Kinder haben Rechte: Das Recht auf Sprache bleibt oft ignoriert

„Die UN-Kinderrechtskonvention formuliert zwar die Grundwerte im Umgang mit Kindern über alle sozialen, kulturellen, ethnischen oder religiösen Unterschiede hinweg, aber sie sind zu allgemein. Eine Sprachminderheit wie jene der gehörlosen Kinder geht hier unter“, erklärt Mag.a Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes. „6 der 10 Artikel unserer Deklaration widmen sich ausschließlich den Rechten auf ihre Muttersprache, die jeweilige nationale Gebärdensprache.“

Gebärdensprachen sind zwar formal häufig anerkannt, in der Praxis aber weitgehend unterdrückt, übergangen oder zur ‚Behindertensprache‘ herabgewürdigt. „Ein Beispiel ist die Entwicklung eines Lehrplans für die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS): ÖGS soll in die Sonderschule verbannt werden, anstatt als vollwertige Unterrichtssprache anerkannt einen Beitrag zur Inklusion zu leisten, tauben Kindern eine faire Chance auf eine freie Berufswahl zu ermöglichen oder ihre Identität in der Gehörlosenkultur zu finden“, bedauert Jarmer.

Ursprünglich vom französischen Gehörlosenverband entwickelt, übernahm der Weltverband der Gehörlosen die Deklaration als international gültige Forderung nach Rechten auf Gebärdensprache, auf Bildung, auf sprachliche Identität und auf Gehörlosenkultur. Anlässlich des 20. November, dem Internationalen Tag der Kinderrechte, appellieren die nationalen Gehörlosenverbände an ihre Regierungen, diese Rechte entsprechend zu verankern.  

Declaration on the Rights of Deaf Children – WFD (wfdeaf.org)

Artikel 1: Alle gehörlosen Kinder sind wie alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

Artikel 2: Alle gehörlosen Kinder haben das Recht auf eine Gebärdensprache. Die nationalen Gebärdensprachen sind die einzigen Sprachen, die gehörlosen Kinder von Geburt an uneingeschränkt zugänglich sind.

Artikel 3: Das Recht gehörloser Kinder auf ihre nationalen Gebärdensprachen darf nicht eingeschränkt werden.

Artikel 4: Allen Eltern, Bezugspersonen und Familienmitgliedern gehörloser Kinder muss kostenloser Unterricht in deren nationalen Gebärdensprachen gewährt werden.

Artikel 5: Alle gehörlosen Kinder haben das Recht auf eine hochwertige, inklusive, mehrsprachige Bildung in ihren nationalen Gebärdensprachen und in den nationalen Schriftsprachen.

Artikel 6: Alle gehörlosen Kinder haben das Recht, die sprachliche Identität und Kultur der Gehörlosengemeinschaft zu erlernen.

Artikel 7: Alle gehörlosen Kinder haben das Recht auf Schutz vor sprachlicher Deprivation. Wenn nicht alle gehörlosen Kinder Zugang zu den nationalen Gebärdensprachen haben, stellt dies eine Diskriminierung dar.

Artikel 8: Alle gehörlosen Kinder haben ein Recht auf Vorbilder, die die nationale Gebärdensprache fließend beherrschen, einschließlich Lehrkräfte im Bildungswesen.

Artikel 9: Alle gehörlosen Kinder haben das Recht, ihre Meinung zu allen sie berührenden Angelegenheiten frei zu äußern.

Artikel 10: Alle oben genannten Erklärungen müssen sofort und ohne Verzögerung für alle gehörlosen Kinder umgesetzt werden.

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