„Es ist notwendig, Stück für Stück Licht ins Dunkel zu bringen und dafür zu sorgen, dass Recht und Gerechtigkeit gegenüber Unrecht und unhaltbaren Zuständen die Oberhand behalten. Das erwartet sich die Bevölkerung und dazu fühlen wir Freiheitliche uns verpflichtet. Deshalb habe ich mich auch zu Beginn des heutigen Plenartags zu Wort gemeldet, um eine Sonderpräsidiale des Nationalrats zu erwirken. Dabei habe ich den Versuch unternommen, auf verantwortwortungsbewusste Kräfte in der ÖVP einzuwirken, dass sie Wolfgang Sobotka dazu bringen, das Amt des Nationalratspräsidenten zurückzulegen, um statt ihm eine untadelige Person als Kandidat für das zweithöchste Amt unseres Staates vorzuschlagen“, erklärte FPÖ-Bundesparteiobmann Klubobmann NAbg. Herbert Kickl heute in seiner gemeinsamen Medienstellungnahme mit FPÖ-Generalsekretär NAbg. Christian Hafenecker und brachte dabei seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die „besonnenen Vertreter der ÖVP“ zur Einsicht kämen, dass die Ausübung des zweithöchsten Amtes der Republik „schlichtweg nicht mit den schwerwiegenden Vorwürfen, die gegen Sobotka erhoben werden, zusammengeht.“
„Überparteilichkeit steht ganz oben im Anforderungsprofil für den Nationalratspräsidenten – und diese passt überhaupt nicht zusammen mit dem brutalen Machtmissbrauch, der jetzt im Raum steht. Meine Hoffnung war und ist, dass die besonnenen Kräfte in der ÖVP das erkennen und genauso auch ihren eigenen Verhaltenskodex, den sie sich nach einer schweren moralischen Krise selbst gegebenen haben und der nach wie vor gültig ist, zur Anwendung bringen“, so Kickl. Diese „besonnenen Kräfte“, die unter den unhaltbaren Zuständen leiden und „nicht mit Wolfgang Sobotka zum ‚Inner Circle‘ des Machtmissbrauchs in der ÖVP“ gehören würden, gebe es auch im ÖVP-Parlamentsklub. „Von jenen, die gemeinsam mit Sobotka dieses System betrieben haben und möglicherweise noch immer betreiben, rede ich hier nicht, da habe ich keine Erwartungshaltung mehr. Dementsprechend sind auch die Reaktionen der ÖVP-Parteispitze ausgefallen, sowohl von Generalsekretär Stocker als auch von ÖVP-Chef Bundeskanzler Nehammer, der sich zu hundert Prozent hinter Sobotka gestellt und nicht einmal ansatzweise Bereitschaft gezeigt hat, darüber nachzudenken, ob Sobotka der richtige Mann am richtigen Ort ist“, führte der FPÖ-Obmann weiter aus und rief jenen Teil des Tonbandmitschnitts in Erinnerung, in welchem Pilnacek meinte, dass die damalige ÖVP-Justizministerin Probleme im Parteivorstand bekommen und schließlich ihr Ministeramt verloren habe, weil sie ihn nicht dazu bringen habe können, im Telekom-Verfahren zu intervenieren. Deshalb sei auch, so Kickl, davon auszugehen, dass „Sobotka als Sprachrohr des ÖVP-Parteivorstandes“ agiert habe.
Die aktuelle Situation beschrieb der freiheitliche Bundesparteiobmann als „dramatisch für die Volkspartei“, bezeichnete sie aber auch als „Chance, um endlich einen Befreiungsschlag vom ‚Sobotka-Spuk‘ zu setzen. Nutze die Partei diese Chance nicht, würden sich ihre Vertreter in ihrer Gesamtheit bis hin zu den Gemeinden in die „Geiselhaft Sobotkas“ begeben und dann die volle Verantwortung für den drohenden Totalabsturz der ÖVP tragen. „Dramatisch ist diese Situation aber vor allem aus demokratiepolitischer Sicht. Denn die im Raum stehenden Vorwürfe gegen Sobotka besagen ja nichts anderes, als dass der zweithöchste Repräsentant des Staates im Verdacht steht, die Institutionen eben dieses Staates missbraucht zu haben, um der ÖVP Vorteile zu verschaffen. Im strafrechtlichen Jargon würde man das als Anstiftung zum Amtsmissbrauch benennen“, sagte Kickl und fasste zusammen, dass die Vorwürfe gegen Sobotka für die ÖVP bedeuten würden, dass sie „einen tiefen Staat in den Schlüsselressorts der Republik“ aufgebaut habe, wo „für alle anderen Staatsbürger geltende Gesetze nicht gelten, sondern man es sich innerhalb der ‚Familie ÖVP‘ richtet, wie man es gerade braucht.“
Angesichts dessen, wie Wolfgang Sobotka als Innenminister laut Tonbandmitschnitt versucht habe, ins Justizressort hineinzuwirken, würde man sich gar nicht vorstellen wollen, „wie er dann im eigenen Innenressort gewirkt und im Interesse der Machtpolitik der ÖVP entsprechende Einflussnahmen“ getätigt hätte. Daher sei es der ÖVP 2019 auch so wichtig gewesen, das Innenministerium wieder unter ihre Kontrolle zu bringen: „Diese Achse ‚Inneres und Justiz‘ ist daher unglaublich gefährlich. Weil sie nämlich bedeutet, dass man sich da drinnen ganz sicher und unangreifbar fühlt. Und das ist wahrscheinlich das, was die ÖVP über viele Jahre und Jahrzehnte gelebt hat – zum Nachteil der Demokratie und der politischen Kultur in diesem Land. Die die Vorwürfe wiegen sehr schwer und das vor allem deshalb, weil sie nicht von irgendeiner anonymen Person erhoben wurden, sondern von Christian Pilnacek, einem ganz zentralen Player.“ In ihrer „absurden Verteidigungsstrategie“ versuche die ÖVP sogar, einen Verstorbenen zu instrumentalisieren, um sich selbst reinzuwaschen.
Aus leidvollen historischen Erfahrungen heraus sei die Abwahl eines Nationalratspräsidenten nicht möglich. „Das sollte ein Schutzmechanismus für die Demokratie und für das Parlament sein. Jetzt stehen wir aber vor der tragischen Situation, dass genau dieser Schutz, der ursprünglich intendiert war, einer Person zugutekommt, die dem Parlament und damit der Demokratie einen ganz enormen Schaden zufügt. Die Verfasser unserer Verfassung haben wohl niemals gedacht, dass einmal jemand mit den Charaktereigenschaften eines Wolfgang Sobotka und damit ein Repräsentant einer Partei mit der Machtgier der ÖVP in dieses Amt kommt“, betonte Kickl.
Es brauche als „Notwehrmaßnahme“ daher einen „Cordon sanitaire“ gegen Sobotka, zu dem Kickl die die Klubobleute der anderen Parlamentsparteien einlud: „ Ich lade die Klubobleute der SPÖ, der NEOS und der Grünen ein, mit mir gemeinsam zum Bundespräsidenten zu gehen. Ich lade Sie dazu ein, dass wir gemeinsam zeitnahe versuchen, einen Gesprächstermin zu erwirken, um ihm unsere Sicht der Dinge auch persönlich darzustellen und Dramatik der Situation zu schildern. Wir Freiheitliche kämpfen für Sauberkeit an der Spitze des Nationalrats. Bei der Präsidiale heute am Abend erwarte ich mir angesichts der massiven Vorwürfe eigentlich nur eines: Die Vorlage eines konkreten Plans zum Rückzug von Wolfgang Sobotka.“
FPÖ-Generalsekretär NAbg. Christian Hafenecker bezeichnete die Verteidigungsstrategie der ÖVP als „falsch“, Pilnacek habe nämlich der ÖVP in den beiden Untersuchungsausschüssen „keinesfalls die Absolution“ ausgesprochen. „Denn bei Sachverhalten, die in diesem Tonbandmitschnitt erwähnt werden, Stichwort Telekom, kann es sein, dass diese weder in den Untersuchungszeitraum noch in den Untersuchungsgegenstand gefallen sind und Fragen dazu somit gar nicht zugelassen waren. Deswegen können sie auch kein Thema gewesen sein“, so Hafenecker.
Schaue man sich die Protokolle der beiden Untersuchungsausschüsse genauer an, zeige sich eine „selektive Zitation“ von ÖVP-Generalsekretär Stocker. „Stocker fragte Herrn Pilnacek nämlich nur nach Interventionen der aktuellen Justizministerin Zadic und hat damit ausgeschaltet, dass irgendein ÖVP-Minister in die Ziehung kommen könnte. Daher gab es dazu auch keine Antwort“, brachte der freiheitliche Generalsekretär ein konkretes Beispiel und setzte ein weiteres nach: „Ich selbst habe ihn bezüglich einer Intervention des ehemaligen ÖVP-LH Schützenhöfer betreffend gefragt, bei der er sich mit Verweis auf seine Privatsphäre entschlagen hat. Diese Möglichkeit konnte er nutzen und auch der Verfahrensrichter hat die Frage daher nicht zugelassen.“
In beiden Untersuchungsausschüssen, in denen Hafenecker auch freiheitlicher Fraktionsobmann war, sei es die Hauptstrategie der ÖVP gewesen, Befragungen mit willkürlichen Geschäftsordnungsdebatten zu zerstören. „In einer einzigen Befragung gab es sogar einmal 86 von der ÖVP ausgelöste GO-Debatten. Wenn Stocker daher auf die 133 Seiten der Protokolle verweist, welche die ÖVP angeblich entlasten würden, so ist das eine ‚Blendgranate der Sonderklasse‘. Denn zum Großteil bestehen diese Protokolle aus den Befragungstexten der Abgeordneten und den Geschäftsordnungsmeldungen der ÖVP dazu. Das bekommt man auf diesen Seiten zu lesen. Im Wesentlichen hat Pilnacek sich nämlich meistens entschlagen und gar keine Antworten gegeben“, so Hafenecker, der auch auf die zwölf Telefonanrufe Sobotkas bei Pilnacek zwei Tage vor der behördlichen Sicherstellung von Unterlagen im Finanzministerium verwies: „Auch diese Frage musste im Untersuchungsausschuss nicht beantwortet werden, weil man meinte, dass es sich dabei um ein privates Gespräch gehandelt habe. Das sind Mosaiksteine, die zeigen, dass es sehr wohl einen Zusammenhang mit der Sicherstellung gegeben haben könnte.“
Mittlerweile zeige sich über Jahre hinweg immer dasselbe Muster der ÖVP bei ihrer Verteidigungsstrategie: „Die ÖVP hält sich immer so lange hinter dem Berg versteckt, bis sie den Deckel nicht mehr draufhalten kann. Das war 2019 bei den vermeintlich geleakten Mails und der Schredder-Affäre der Fall, das war bei der Razzia in der ÖVP-Parteizentrale 2021 der Fall, die von der damaligen ÖVP-Generalsekretärin Schwarz schon vorher bei einer Pressekonferenz quasi antizipiert wurde, und es war auch 2022 bei der ‚Cobra-libre-Affäre‘ so. Nie bekennt sich die ÖVP zu Fehltritten, immer sind andere mysteriöse Umstände schuld. Bemerkenswert ist rund um den aktuellen Mitschnitt aber auch, dass ÖVP-Generalsekretär Stocker jetzt plötzlich die Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen so betont, die seine Partei in Person von Wolfgang Sobotka erst vor kurzem noch abschaffen wollte“, analysierte NAbg. Christian Hafenecker und bekräftigte die Notwendigkeit des Rücktritts von Wolfgang Sobotka, um die „Dauerbelastung des Hohen Hauses und der Republik“ endlich zu beenden.
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