Die aktuelle Gebahrungsvorschaurechnung der ÖGK zeigt ganz eindeutig, dass die Schere zwischen Finanzierung und Bedarf an Gesundheitsleistungen der Bevölkerung immer weiter auseinandergeht. Das mit 350 Mio. Euro prognostizierte Defizit der ÖGK für 2023 wird das vierte negative Jahresergebnis in Folge sein.++++
Insgesamt hat die ÖGK seit ihrem Start im Jahr 2020 bereits 730 Mio. Euro an Verlusten (inkl. Prognose 2023) eingefahren. Die Rücklagen, die die Gebietskrankenkassen im Jahr 2019 in die ÖGK eingebracht haben, schmolzen in dieser Zeit von 1,4 Mrd. auf nunmehr 700 Mio. Euro (inkl. Prognose 2023). Das heißt, dass die vorgeschriebene Leistungssicherungsrücklage in der Höhe von einem Zwölftel der Leistungsausgaben (17 Mrd. Euro 2022) das zweite Jahr in Folge nicht mehr dotiert werden kann. Von den verbleibenden 700 Mio. Euro ist die Hälfte allerdings nicht liquides Anlagevermögen.
Die Hauptgründe dafür sind:
– Unterfinanzierung der ÖGK schon vom Start weg. Durch den Abzug von Mitteln aus der Unfallversicherung, die höhere Finanzierung des Privatkrankenanstaltenfinanzierungsfonds (PRIKRAF) und die deutliche Reduzierung von Steuerrückerstattungen durch den Staat fehlen der ÖGK in den ersten 5 Jahren über 700 Mio. Euro.
– Durch die Personalsituation in den Spitälern explodieren die Fallzahlen in der niedergelassenen Versorgung. Alleine im 1. Quartal 2023 sind die Frequenzen je nach Bundesland um 8 bis 10 % angestiegen. 2022 betrug der Anstieg 4 Prozentpunkte.
– Die Kosten für Medikamente (insbesondere die sehr teuren Medikamente) steigen auch heuer wieder stärker als die Beitragseinnahmensteigerung.
„Das alles führt dazu, dass die soziale Krankenversicherung deutlich unterfinanziert ist, notwendige Leistungen nicht voll finanzieren kann und sich daher die Menschen bereits 23 Prozent der Gesundheitsausgaben zusätzlich aus der eigenen Tasche finanzieren müssen, was für viele Menschen nicht mehr machbar ist. Das soziale solidarische Gesundheitssystem kommt somit auf Grund dieser Finanzierungsschräglage deutlich ins Wanken. Zieht man diese Privatzahlungen nämlich von den gesamten Gesundheitsausgaben in Österreich ab, liegen wir im internationalen Vergleich gar nicht mehr im Spitzenfeld bei den Gesundheitsausgaben, wie immer kolportiert wird“, bekräftigt ÖGK-Obmann Andreas Huss.
Zwtl.: Neue Leistungen notwendig
„Wir brauchen dringend neue Leistungen und eine ausreichende Finanzierung, um unser soziales und solidarisches Gesundheitssystem am Leben zu erhalten“, formuliert Huss die wesentlichen Forderungen:
– Ausbau der niedergelassenen Versorgung durch 500 zusätzliche Kassenstellen, vorrangig in Primärversorgungszentren und Facharztambulanzen,
– ein einheitlicher moderner Leistungskatalog, der auch bisherige Spitalsleistungen in die niedergelassene Versorgung aufnimmt und für einen österreichweit einheitlichen Versorgungsauftrag in der niedergelassenen Versorgung sorgt,
– der Ausbau der psychosozialen Versorgung mit mindestens 35 psychosozialen Versorgungszentren, in denen Ärz:innen, Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen und Sozialarbeiter:innen multidisziplinär zusammenarbeiten,
– ein Impfprogramm mit allen im nationalen Impfplan empfohlenen Impfungen als niederschwellige Präventionsleistung für alle Menschen,
– kostenlose, moderne Zahnversorgung.
Diese und weitere nötige Leistungen sind ohne eine bessere finanzielle Ausstattung der sozialen Krankenversicherung nicht möglich.
Dazu müsste an mehreren Stellen angesetzt werden. Zum einen erhält die ÖGK für ihre Pensionist:innen wesentlich weniger Krankenversicherungsbeiträge vom Staat als etwa die Beamtenversicherung oder die Selbstständigenversicherung (vor allem für Bäuer:innen). Jeder Pensionist sollte dem Staat gleich viel wert sein, daher sollten die sogenannten „Hebesätze“ für alle Versicherten auf ein einheitliches Niveau gehoben werden. Das ist umso mehr nötig, als die Menschen immer älter werden und dadurch die Finanzierung der Versorgung gerade für Pensionist:innen immer herausfordernder wird. Alleine durch diesen Unterschied fehlen der ÖGK jährlich rund 200 Mio. Euro.
Der Entzug von jährlich rund 130 Mio. Euro (AUVA, PRIKRAF und GSBG wie oben ausgeführt) durch das SV-OG im Jahre 2018 ist zurückzunehmen.
„Zusätzlich muss auch der Staat im Zuge des Finanzausgleichs in die Tasche greifen, um die für alle Menschen dringend nötige solidarische Gesundheitsversorgung zu verbessern und zu stabilisieren. Die derzeit kolportierten Finanzmittel, die im Rahmen des FAG zur Verfügung stehen sollen, werden jedenfalls nicht ausreichen, um die vorher genannten Ziele umfassend zu erreichen. Wir hoffen, dass das Verständnis der Bundesregierung für diese dringend nötige Stabilisierung noch in diesem Sommer reift“, so Huss abschließend.
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