Nachdem jüngst die Regierungsvorlage für ein "Energieeffizienz-Reformgesetz" im Nationalrat an der Zweidrittelhürde gescheitert war, haben ÖVP und Grüne nunmehr einen adaptierten Antrag vorgelegt, der mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der NEOS den Wirtschaftsausschuss passierte. Weite Teile des Gesetzesvorhabens sollen damit in das vormalige Bundes-Energieeffizienzgesetz übernommen werden. Die Materie steht bereits heute auf der Tagesordnung der Sondersitzung des Nationalrats. Nachdem darin etwa die entsprechenden Verpflichtungen für die Bundesländer entfallen sollen, benötigt die neue Vorlage keine Zweidrittelmehrheit mehr im Plenum. Die SPÖ blieb bei ihrer Kritik, dass es stärkere Maßnahmen gegen die Teuerung brauche, und bemängelte außerdem, dass in der Vorlage nach wie vor keine Verpflichtung für Energielieferanten dafür vorgesehen sei, einen Beitrag zu leisten.
Grünes Licht gaben ÖVP, Grüne, FPÖ und NEOS außerdem für den Strompreiskosten-Ausgleich für energieintensive Unternehmen. Mitbeschlossen wurde ein Abänderungsantrag der Koalitionsparteien, wonach neben Klarstellungen unter anderem der Zeitraum für die Einbringung der Ansuchen angepasst werden soll, und zwar ab Inkrafttreten der entsprechenden Förderungsrichtlinien bis spätestens 30. September 2023. Ein Entwurf der zu erlassenden Förderungsrichtlinien soll nach dem Inkrafttreten des SAG 2022 binnen vier Wochen der Europäischen Kommission zur Genehmigung vorgelegt werden. Auch diese Vorlage wird noch heute im Nationalrat debattiert.
Adaptiertes Energieeffizienzgesetz ohne Verpflichtung für Länder
Eine rasche Beschlussfassung zum Bundes-Energieeffizienzgesetz sei zur Umsetzung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie bzw. aufgrund eines von der Europäischen Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens alternativlos, heißt es in der Begründung des entsprechenden Koalitionsantrags (3426/A). Entfallen soll gegenüber dem jüngst abgelehnten Vorschlag etwa die Verpflichtung für die Bundesländer zu Energieeffizienzmaßnahmen. Enthalten sind für die Bundesländer stattdessen Richtwerte. Außerdem sollen die Handlungen von Bund und Ländern in einer Strategie im Zusammenhang mit dem "NEKP" (integrierter nationaler Energie- und Klimaplan für Österreich) zusammengefasst werden.
An Energiesparzielen soll etwa der Ansatz beibehalten werden, den Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2030 um 650 Petajoule zu reduzieren. Im abgelehnten Entwurf waren Bundesfördermittel von 190 Mio. € pro Jahr vorgesehenen, diesbezüglich verweist der neue Antrag auf das Umweltförderungsgesetz. Beibehalten werden sollen etwa auch die Beratungsstellen und die Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut sowie die Sanierungsquote für Bundesgebäude von 3 %.
Angenommen wurde der Antrag zusammen mit einem Abänderungsantrag der Koalitionsparteien, der allerdings nur redaktionelle Berichtigungen enthält.
Bundesminister Johannes Rauch sagte in Vertretung von Energieministerin Leonore Gewessler etwa zu Bedenken von Karin Doppelbauer (NEOS), dass der Verfassungsdienst die neue Vorlage sehr wohl geprüft und keine verfassungsrechtlichen Einwände erhoben habe. Als Aufgabe der Koordinierungsstelle für Energiearmut, die Walter Rauch (FPÖ) hinterfragte, sei vor allem die Koordinierung der vielzähligen Fördermittel definiert. Eine Auszahlung der Fördermittel durch diese Stelle sei nicht vorgesehen. Rauch wollte es außerdem hinsichtlich der geforderten Lieferantenverpflichtung "nicht so stehen lassen", dass man es sich auch sonst "mit den Großen nicht anlegt", denn das sei etwa beim Beispiel Wien Energie sehr wohl der Fall.
Jakob Schwarz (Grüne) wies darauf hin, dass von dieser Bundesregierung bereits über 1.000 Gesetze beschlossen worden seien. Man lasse sich keine "Untätigkeit" vorwerfen. Eine "Blockadehaltung" attestierte Lukas Hammer (Grüne) umgekehrt der SPÖ. Betreffend eine Lieferantenverpflichtung verwies er auf bereits gesetzte Maßnahmen, um Übergewinne abzuschöpfen. In der früheren Lieferantenverpflichtung seien "irgendwelche Maßnahmen" als Energieeffizienz anerkannt worden, was die Regelung wirkungslos werden ließ, so Hammer. Er erachtete es darüber hinaus für schade, dass mit der neuen Vorlage die Bundesländer nicht per Verfassungsbestimmung zu den Zielen verpflichtet werden. Einig war er sich mit Tanja Graf (ÖVP), dass die SPÖ zwischen Energieeffizienz und Mietpreisbremse eine sachfremde Vermischung vornehme. Der SPÖ sei ein "gutes Paket" angeboten worden, so Graf. Die Lieferantenverpflichtung hätte nur wieder die Haushalte belastet.
Wie auch andere Staaten hätte die Bundesregierung schon längst die "Betongoldrendite" mit einer Mietpreisbremse verkürzen sollen, zeigte sich Christoph Matznetter (SPÖ) erbost. Außerdem sei die Regierung über Jahre nicht in der Lage gewesen, das Energieeffizienzgesetz einzubringen, woraus sich auch "der Zustand der Koalition" ableiten ließe. Jene, die Gewinne machen, würden in der Vorlage außen vor gelassen. Die Junktimierung der SPÖ-Forderungen erschließe sich einfach daraus, dass die Kosten der ökologischen Wende nicht ausschließlich auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden dürfen, so Matznetter. Auch Alois Schroll (SPÖ) bekräftigte die Kritik, dass Lieferanten und Händler keinen einzigen Beitrag leisten müssen und "wieder die Endkunden" bezahlen sollen. Die 105 Mio. € für die Energiearmut, die angeboten worden seien, würden kein "Angebot" darstellen, zumal das Geld aus dem Budget komme und es sich "die Leute damit selber zahlen".
Karin Doppelbauer (NEOS) plädierte dafür, "wieder Vernunft" einkehren zu lassen, was Energiegesetze betrifft. Wie etwa auch Walter Rauch (FPÖ) kritisierte sie, dass betreffend die Gewinne der Energieunternehmen deren Eigentümer zumeist das Bundesland sei, und so "das Geld im Kreis herumgeschickt" werde. In Richtung FPÖ kritisierte Doppelbauer aber, dass auch die Freiheitlichen bei einer Zweidrittelmehrheit dabei sein könnten und mit ihrer Ablehnung Erträge, die für Österreich bestimmt seien, ins Ausland verschoben würden.
Thematisiert wurde seitens der NEOS und der SPÖ am Rande auch die Gasversorgung. So würden die Pipelineverträge durch die Ukraine Ende 2024 auslaufen, es brauche daher einen Plan B, waren sich Doppelbauer und Matznetter einig. Den Plan B gebe es und daran werde weiter gearbeitet, so Jakob Schwarz seitens der Grünen. Es gebe aber auch einen Plan A, der heute auf der Tagesordnung stehe und Energieeffizienzgesetz heiße und zwar um dort, wo möglich, Energieeinsparungen vorzunehmen, so Schwarz.
Strompreiskosten-Ausgleich für energieintensive Unternehmen
Mit dem Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz (SAG 2022) soll für energieintensive Unternehmen in bestimmten Sektoren ein Ausgleich für die hohen Strompreiskosten im Kalenderjahr 2022 über CO2-Kosten bzw. Versteigerungserlöse geschaffen werden (1774 d.B.). Die Förderung für die Unternehmen soll – bezogen auf den EU-Emissionszertifikatehandel – bis zu 75 % der tatsächlich anfallenden indirekten CO2-Kosten von 2022 umfassen. Die Mittel zur Bedeckung der Förderungen sind betragsmäßig mit maximal 75 % der Einnahmen der im Kalenderjahr 2021 erzielten Versteigerungserlöse begrenzt, die sich laut Erläuterungen im Jahr 2021 auf rd. 311 Mio. € beliefen.
Zugute kommen sollen die Förderungen Unternehmen aus (Teil-)Sektoren wie beispielsweise der Holz- und Papierherstellung oder der Metall- und Chemikalienerzeugung, die einen anlagenspezifischen Jahresstromverbrauch im jeweiligen Kalenderjahr von mehr als 1 GWh nachweisen können. Die Förderung soll für den darüber hinausgehenden Jahresstromverbrauch gewährt werden. Abgewickelt werden sollen die Förderungen von der Austria Wirtschaftsservice GmbH. Bezüglich durchzuführender Energieaudits verweist das Gesetz auf die Vorgaben der Energieeffizienz-Richtlinie, die laut Erläuterungen eine derartige Verpflichtung für große Unternehmen ohnehin vorsieht.
Aus dem Abänderungsantrag geht unter anderem auch hervor, dass das auf gesetzlicher Ebene vorgesehene Verbot der Förderfähigkeit von indirekten CO2-Kosten verbundener Unternehmen entfällt. Umfang und Grenzen dieser Option sollen im Rahmen der beihilfenrechtlichen Genehmigung zu regeln sein. Auch soll die Kombination der Förderungen nach dem SAG 2022 mit anderen als Beihilfen einzustufenden Förderungen innerhalb der beihilfenrechtlichen Höchstgrenzen möglich sein. Für den Fall, dass die EU-Kommission dem in beihilfenrechtlicher Hinsicht keine Einwände entgegenhalte, besteht laut Erläuterungen außerdem die Absicht, die Liste der begünstigten Sektoren erweitern zu können – als ein Beispiel dafür wird der Sektor Herstellung von Chemiefasern genannt.
Kritisch äußerte sich auch zu dieser Materie Christoph Matznetter seitens der SPÖ. Er hinterfragte, ob sichergestellt sei, dass Doppelförderungen mit dem Energiekostenzuschuss 2 ausgeschlossen seien, und sah die Gefahr, dass die Zahlungen überbordende Gewinne noch weiter erhöhen würden. Demgegenüber meinte Karin Doppelbauer (NEOS), sie stehe der Vorlage positiv gegenüber, zumal es sich um eine langjährige Forderung der NEOS handle, Unternehmen von doppelten Zahlungen auszunehmen.
An budgetären Auswirkungen geht es laut Maria Theresia Niss (ÖVP) um 233 Mio. €. Wie Doppelbauer halte sie die Maßnahmen für wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Industrie. Das Geld komme außerdem nicht aus Steuergeld, sondern aus den Erlösen von CO2-Zertifikaten. Aus dem Abänderungsantrag hob Niss unter anderem hervor, dass die Förderrichtlinien im Einvernehmen zwischen der Energieministerin und dem Finanzminister zu erlassen seien. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) mbu
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