Schwerwiegende Kritik an BMBWF und Polaschek: „Hochschulrecht der guten wissenschaftlichen Praxis ist in Österreich ein totaler Murks“

Immer mehr österreichische RechtswissenschaftlerInnen kritisieren in Fachzeitschriften inkonsistente bis unsinnige Bestimmungen zur Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis in den österreichischen Hochschulgesetzen.

Muzak, Uni Wien: "Musterbeispiel schlechter Legistik"

Zuletzt hat Gerhard Muzak, Universität Wien, entdeckt, dass es drei Strafbestimmungen zu Titelmissbrauch in Österreich gibt, und zwar im Universitätsgesetz (UG), im Fachhochschulgesetz (FHG) und im Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz (HS-QSG). Die Formulierungen sind fast dieselben, nur der Strafrahmen unterscheidet sich: Zweimal bis zu 15.000,– Euro, einmal bis zu 25.000,– Euro. Muzak spricht von einem "Musterbeispiel schlechter Legistik".

"Plagiatsjäger": "Legisten kennen eigene Gesetze nicht"

Die Kritik Muzaks wird vom "Plagiatsjäger" und Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber in seinem Blog unterstützt. Weber hat nun sogar herausgefunden, dass im Kapitel "Strafbestimmungen und Verlust" des Standardwerks "Titel in Österreich" – verfasst von zwei Juristen des BMBWF – die Strafbestimmung aus dem Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz, jene mit dem höchsten Strafrahmen, fehlt. "Die Legisten des Wissenschaftsministeriums kennen definitiv ihre eigenen Gesetze nicht", klagt Weber.

"UG-Murks": "Elementare Regeln der Logik missachtet"

Schon vorher hat Weber nicht nur § 116 UG (Titelmissbrauch) kritisiert. Er hat schon 2022 bemängelt, dass die Vergehen "Plagiat" und "Vortäuschen" im Universitätsgesetz undurchdacht behandelt werden: In § 19 Abs. 2a UG ist von "Plagiaten oder anderem Vortäuschen" die Rede. § 73 Abs. 1 Z 2 kennt dann aber ein Erschleichen durch "ein Plagiat gemäß § 51 Abs. 2 Z 31 oder durch Vortäuschen […] gemäß § 51 Abs. 2 Z 32". "Das ist dann fälschlich wie Mord oder Kapitalverbrechen, und eben nicht wie Mord oder andere Kapitalverbrechen", zeigt Weber die Inkonsistenz im Gesetz auf.

Auch Vorsatz wird in § 19 Abs. 2a UG falsch definiert, nämlich so, als gäbe es auch ein nicht-vorsätzliches Vortäuschen. Ein Studierender kann aber nicht unabsichtlich etwas vortäuschen.

Weber redet in seinem Blog daher beharrlich von einem "UG-Murks". Man habe sich keine Gedanken über eine konsistente Begrifflichkeit gemacht, elementare Regeln der Logik seien missachtet worden.

"Rätselsatz" auch von Linzer Juristen kritisiert

Ein weiterer "Rätselsatz" im Universitätsgesetz ist der 2021 neu geschaffene § 116 Abs. 3. Er lautet: "Unberechtigt ist die Führung insbesondere dann, wenn der akademische Grad oder die gleiche oder ähnliche Bezeichnung nicht auf Grund entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen oder wissenschaftlicher oder künstlerischer Leistungen, sondern aufgrund eines Plagiates erlangt wurde."

Weber dazu: "Was soll das heißen? Wie können Studien- und Prüfungsleistungen (Mehrzahl) aufgrund eines Plagiats (Einzahl) erlangt worden sein? Und warum ist deshalb das Führen des Titels unberechtigt? Das wäre doch nur dann der Fall, wenn etwa wegen eines ex post entdeckten Plagiats der Titel nach § 89 UG entzogen worden wäre."

Neuhofer/Witzeneder, Uni Linz: "Völlige Abirrung"

Zwei Rechtswissenschaftlerinnen der Universität Linz haben ihre Kritik am § 116 schon 2022 publiziert: "Fraglich ist, wenn für eine Strafbarkeit nach § 116 UG auf einen rechtskräftigen Widerrufsbescheid nach § 89 UG abgestellt wird, wofür die weitere Präzision der Strafbestimmung in § 116 Abs 2 und 3 UG angeführt ist." Sie sprechen von einer "völlige[n] Abirrung".

Forderung nach neuem "GWP-Sicherungsgesetz"

Das BMBWF hat im Jahr 2022 versprochen, die Kritik ernst zu nehmen und hat eine Novelle in Aussicht gestellt. Passiert ist nichts. "Bisher hieß es: Corona, die Ukraine, die Teuerung. Im Moment könnte man aber wieder aktiv gestalten, oder nicht?", fragt der "Plagiatsjäger" Stefan Weber. Er fordert nun ein "GWP-Sicherungsgesetz" (Gute-wissenschaftliche-Praxis-Sicherungsgesetz), bemerkt aber auch frustriert: "Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass das Ministerium unter Minister Polaschek offenbar dysfunktional tickt: Je deutlicher die Kritik wird und je mehr Personen sie äußern, desto mehr sagt man sich: Jetzt machen wir erst recht nichts."

Hinweis: Diese Aussendung erfolgt aus dem Konto der Detektei HELIOS, Wien, deren Inhaber Ing. Peter Pokorny u.a. auch Research Associate bei Stefan Weber ist und der die vorliegende Kritik teilt. Rückfragen bitte direkt an Stefan Weber.

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