EU-Mercosur-Abkommen: EU-Chefverhandler Rupert Schlegelmilch optimistisch für Einigung

Seit dem Jahr 2000 dauern die Verhandlungen um ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und dem aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay bestehenden Wirtschaftsbündnis Mercosur an. Vor allem ökologische und soziale Bedenken hatten den Prozess bisher verzögert. Im September 2019 stimmte der EU-Unterausschuss des Österreichischen Nationalrats gegen das EU-Mercosur-Abkommen und verpflichtete die Regierung damit, sich auch auf EU-Ebene dagegen zu positionieren.

Der EU-Chefverhandler für das Abkommen, Rupert Schlegelmilch, fand sich heute zur Aussprache mit Nationalratsabgeordneten, insbesondere aus dem EU-Unterausschuss, im Hohen Haus ein. Martin Engelberg, Carmen Jeitler-Cincelli, Maria Theresia Niss, Rudolf Taschner (alle ÖVP) sowie Christoph Matznetter (SPÖ), Peter Schmiedlechner (FPÖ) und Clemens Stammler (Grüne) tauschten sich mit Schlegelmilch über den Stand der Verhandlungen mit dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis aus.

Schlegelmilch sieht Einigung auf gutem Weg

Das EU-Mercosur-Abkommen sei auch in Brüssel nicht unumstritten, leitete Rupert Schlegelmilch seinen Lagebericht von den Verhandlungen ein. Es würden nun jedoch noch einige aus seiner Sicht kleinere, aber bedeutsame Änderungen vorgenommen, die zu einer besseren Bewertung des Abkommens führen könnten. Man wisse "wo der Schuh drückt", so Schlegelmilch. Außerdem habe sich seit 2019 einiges geändert, wie er mit Hinblick auf eine gewandelte geopolitische Lage, die Pandemie aber auch verschärfte klimatische Bedingungen anmerkte. Insbesondere dem wachsenden Einfluss Chinas auf den Weltmärkten, sollte mit einer verstärkten Kooperation zwischen der EU und den demokratischen Mercosur-Staaten begegnet werden. Auch die südamerikanischen Staaten sähen die Abhängigkeit von China kritisch, weshalb die Tür der Verhandlungen "nicht zugeschlagen" werden dürfe, erklärte Schlegelmilch. Die wirtschaftlichen Vorteile des Abkommens lägen auf der Hand. Nun sei man auch hinsichtlich einer Einigung bei den Arbeits- und Umweltstandards "auf einem guten Weg".

Abgeordnete äußern umwelt- und sozialpolitische Bedenken

ÖVP-Mandatar Martin Engelberg bewertete die Ablehnung des Abkommens durch den EU-Unterausschuss im Jahr 2019 als "nicht ganz so vernünftig", sie sei jedoch zu respektieren. Auch er attestierte vier Jahre später gewandelte weltpolitische Verhältnisse und plädierte für eine Versachlichung der Debatte. Speziell hinsichtlich der landwirtschaftlichen Implikationen des Abkommens – ein "hoch emotional besetztes" Thema. Engelbergs Fraktionskollegin Maria Theresia Niss interessierte sich für den am vergangenen Freitag eingegangen Antwortbrief der Mercosur-Staaten auf die Vorschläge der EU und die aktuelle Stimmungslage innerhalb Europas gegenüber dem Abkommen.

In ihrer Stellungnahme pochten die Mercosur-Staaten auf mehr Freiheiten in verschiedenen Politik-Bereichen, berichtete Schlegelmilch. So wollten sie gewährleisten, etwa im Gesundheitsbereich besser auf Krisen reagieren zu können. Sanktionen bei Verstößen gegen Umwelt-Standards und den Auswirkungen des Lieferkettengesetzes stünden sie ablehnend gegenüber. Es müsse laut Schlegelmilch nun geklärt werden, inwieweit das Abkommen abgeändert werden müsse. Innerhalb Europas gebe es neben Österreich auch kritische Stimmen aus Frankreich und aus Holland. Auf Rudolf Taschners (ÖVP) Frage, wie eine "Win-Win-Situation" hergestellt werden könne, verwies Schlegelmilch auf die ökonomischen Chancen für beide Seiten des Abkommens.

Christoph Matznetter (SPÖ) wollte wissen inwiefern Stakeholder aus der Landwirtschaft in den Verhandlungsprozess eingebunden worden seien und wie verhindert werden könne, dass durch das Abkommen eine EU-feindliche Stimmung unter den Landwirten "angeheizt" werde. Vertreter:innen der Agrarwirtschaft seien eingebunden, jedoch nicht überzeugt worden, konstatierte Schlegelmilch. Man habe es von Seiten der EU nicht geschafft, die Chancen, die sich insbesondere für den Export ergeben würden, aufzuzeigen. Hier gelte es, Antworten zu liefern, um der Landwirtschaft mehr Sicherheit auf einem vergrößerten Markt zu geben.

Das EU-Mercosur-Abkommen sei "aus der Zeit gefallen", meinte Clemens Stammler (Grüne), da es den europäischen Bemühungen um eine klimafreundlichere Politik zuwiderlaufe. Zudem seien die sozialen Auswirkungen auf die Bevölkerung in den Mercosur-Staaten und auf den ländlichen Raum Europas zu bedenken. Peter Schmiedlechner (FPÖ) äußerte die klare Ablehnung seiner Fraktion gegenüber dem Abkommen, das nicht nur umweltpolitisch einen "Irrsinn" darstelle. Die EU verdränge die Produktion in den eigenen Ländern, um dann Produkte aus Südamerika importieren zu müssen.

Nicht alle Umweltstandards würden in Südamerika schlechter eingehalten, als in der EU, warf Schlegelmilch ein. So würden in der Landwirtschaft der Mercosur-Staaten weniger Pestizide verwendet und auch der CO2-Fußabdruck falle bei einigen Produkten besser aus, als wenn diese in der EU produziert würden. Alles in den eigenen Ländern herzustellen sei eine "schöne Idee", lasse sich in einer globalisierten Welt jedoch nicht realisieren, so Schlegelmilch. (Schluss) wit


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