische Arbeitsplätze abzusichern, und zwar sowohl im Print- als auch im Online-Bereich. Wem dies kein Anliegen sei, sehe man deutlich, meinte er mit Hinweis auf schütter besetzte Sitzreihen im FPÖ-Sektor und den Verzicht auf Wortmeldungen seitens der FPÖ zu diesem Tagesordnungspunkt.
Von einem "Meilenstein" im Bereich der Presseförderung sprach Eva Blimlinger (Grüne). Man gehe weg davon, gedrucktes Papier zu fördern, und unterstütze stattdessen journalistische Arbeitsplätze. Auch das "Add-on-Modell" hält Blimlinger für richtig: Dieses sei ein Ansporn für Redaktionsstatuten, Frauenförderpläne und Fehlermanagementsysteme. Ausdrücklich hob Blimlinger außerdem erweiterte Förder-Ausschlussgründe – etwa im Fall von Hetze oder Demokratiefeindlichkeit – hervor.
SPÖ und NEOS sehen nicht alle Kritikpunkte ausgeräumt
SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar begründete die Zustimmung ihrer Fraktion zum Gesetz damit, dass dieses in die richtige Richtung gehe. Man gehe weg vom "Gießkannenprinzip", die Höhe der Förderung richte sich nicht mehr nach der Menge des gedruckten Papiers. Zudem sei ihrer Fraktion eine höhere Förderung für den Presserat ein besonderes Anliegen gewesen. Den Grundstein für das Gesetz hat nach Meinung Duzdars bereits der seinerzeitige SPÖ-Minister Thomas Drozda gelegt.
Ganz zufrieden ist Duzdar mit dem Gesetz allerdings nicht. Die SPÖ halte es für einen Fehler, dass nur textbasierte Medien gefördert würden, sagte sie. Schließlich gebe es auch hochqualitativen Audio- und Video-Journalismus. Außerdem hätte sie sich die Anerkennung des Presserats als Förderkriterium und eine genauere Definition eines "hauptberuflich tätigen Journalisten" gewünscht. SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried kritisierte überdies den Bestellmodus für den Fachbeirat und dass Medien, die nach dem Verbotsgesetz verurteilt wurden, nur für ein Jahr von Förderungen ausgeschlossen würden. Insgesamt sprach aber auch er von einem "nicht unwichtigen Schritt in Richtung mehr Qualitätsjournalismus".
NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter wies darauf hin, dass das Vertrauen in klassische Medien stark im Abnehmen begriffen sei. So würden viele Menschen bezweifeln, dass Medien unabhängig berichten. Auch werde kritisiert, dass Vielfalt nicht abgebildet werde.
Schuld an diesem zunehmenden Misstrauen haben Brandstötters Meinung nach auch FPÖ und ÖVP. Die FPÖ, weil sie klassische Medien bewusst diskreditiere, die ÖVP weil sie diese "unterjochen" wolle. In diesem Sinn bedauerte die Abgeordnete, dass Qualität an sich kein "Marker" für den Erhalt von Förderungen nach dem vorliegenden Gesetz sein werde, sondern nur ein optionales Kriterium. Eigentlich sollten Redaktionsstatuten und andere Qualitätskriterien Voraussetzung für eine Förderung sein, bekräftigte sie.
Raab: Presseförderung wird versechsfacht
Medienministerin Susanne Raab verwies auf die schwierige Lage der österreichischen Medienhäuser. Grund dafür seien unter anderem das Abfließen von Werbegeldern an Online-Riesen ins Ausland und der Rückgang beim Verkauf von Printexemplaren. Es sei aber wichtig, dass die Bevölkerung auf qualitätsvolle Medien zurückgreifen könne, unterstrich sie. In diesem Sinn begrüßte Raab, dass es gelungen sei, die Notifikation der EU für das vorliegende Gesetz zu erhalten. Laut Raab wird die Presseförderung nunmehr nahezu versechsfacht, bezieht man auch die neue Digitalförderung mit ein. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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