MED1stMR Training für komplexe Notfälle: Im Praxistest in ganz Europa

Ab Juli werden Einsatzkräfte in ganz Europa das neue Mixed Reality (MR)-Trainingssystem testen, das im EU Horizon 2020 Forschungsprojekt MED1stMR unter Leitung des AIT Center for Technology Experience entwickelt worden ist.

Der Prototyp des Mixed Reality Trainingssystems MED1stMR, das für medizinische Einsatzkräfte und Trainer:innen entwickelt wurde, ist fertig. Jetzt geht es im dritten Projektjahr des Projekts MED1stMR darum, das neue Trainingssystem in der Praxis mit Anwender:innen und Trainer:innen zu testen und zu evaluieren.

Komplexe Notfallsituationen als Herausforderung

Flugzeugabsturz, Bahnunglück, Busunfälle, Erdbeben, Terroranschläge oder Fußball-Stadien-Katastrophen – komplexe Notfallsituationen mit einer hohen Anzahl an Verletzten kommen vermehrt vor. In solchen Situationen müssen medizinische Ersthelfer:innen unter extremer Belastung medizinische Hilfe leisten, schnell Entscheidungen treffen, die über Leben und Tod entscheiden (Triage) und das Management und die Kommunikation vor Ort übernehmen. Die MED1stMR Lösung dient dazu, die Einsatzkräfte darauf bestmöglich vorzubereiten und komplexe Szenarien vorab zu trainieren. 

Innovatives Mixed Reality Training

Bei MED1stMR werden innovative Technologien kombiniert mit wohlbekanntem, medizinischen Notfall-Equipment aus der Praxis (wie etwa Beatmungsbeutel, Reanimationshilfe, Tourniquet) kombiniert. Mixed Reality (MR) bedeutet, dass virtuelle Szenarien mit  realen Objekten in Echtzeit miteinander verknüpft und genutzt werden. Die Einsatzkräfte trainieren mithilfe von VR Headsets komplexe Notfallszenarien. Nach bewährtem Muster kommen reale Trainingsmanikins zum Einsatz – bei MED1stMR sind das Hightech-Simulationspuppen, die im Projekt gemäß den Anforderungen der Trainer:innen entwickelt worden sind. Damit können unterschiedlichste Verletzungen sehr realitätsnah simuliert und trainiert werden.

„Das Projekt hat erstmals Forschungseinrichtungen, medizinische Einsatzorganisationen und technischen Unternehmenspartner:innen auf europäischer Ebene für die Entwicklung eines international einsetzbaren MR-Trainingssystems zusammengebracht. Das AIT bringt hier langjährige Expertise aus der User Experience- und Verhaltens-Forschung sowie aus dem Bereich XR (Extended Reality) mit ein. Im Projekt ist zudem die Messung von Biosignalen, die Stressmessung sowie ein KI-basiertes Szenariosteuerungstool inkludiert – insgesamt haben wir damit mit allen Partner:innen gemeinsam eine bahnbrechende und realitätsnahe Trainingsmöglichkeit geschaffen“, ist Projektleiter Helmut Schrom-Feiertag vom AIT Center of Technology Experience überzeugt.

MED1stMR verfolgt einen multidisziplinären, agilen und auf die Enduser:innen ausgerichteten Ansatz, der die Bedürfnisse von sieben verschiedenen internationalen medizinischen Einsatzorganisationen/Trainingscentern aus ganz Europa abdeckt: Neben den Johannitern aus Österreich und den Johannitern International (Belgien) sind noch SERMAS – SUMMA (Spanien), das Hellenic Rescue Team (Griechenland), das Universitätsklinikum Heidelberg (Deutschland), das Notfalls-Traningszentrum Campus Vesta (Belgien) sowie die Region Jämtland Härjedalen (Schweden) bei MED1stMR beteiligt. Insgesamt sind bei MED1stMR 18 Partner aus neun Ländern involviert.

Praxistests: Auftakt im Juli in Wien

Das letzte Drittel des Projekts konzentriert sich im zweiten Halbjahr 2023 bis Anfang 2024 auf insgesamt sechs Feldversuche, an denen rund 200 Notfallssanitäter:innen in ganz Europa teilnehmen werden. Start der Praxis-Testwochen ist Ende Juli im Trainingscenter der Johanniter in Wien. Die groß angelegten Szenario-Simulationstrainings (Orte und Termine siehe: www.med1stmr.eu/field-trials) liefern Erkenntnisse über die Eignung der Mixed-Reality-Trainingslösung. Zusätzlich werden Daten zur Validierung des wissenschaftlichen Modells und zur Weiterentwicklung gesammelt. Ein Team erfahrener Ausbildner:innen aus dem Projekt wird die lokalen Trainer:innen nach dem Prinzip "Train the Trainer" schulen, um das erworbene Wissen weiterzugeben und die Anwendung der bewährten Ausbildungsmethoden sicherzustellen. Vier Personen pro Gruppe werden je zwei unterschiedliche Massenunfall-Szenarien mit Hilfe der MED1stMR-Technologie trainieren. Alle Trainingsdaten werden erfasst und können in einem Dashboard übersichtlich Trainer:innen und Trainierenden angezeigt werden. Damit entstehen gänzlich neue Möglichkeiten für Training und Debriefing.

Ziele der Praxistests

  • Evaluierung der entwickelten Technologie unter realistischen Bedingungen
    (einwöchiges Training mit drei bis fünf Trainingsgruppen pro Tag)
  • Feedback von Endnutzer:innen über deren Erfahrungen und die Technologie-Akzeptanz als Input für die weitere Entwicklung (alle Teilnehmer:innen sind aktive Notfallsanitäter:innen bzw. in medizinischen Einsatzorganisationen in ihren Ländern tätig) 
  • Wissenschaftliche Studien (Stress, Leistung, kognitiver Zustand, Teamverhalten usw.)
  • Aufmerksamkeit zum Thema virtuelles Training in Mixed-Reality-Umgebung für medizinische Einsatzkräfte zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Resilienz bei Katastrophensituationen bei Entscheidungsträgern erlangen

Das Projekt aus Sicht der Einsatzkräfte

Das Besondere in diesem umfassenden Projekt ist, dass im Sinne der Co-Creation medizinische Einsatzorganisationen die Lösung entscheidend mitgestaltet haben. „Es ist großartig, von Anfang an bei der Entwicklung von MED1stMR mitgewirkt zu haben. Wir können mit dem MED1stMR Trainingssystem große, komplexe Notfallszenarien trainieren und uns optimal vorbereiten. Die größten Vorteile des Mixed Reality Trainings sind für uns Variation und Individualisierung, die Möglichkeit, jedes Training beliebig oft wiederholen zu können und natürlich auch die Analyse-Möglichkeit nach dem Training“, unterstreicht Daniela Weismeier-Sammer von Johanniter Research Austria. Sie blickt bereits in die Zukunft: „Wir sehen das Projekt MED1stMR als Startschuss, um künftig Einsatzkräfte mithilfe von neuen Technologien wie Mixed Reality und Extended Reality noch besser für medizinische Notfälle vorbereiten zu können. Auch die Kooperation mit anderen europäischen Notfall-Organisationen und den wissenschaftlichen und technischen Projektpartnern ist für uns sehr wertvoll.“

MED1stMR wurde mit Mitteln aus Horizon 2020 der Europäischen Union für Forschung und Innovation unter der Fördervereinbarung Nr. 101021775 finanziert. Das Projekt läuft bis Mai 2024.

  • Projektwebsite: www.med1stmr.eu
  • Projektpartner: https://www.med1stmr.eu/consortium
  • Video: https://www.youtube.com/watch?v=TlC_E2jtTz8

MED1stMR Praxis Training bei den Johannitern:

  • WANN: 24. bis 28. Juli 2023
  • WO: 1210 Wien, Josef-Brazdovics Straße 5, 1210 Wien
    Information und Anmeldung: https://www.med1stmr.eu/field-trials
  • Medientage am Mi, 26.7. und Do, 27.7.2023

Anmeldung für Medien/Presse-Vertreter: christine.wahlmueller-schiller@ait.ac.at

Weitere Informationen:

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