Steinacker: Nach fast 20 Jahren braucht es Evaluierung der Strafprozessordnung

„Die große Reform der Strafprozessordnung (StPO) wurde Anfang 2004 im Parlament beschlossen und ist 2008 in Kraft getreten – jetzt ist nach fast 20 Jahren die Zeit für eine Evaluierung gekommen", sagte heute, Montag, ÖVP-Justizsprecherin Abg. Michaela Steinacker in einem Statement anlässlich eines Symposions zur Strafprozessrechtsreform im Parlament. Führende Fach­vertreter/innen, darunter unter anderem Peter Lewisch, Professor am Institut für Strafrecht der Universität Wien, diskutierten dabei mit Repräsen­tanten der Politik – ausgehend vom recht­lichen Status Quo und den Grenzen einer inter­pretativen Rechts­entwicklung – die grund­sätzlichen Möglich­keiten einer sachgerechten StPO-Reform bis hin zu konkreten rechts­politischen Einzel­vorschlägen. „Im Strafprozessrecht geht es stets um einen Ausgleich zwischen staatlichen Schutz- und Rechts­durchsetzungs­aufgaben einerseits und dem Schutz von Persönlichkeits-­ und Beschuldigten­rechten andererseits“, unterstreicht Steinacker. 

Auch wenn die Reform ein großer Wurf bleibe, ortet Steinacker zahlreiche aktuelle Herausforderungen, vor allem im Hinblick auf die Grundrechte. Sie verweist dabei auf die rasante Digitalisierung der letzten Jahre, die teils überlange Verfahrensdauer im Ermittlungsverfahren und die praktische Konterkarierung der Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens.  

Digitalisierung bringt neue Herausforderungen

"Stellen Sie sich vor, wie Sie im Jahr 2004 kommuniziert haben und vergleichen Sie das damit, wie Sie es heute tun?" so die Mandatarin. Der Schutz von Büroräumen und Telefonaten sei anders und vor allem strenger ausgestaltet als bei Laptops oder Handys und den heutigen vielfältigen digitalen Kommunikationswegen, die mit diesen Geräten verbunden sind. „Die StPO sieht Handys, Laptops, Datensticks etc. als haptische Gegenstände und erlaubt deshalb eine leichte Sicherstellung, und zwar gegenüber jedem – nicht nur Beschuldigten. Es stehen also – dem Stand von 2004 entsprechend – die Gegenstände im Vordergrund und nicht – wie es dem Stand von heute entsprechen würde – die dort enthaltenen Daten. Von der Funktion her sind Handys bzw. Laptops mobile Büros und haben daher auch Anspruch auf denselben Schutz wie ‚analoge‘ Büroräume vor Durchsuchung, insbesondere durch gerichtliche Bewilligung“, unterstreicht Steinacker eine Problematik. Abgesehen davon sei auch nach der Sicherung der Datenträger die Auswertung der darauf gespeicherten Daten ein eigenes Problem. Nur ein kleiner Teil der ausgewerteten Daten ist strafrechtlich relevant, trotzdem bleibt in der Praxis alles im Akt. „Diese Aspekte des Verfahrens brauchen daher eine vollkommene Neugestaltung“, ist Steinacker überzeugt. Sie verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Rechtsanwaltskammer konkrete Vorschläge hinsichtlich der Abnahme von elektronischen Geräten ausgearbeitet habe. Auch der Verfassungsgerichtshof prüfe die aktuellen Regelungen zur Handyabnahme.  

Verfahrensbeschleunigung notwendig

Zur Frage der Verjährung bei überlangen Ermittlungsverfahren sei derzeit eine Prüfung beim VfGH anhängig; „bis zur Entscheidung kann aber an anderen Schrauben gedreht werden“, so Steinacker weiter.  

Ermittlungen dürfen für Beschuldigte keine Nachteile haben

Zur Nichtöffentlichkeit meint die Justizsprecherin: „Dass das Ermittlungsverfahren nicht öffentlich ist, gilt zwar nach dem Gesetz, aber in der Praxis nicht, insbesondere wenn der/die Beschuldigte in irgendeiner Weise bekannt ist. Sinn der Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens kann nur sein, dass die Ermittlungen selbst für den Beschuldigten keine nachteiligen Folgen haben. Das ist auch in der Praxis sicherzustellen. Klar ist, dass es hier um die Rechte von jeder und jedem geht, Politikern aller Couleurs wie Nicht-Politikern, denn alle können Gegenstand von Ermittlungen werden, niemand soll aber öffentlich vorgeführt und vorverurteilt werden“, schloss Steinacker.

(Schluss) 

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