Der Nationalfonds der Republik Österreich begrüßt den Beschluss der österreichischen Bundesregierung, allen lebenden Opfern des Nationalsozialismus aus Österreich weitere Unterstützung zukommen zu lassen. Damit bekräftigt Österreich seine besondere Verantwortung gegenüber den Verfolgten des NS-Regimes. Der Beschluss der Bundesregierung geht auf Initiative der Claims Conference zurück und ist Ergebnis gemeinsamer Verhandlungen zwischen der Claims Conference und der österreichischen Bundesregierung.
Außerordentliche Gestezahlung
Der Beschluss der österreichischen Bundesregierung vom 20. September 2023 sieht eine einmalige außerordentliche Gestezahlung in der Höhe von rund 5.000 Euro an alle lebenden Opfer des Nationalsozialismus aus Österreich nach den Kriterien des Nationalfonds vor. Nach Schätzungen kann von rund 3.500 bis 4.000 anspruchsberechtigten Personen in über 50 Ländern weltweit ausgegangen werden.
NS-Opfer, die bereits vom Nationalfonds anerkannt wurden und eine Gestezahlung erhalten haben, brauchen keinen weiteren Antrag zu stellen. Zur Auszahlung der außerordentlichen Gestezahlung sind dem Nationalfonds eine aktuelle Lebensbestätigung, Kontaktdaten und eine Bankverbindung zu übermitteln. Den anspruchsberechtigten Personen wurde kürzlich ein Informationsschreiben sowie ein Formular für die erforderlichen Daten übermittelt. Die postalisch übermittelten Unterlagen können auch online auf der Website des Nationalfonds abgerufen werden: https://www.nationalfonds.org/gestezahlung
Zudem werden das Außenministerium und die österreichischen Vertretungsbehörden die berechtigten Personen vor Ort unterstützen, etwa durch eine gebührenbefreite Beglaubigung der Lebensbestätigung. Der Nationalfonds wird mit den Auszahlungen heuer bei den ältesten Geburtsjahrgängen der NS-Opfer beginnen und sie 2024 fortsetzen. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und seiner bisherigen Leistungen für NS-Opfer wird der Nationalfonds eine rasche und effiziente Auszahlung dieser Mittel an die Holocaust-Überlebenden gewährleisten.
Weitere Leistungen bei sozialer Bedürftigkeit
Der Beschluss der Bundesregierung sieht zudem vor, dass Holocaust-Überlebende aus Österreich bei sozialer Bedürftigkeit weiterhin jährlich eine Individualzahlung beim Nationalfonds beantragen können. Diese Individualzahlungen stehen sozial bedürftigen NS-Opfern nach den Kriterien des Nationalfonds wie bisher auch ab 2024 zur Verfügung. Der Nationalfonds wird diese Personengruppe aktiv kontaktieren.
Hilfsfonds und Bildungsprojekte
Darüber hinaus werden die Mittel des beim österreichischen Sozialministerium eingerichteten Hilfsfonds, eines Nothilfeprogramms für Holocaust-Überlebende, aufgestockt, und die Unterstützung von Bildungsprojekten zur Aufklärung über den Holocaust wird verstärkt.
Zusätzliche Unterstützung für Holocaust-Überlebende aus Österreich in Israel
Das Kuratorium des Nationalfonds hat zudem in seiner Sitzung am 12. Oktober 2023 einstimmig eine Soforthilfe an Holocaust-Überlebende aus Österreich in Israel in Höhe von 150.000 Euro beschlossen. Damit wird das Zentralkomitee der österreichischen Juden in Israel unterstützt, das aktuell etwa 400 Verfolgte des NS-Regimes aus Österreich betreut und für sozial Bedürftige finanzielle Hilfeleistungen bietet.
Der Vorsitzende des Kuratoriums des Nationalfonds, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, betonte, dass die schrecklichen Ereignisse des Terrorangriffs in Israel bei den Opfern des Nationalsozialismus das Grauen der Shoah wieder präsent werden ließen. Es sei wichtig, rasch Hilfe zu leisten und die österreichischen Holocaust-Überlebenden vor Ort zu unterstützen.
In der gegenwärtigen Situation geht es vor allem um psychosoziale Betreuung sowie Unterstützung durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und auch darum, Kontakt zu halten. Das Zentralkomitee hilft den NS-Überlebenden darüber hinaus auch im Alltag, etwa durch Essens- und Medikamentenlieferungen.
Dem Kuratorium des Nationalfonds gehören die Präsidenten des Nationalrats, Mitglieder der Bundesregierung und aller im Parlament vertretenden Parteien sowie Vertreterinnen und Vertreter von NS-Opferorganisationen an.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka: „Als Vorsitzender des Kuratoriums des Nationalfonds ist es mir ein besonderes Anliegen, dass die Überlebenden des Nationalsozialismus aus Österreich unterstützt werden. Österreich ist sich seiner Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus sehr bewusst. In seiner langjährigen Tätigkeit hat der Nationalfonds bisher über 30.000 Überlebende aus Österreich in mehr als 50 Ländern weltweit unterstützt. Im Mittelpunkt der Arbeit des Nationalfonds stehen die Opfer – Menschen, die aus den verschiedensten Gründen während des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Diese weitere Unterstützung ist ein wichtiger Schritt. Er zeigt, dass wir uns als Gesellschaft dazu verpflichtet haben, das dunkelste Kapitel unserer Vergangenheit niemals zu vergessen.
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Bundesministerin für EU und Verfassung Karoline Edtstadler: „Österreich hat eine besondere Verantwortung für die Verbrechen des NS-Terrors, an denen sich viele Österreicherinnen und Österreicher beteiligt haben. Mit der außerordentlichen Zahlung setzt die österreichische Bundesregierung eine weitere wichtige Geste, mit der wir österreichische überlebende Opfer des NS-Terrors in ihrem Alltag unterstützen. Wir können die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht ungeschehen machen, aber wir werden alles tun, um jenen zu helfen, die Opfer des unmenschlichen Hasses der Nationalsozialisten geworden sind. Das gebietet der Anstand, das gebietet das Gewissen und unsere historische Verantwortung. Der brutale Terrorangriff der Hamas auf Israel hat die Sicherheitsfrage der Jüdinnen und Juden wieder schmerzhaft in den Mittelpunkt gerückt. Für uns ist klar: Die Sicherheit Israels und des jüdischen Volkes ist für uns nicht verhandelbar!
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Bundesminister für Finanzen Magnus Brunner: „Österreich steht nicht nur zu seiner historischen Verantwortung, sondern handelt auch danach. Die beschlossene Gestezahlung an NS-Opfer und Holocaust-Überlebende unterstreicht diese Verantwortung.
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Die Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah Lessing: „Nach langen Bemühungen freut es mich, dass die österreichische Bundesregierung gegenüber allen Opfern des Nationalsozialismus noch einmal eine Geste der Anerkennung setzt. Angesichts des Alters der Betroffenen, die oft in prekären Lebensumständen leben, ist diese Hilfe besonders wertvoll.
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Executive Vice-President der Claims Conference Greg Schneider: „Nach einer langen Phase der Verhandlungen freuen wir uns, dass wir gemeinsam mit der österreichischen Regierung nun diesen Meilenstein erreicht haben. Die in verschiedenen Teilen der Welt lebenden österreichischen Holocaust-Überlebenden haben diese Anerkennung verdient. Während die Claims Conference bisher österreichische jüdische Überlebende mit dringend benötigter Hilfe für häusliche Pflege und anderen Sozialleistungen unterstützt hat, werden diese zusätzlichen Zahlungen der österreichischen Regierung, auch wenn sie nur symbolisch sind, für einige der schwächsten Mitglieder dieser schwindenden Bevölkerungsgruppe eine große Hilfe sein.
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Botschafter Stuart E. Eizenstat, Sonder-Verhandler der Claims Conference, der schon unter der Clinton-Administration als stellvertretender Finanzminister und Sonderberater des Präsidenten und des Außenministers in Holocaust-Fragen Verhandlungen geführt hatte, die im Januar 2001 in das Washingtoner Abkommen mit der österreichischen Regierung mündeten: „Die Bedeutung dieser hart erkämpften, symbolischen Zahlung für österreichisch-jüdische Holocaust-Überlebende kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Abgesehen von dem Geld, das den Empfängern zweifellos nützlich sein wird, zeugt diese Leistung von einem Maß an Verantwortlichkeit und Anerkennung seitens der österreichischen Regierung. Diese älteren Holocaust-Überlebenden, von denen heute ein Drittel in Armut lebt, haben in ihrer Jugend schwer gelitten. Dieses Zeichen der Verantwortung erkennt ihr Leid an und erleichtert hoffentlich ein wenig ihre Last in diesem letzten Kapitel ihres Lebens.
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