Seit dem erfolgreichen Start der Plattform crowdsourcing.wien im vergangenen Sommer wurden bereits mehr als 5.800 Briefe der Jahre 1914–1934 aus den Beständen der Wienbibliothek im Rathaus mithilfe interessierter Freiwilliger transkribiert und gemeinsam erschlossen. Laufend wird diese Plattform um neu digitalisierte Dokumente erweitert, die zur Erfassung zur Verfügung stehen. Mit einem neuen Projekt zu Theaterzetteln, Plakate und Handzettel die zur Bewerbung der Aufführung dienten, kann nun die Wiener Bühnenlandschaft der 1930er-Jahre, ihre Spielpläne und ihre Protagonist:innen entdeckt werden.
»Jetzt beginnt ein besonders spannender Teil des Crowdsourcing-Projekts: Interessierte können die digital zur Verfügung gestellten Theaterzettel erfassen und prüfen. So werden historische Spielpläne, Besetzungszettel oder Programmhefte von den über 300 Wiener Spielstätten zu durchsuchbaren Ressourcen der Forschung. Einblicke in die Wiener Theaterwelt der 1930er-Jahre werden so mit dem Wissen der Vielen auf innovative Art ermöglicht und ein faszinierender Teil der Wiener Stadtgeschichte wird neu erschlossen. Die Wienbibliothek im Rathaus setzt damit einen wichtigen Schritt in Sachen Zugänglichkeit und Teilhabe«, meint Veronica Kaup-Hasler, Stadträtin für Kultur und Wissenschaft.
250.000 Theaterzettel im Tiefspeicher unter dem Rathaus
Die Wienbibliothek im Rathaus lädt ab sofort auf der digitalen Plattform crowdsourcing.wien dazu ein, im Rahmen eines neuen Projekts in die vielfältige Theaterwelt Wiens der 1930er-Jahre einzutauchen. Im dreigeschoßigen Tiefspeicher unter dem Rathaus werden rund 250.000 Theaterzettel und Programmhefte von über 300 Wiener Spielstätten bewahrt, die von 1720 bis in die Gegenwart reichen. Neben dem Theatermuseum fasst die Wienbibliothek im Rathaus damit den umfangreichsten Bestand zur Wiener Theaterlandschaft.
War die Sammlung der Wienbibliothek im Rathaus bislang größtenteils nur nach Theatern geordnet und die Theaterzettel und Programmhefte nicht einzeln erfasst, werden die Konvolute nun schrittweise der Öffentlichkeit digital und kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Die Theaterzettel aus den 1930er-Jahren ermöglichen Einblicke in eine zunächst international vielbeachtete und lebendige Wiener Theaterwelt, die durch antiliberale und antidemokratische Tendenzen mit einer zunehmenden Einschränkung des kreativen Spielraums konfrontiert war.
Bühnen boten leichte Unterhaltung als Flucht vor dem Alltag
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen boten die Wiener Bühnen in vielen Fällen aber auch leichte Unterhaltung, um aus einer von Belastungen wie Arbeitslosigkeit, Inflation und autoritären Eingriffen geprägten Gegenwart in den hellen Schein einer verklärten Vergangenheit zu flüchten. Die untergegangene Monarchie feierte vor allem als Operette ihre Auferstehung, wie »Sissy« mit einem Libretto der Brüder Ernst und Hubert Marischka und der Musik von Fritz Kreisler erfolgreich bewies.
Die Theaterzettel geben aber nicht nur Informationen über Titel, Autor:in, Komponist:in, Besetzungsliste, Aufführungszeit oder zum Teil auch Ausstattung wieder, sondern lassen erkennen, welche Themen, Stücke und Genres erfolgreich reüssieren konnten und welche Darsteller:innen wie oft auf welchen Bühnen zu erleben waren. Aufschlussreiche Besonderheiten sind weiters Vermerke zu Gastspielen, Benefizveranstaltungen, Kartenpreisen oder Verkaufsstellen. So können relevante Rückschlüsse auf wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Rahmenbedingungen der Zeit gezogen werden.
Wienbibliothek-Direktorin Eichinger: Theaterzettel als wichtige Quelle historischer Forschung
In einem ersten Schritt stehen Dokumente von 18 Wiener Theatern digital zur Verfügung. Nach der Registrierung auf crowdsourcing.wien können die Theaterzettel dort erfasst und diese Inhalte wiederum von anderen engagierten Freiwilligen geprüft werden. Die erfassten Informationen verwandeln so die gedruckten Theaterzettel in durchsuchbare Ressourcen, machen sie für alle auffindbar und bewahren den unschätzbaren Wert für künftige Generationen.
»Der umfangreiche Bestand an Theaterzetteln, den die Wienbibliothek im Rathaus nun im Sinne der Demokratisierung von Wissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, zeigt, wie reichhaltig die Wiener Theaterszene an Orten, Themen und Protagonist:innen immer schon war«, zeigt sich Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger überzeugt. »Durch unser neues Crowdsourcing-Projekt gilt es daher auch einige Spielstätten zu entdecken, die aus politischen oder ökonomischen Gründen aus dem Stadtbild verschwunden sind, was den unschätzbaren Wert von Theaterzetteln als stadtgeschichtliche Quelle für die historische Forschung nur unterstreicht.«
Theaterzettel auf crowdsourcing.wien:
https://wienbibliothek.crowdsourcing.wien/theaterzettel/
Pressefotos:
http://presse.wien.gv.at
Fotocredits:
- Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler und Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger im Archiv des Tiefspeichers der Wienbibliothek im Rathaus, wo rund 250.000 Theaterzettel und Programmhefte von über 300 Wiener Spielstätten bewahrt werden
© Wienbibliothek im Rathaus - Theaterzettel »Sissy« – Theater an der Wien, 1932
Die Operette »Sissy« mit einem Libretto der Brüder Ernst und Hubert Marischka und der Musik von Fritz Kreisler zählte zu den erfolgreichsten Inszenierungen der Zwischenkriegszeit
© Wienbibliothek im Rathaus - Theaterzettel »Richard III.« – des Burgtheater, 1934
© Wienbibliothek im Rathaus
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