BAK-Vizepräsident Erwin Zangerl: „Lohnnebenkostensenkung sicher nicht auf dem Rücken der Beschäftigten!“

„Die Lohnnebenkosten müssen gesenkt werden“ – diese Forderung seitens einiger Industrie- und Wirtschaftsvertreter kommt regelmäßig, wie das Amen im Gebet. Vor allem dann, wenn die jährlichen Gehaltsverhandlungen anstehen, beginnend mit den Metallern. Gerade diese Lohnverhandlungen bergen einiges an Sprengstoff, liegt das Angebot der Arbeitgeber doch weit von jenem der Arbeitnehmervertreter entfernt – die unfairen Angebote ziehen sich jetzt bei den Lohnverhandlungen im Handel fort. „Rechtzeitig zu den Lohnverhandlungen kommt die Industriellenvereinigung mit einer Umfrage, die zeigen soll, dass der Wirtschaftsstandort Österreich fast am Ende ist. Und nach eineinhalb Jahren Teuerung kommt die IV mit dem Ruf, dass die Politik die Wirtschaft ankurbeln soll. Wo war die Industrie, als es um die Politik der Energiekonzerne ging, die zu den Haupttreibern der Teuerung zählen? Wo waren die Umfragen, dass die Politik umgehend in den Strommarkt eingreifen und die Inflation senken soll?“, fragt BAK-Vizepräsident und AK Tirol Präsident Erwin Zangerl und kritisiert die Panikmache der IV. Jetzt solle wieder bei jenen gespart werden, die das Land am Laufen halten – den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die man mit hoher Inflation und Reallohnverlust im Regen stehen lassen will. „Und neben den Almosen, die angeboten werden, sollen weitere Leistungskürzungen in Form der Senkung der Lohnnebenkosten kommen. Das werden wir nicht akzeptieren“, so Zangerl.

Neben den Almosen, die angeboten werden, sollen weitere Leistungskürzungen in Form der Senkung der Lohnnebenkosten kommen. Das werden wir nicht akzeptieren.“

Der Ruf nach einer Senkung der Lohnnebenkosten kommt schon reflexartig und diese gilt scheinbar als Allheilmittel, wenn es darum geht, den Wirtschaftsstandort zu sichern. Nur wenige sprechen aber offen aus, dass eine Senkung der Lohnnebenkosten fatale Folgen hätte. Warum die Folgen so fatal wären, ist schnell erklärt: Die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung für Arbeiter und Angestellte (= Lohnnebenkosten im engeren Sinn) beinhalten die Krankenversicherung (3,78 %), die Unfallversicherung (1,20 %), die Pensionsversicherung (12,55 %), die Arbeitslosenversicherung (3 %), den Wohnbauförderungsbeitrag (0,5 %), den Zuschlag zum Insolvenz-Entgelt-Fonds (0,2 %), den Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (3,9 %) und die Kommunalsteuer (3 %). Zu den Lohnnebenkosten im weiteren Sinn zählen auch Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Entgeltfortzahlungen bei Krankenstand, Arztbesuchen, Urlaub etc., gesetzliche Abfertigung und Zuschläge (z. B. bei Überstunden) und Zulagen. 

Betrachtet man diese Fakten, wird schnell klar: Eine Senkung der Lohnnebenkosten gefährdet die Absicherung im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Invalidität und Alter ebenso wie die Familienbeihilfe. Weihnachts- und Urlaubsgeld werden weniger, ebenso die Abfertigungen, das Krankengeld und die Pension. Der ohnehin durch Teuerung immer kleiner werdende finanzielle Spielraum der Arbeitnehmer:innen würde sich weiter verkleinern. Spüren würden eine derartige „Senkung“ mit voller Wucht die Beschäftigten und der Sozialstaat, denn beiden würde ein großer Teil der finanziellen Grundlage entzogen.

„Wenn diese Entwicklung so weitergeht, werden wir noch zahlen müssen, damit wir arbeiten dürfen.“

„Die Industrie- und Wirtschaftsvertreter sollen sich endlich hinstellen und den Beschäftigten sagen, was sie von ihren Beiträgen nicht mehr zahlen wollen. Denn das kommt zu den lachhaften Angeboten, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemacht werden, noch hinzu. Dass die Politik beim Thema Inflation völlig versagt hat, ist nicht die Schuld der Millionen arbeitenden Menschen, die sich Tag für Tag für dieses Land einsetzen. Sie jetzt mit Almosen abzuspeisen und ihnen noch die Sozialleistungen zu kürzen, ist unanständig. Diese unfairen Angebote gefährden in Wirklichkeit den Wirtschaftsstandort und nicht die berechtigten Lohnforderungen der Beschäftigten“, kritisiert Tirols AK Präsident. 

Gleichzeitig sollen staatliche Leistungen oder das Abschaffen der Kalten Progression bei den Lohnverhandlungen eingerechnet werden. „Der Druck auf die Beschäftigten wird immer mehr erhöht. Die Kalte Progression war nichts anderes als ein Lohnraub und soll nun quasi Teil des Lohnes sein, staatliche Leistungen werden gegengerechnet und es soll immer länger gearbeitet werden bis in die Pension. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, werden wir noch zahlen müssen, damit wir arbeiten dürfen“, sagt Zangerl.

„Wenn Österreich seine Wirtschaftspolitik weiterhin zu Lasten der Beschäftigten ausrichtet, dann gehen hier wirklich die Lichter aus, dann sparen wir uns zumindest die horrenden Energiekosten.“ 

Prinzipiell laufe in Österreich beim Krisenmanagement einiges schief. „Man hat während Corona Industrie und Wirtschaft mit Milliarden geholfen, Geld, das aus dem Steuertopf kommt, der zu 80 Prozent von den Beschäftigten gespeist wird. Jetzt sollen es wieder die Beschäftigten richten und auf das verzichten, was ihnen zusteht. Wenn Österreich seine Wirtschaftspolitik weiterhin zu Lasten der Beschäftigten ausrichtet, dann gehen hier wirklich die Lichter aus, dann sparen wir uns zumindest die horrenden Energiekosten“, kritisiert Tirols AK Präsident.

 

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