Zweiter von drei Wettbewerbstagen bei der Berufs-Europameisterschaft in Danzig: Der steirische Möbeltischler Jürgen Perhofer zimmert am Medaillen-Plan, die Kärntner Restaurantfachfrau Bettina Veratschnig will abräumen, Koch Marco Panhölzl serviert Topleistungen und René Krumphuber biegt motiviert ins Finale ab.
Die nordpolnische Hafenstadt Danzig (470.000 Einwohner) präsentiert sich derzeit von ihrer sommerlichen Seite: Im angrenzenden Touristen-Hotspot Sopot, der gemeinsam mit den Nachbarstädten Gdynia und Danzig den sogenannten Ballungsraum Dreistadt bildet, tummeln sich die Touristen bei über 30 Grad am Sandstrand. In der Altstadt Danzigs werden in den vielen Bars und Restaurants Cocktails geschlürft.
Weniger entspannt ist die Situation – zumindest noch bis morgen – am Gelände der „AmberExpo“: In der Zeltstadt rund um das Danziger Konferenzzentrum (insgesamt 180.000 Quadratmeter Areal) gastieren die achten Berufseuropameisterschaften, die ersten in Polen. 600 „Young Professionals“ (Fachkräfte unter 25 Jahre) aus 32 Nationen rittern bei den Berufseuropameisterschaften EuroSkills um Gold, Silber und Bronze. Österreich stellt das größte Team: 44 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hobeln, schmieden, verfliesen und installieren mit ihren Kontrahenten um die Wette.
Zwtl.: „Absolute Präzision und passgenaue Verbindungen“
Unter ihnen ist der Steirer Jürgen Perhofer: Der Möbeltischler von der Tischlerei Markus Zottler arbeitet in den insgesamt 18 Wettbewerbsstunden (sechs pro Tag) an einem hochpräzisen Holzschrank mit Laden. An Wettkampftag eins hat der Birkfelder die Komponenten des Fußgestells konstruiert und gebaut. Im Anschluss wurden die Einzelteile verleimt.
„Bis jetzt sind keine gröberen Probleme aufgetreten. Da ich mich im Training durchaus auf noch viel schwierigere Bauteile eingestellt habe, konnte ich die Aufgabenstellung bis jetzt sehr gut meistern. Fehler konnte ich bis dato noch nicht feststellen. Ein bissal verspür ich schon jetzt Glücksgefühle“, zieht der steirische EM-Starter Zwischenbilanz. Ein Fehler könnte allerdings alles ändern – das weiß auch Perhofer.
Worauf es ankommt? „Absolute Präzision und passgenaue Verbindungen. Es kommt stark auch auf die Optik an – alles muss extrem sauber geschliffen sein“, sagt Perhofer. Als Werkstoff kommt Eiche zum Einsatz, das Furnierbild ist aus Nuss, die Griffe aus Ahorn. Am zweiten Wettkampftag hat sich Perhofer der Deckplatte gewidmet: „Ich bin gut drauf und konnte auch die Nervosität sehr schnell ablegen.“ Seine schärfste Konkurrenz dürfte aus England, Frankreich und Belgien kommen, schätzt Perhofers Trainer, Leo Moser: „Wir haben mit einem derartigen Projekt gerechnet, daher hatten wir gleich zu Beginn des Vorhabens den Vorteil, dass wir nicht überrascht wurden. Da der Zeitdruck hoch ist und es auf jede Sekunde ankommt, ist das ein großer Vorteil“, sagt der Coach.
- Foto: Möbeltischler Jürgen Perhofer matcht sich mit Kontrahenten u. a. aus England, Frankreich und Belgien (Foto hier) Credit: Skills Austria/Florian Wieser
Zwtl.: Topleistungen herausschütteln
Trotz strenger zeitlicher Vorgaben die Ruhe bewahren: Das gelang am ersten Tag auch Bettina Veratschnig. Die Keutschacher Restaurantfachfrau bereite am Premierentag Obstteller und Avocado-Shrimps-Cocktail zu. Außerdem wurden Servietten gefaltet – und Gewürze errochen sowie natürlich Gäste bedient. „Ja, ich war am ersten Tag sehr aufgeregt, gleichzeitig habe ich aber auch versucht, die Stimmung aufzusaugen – und ich muss schon sagen, es war echt schön. Ich würd sogar sagen, es war eine echte Gaudee – vor allem mit den internationalen Mitstreitern“, erklärt die Kärntner EM-Starterin. Entscheidend für den Wettbwerb: „Neben den technischen Vorgaben ist aus meiner Sicht die Kommunikation mit den Gästen entscheidend. Dass man smalltalkt, ein bisschen etwas erklärt – und irgendwo eine Wellenlänge findet. Der Gast muss spüren, dass man mit Leidenschaft dabei ist“, sagt die 22-Jährige, die heute und morgen nochmals Topleistungen herausschütteln muss – etwa beim Cocktails shaken, Flambieren und der Königsdisziplin, dem „Fine Dining“-Modul. „Hier muss ich zwei Tische – einmal mit zwei Personen und einmal mit drei Personen – bedienen. Ihre Speisen direkt am Tisch tranchieren bzw. filetieren“, so der „Young Professional“.
- Foto: Die Keutschacher Restaurantfachfrau Bettina Veratschnig bereitete am Premierentag Obstteller und Avocado-Shrimps-Cocktail zu (hier) Credit: Skills Austria/Florian Wieser
Zwtl.: „Pipifeine“ Performance
Jede Menge Feingefühl muss auch der oberösterreichische Spengler René Krumphuber an den Tag legen: Der Pettenbacher muss an drei Wettkampftagen ein Fassadeneckmodell inklusive Flachdach planen und realisieren – die Front des Gebäudes inklusive Fenster steht bereits nach dem ersten Tag. „Es ist relativ gut gegangen. Ich bin gut zusammengekommen. Am Anfang habe ich einen kleinen Fehler gemacht, den ich noch nie zuvor in meinem Leben gemacht habe. Da musste ich selbst kurz lachen, weil ich mir gedacht hab: Das kann’s jetzt echt nicht sein. Aber Gott sei Dank konnte ich noch alles ausbessern.“ Heute wird die Fassade eingedeckt. Dabei laut Krumphuber entscheidend: „Es muss alles pipifein sein. Keine Kratzer, absolute Genauigkeit und extrem rasches Arbeiten – ohne dabei ungeduldig zu werden.“
- Foto: Der Pettenbacher René Krumphuber muss an drei Wettkampftagen ein Fassadeneckmodell inklusive Flachdach planen und realisieren (hier) Credit: Skills Austria/Florian Wieser
Zwtl.: Tischlereitechniker hat’s „gefuchst“
Guter Dinge ist auch Johannes Sommer: Der Tischlereitechniker aus dem steirischen Grafendorf werkt momentan an einem hochpräzisen Fensterrahmen, der aus verschiedenen Bögen und Verbindungen besteht. 12 von 18 Stunden hat die Jungfachkraft bereits absolviert. Sein Zwischenresümee: „Zwischendurch hat es mich schon ein bisschen gefuchst, aber grundsätzlich sind wir auf Kurs.“ Von den Tausenden Zuschauern lässt sich Sommer nicht vom Goldtraum abbringen: „Beim Wettbewerb muss man das ausblenden, fokussiert und konzentriert bleiben. Das Drumherum konnte ich zum Glück, so gut es geht, ausblenden.“
- Foto: Johannes Sommer, Tischlereitechniker aus dem steirischen Grafendorf, werkt momentan an einem hochpräzisen Fensterrahmen (hier) Credit: Skills Austria/Florian Wieser
Zwtl.: Oberösterreichischer Koch kredenzt Neuinterpretationen
Letzteres gilt auch für Marco Panhölzl: Der Oberösterreicher räumt allerdings auch ein, dass der erste Tag „nicht nur nach Wunsch verlaufen ist. Am Anfang musste ich mich erst an das ungewohnte Umfeld gewöhnen“, sagt der EM-Starter. Am Speiseplan standen Fischsuppe und eine Neuinterpretation einer Tortilla. Nun, an Tag zwei, soll es auch dank Unterstützung der extra angereisten Familie besser bei der Zubereitung von einer neuen Version das Filet-Klassikers Wellington und einem Dessert aus Sellerie, schwarzem Pfeffer und Minze laufen. Der Gusto auf Gold ist trotz anfänglicher Unsicherheiten ungebrochen: „Natürlich will ich nochmals meine bestmögliche Leistung abrufen.“ Panhölzl bleibt dafür auch noch der morgige Finaltag: Dabei werden er und seine 43 rot-weiß-roten Teamkolleginnen und -kollegen noch einmal bis zur letzten Sekunden Topleistungen abrufen.
- Foto: Koch Marco Panhölzl Hat eine neue Version das Filet-Klassikers Wellington und ein Dessert aus Sellerie und Minze am Speiseplan (hier) Credit: Skills Austria/Florian Wieser
Zwtl.: Alle Fotos von EuroSkills 2023
Weitere Bilder – auch von den weiteren Teilnehmern – finden Sie auf dem Flickr-Kanal (hier klicken). (Credit: Skills Austria/Florian Wieser)
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