Papierindustrie fordert Beschluss der Strompreiskompensation

In der jüngsten Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Nationalrats wurde erneut die Chance verpasst, die Strompreiskompensation mit breiter Mehrheit zu beschließen. Erstmals langte das Paket, das als „Sofortmaßnahme für die Wirtschaft“ tituliert wurde, Mitte Juni im Nationalrat ein. Das ist mittlerweile über 300 Tage her, passiert ist jedoch nichts. Zuletzt hat sogar die Opposition ihre Zustimmung signalisiert. „Während in Österreich parteipolitisches Kalkül zu Lasten der Industrie an der Tagesordnung ist und wir daher noch immer über die Strompreiskompensation diskutieren, plant Deutschland im Rahmen des sogenannten Industriestroms schon die nächste noch viel umfangreichere Energieunterstützung, die eine bereits jetzt bestehende Wettbewerbsverzerrung noch größer machen wird,“ erklärt Austropapier-Energiesprecher Ernst Spitzbart.

Die Zeit wird immer knapper, da die Inanspruchnahme der Strompreiskompensation für das Jahr 2022 beihilferechtlich nur dann möglich ist, wenn die Auszahlungen bis Ende 2023 erfolgen. „Die heimische Industrie benötigt daher einen sofortigen Beschluss für eine längst überfällige Rechts- und Planungssicherheit“, fordert Spitzbart nachdrücklich und ergänzt: „und zwar nicht nur für das Jahr 2022 sondern bis 2030.“

Industrie zahlt sich Beihilfe selbst

Die von der EU ins Leben gerufene Strompreiskompensation dient in erster Linie dazu, die Unternehmen in den Mitgliedstaaten keinen Wettbewerbsnachteilen gegenüber anderen Regionen auszusetzen aber auch um faire Rahmenbedingungen innerhalb Europas zu ermöglichen. Für die österreichische Papierindustrie mit einem Exportanteil von rund 90 Prozent ist das essenziell für die Sicherung von knapp 8.000 Arbeitsplätzen in der gesamten Branche und zigtausenden entlang der Wertschöpfungskette. Zahlreiche Mitgliedsstaaten setzen das Instrument bereits seit 2013 ein und haben sich damit einen Wettbewerbsvorteil durch Auszahlungen geschaffen, da Österreich diese Option nicht in Anspruch nimmt. Allein für das Jahr 2021 waren das insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro. Deutschland beispielsweise nutzt die Strompreiskompensation bereits seit langem zugunsten der Industrie. Das genehmigte Volumen beträgt hier 27,5 Milliarden Euro bis 2030.

In der Praxis zahlt sich die Industrie die Strompreiskompensation ohnehin selbst, da die zweckgebundenen Mittel dafür nicht vom Steuerzahler, sondern aus den Einnahmen des Emissionshandelssystems stammen. Die EU-Emissionshandelsrichtlinie empfiehlt den Mitgliedsstaaten ausdrücklich, finanzielle Maßnahmen zugunsten bestimmter Sektoren auf der Carbon Leakage-Liste im Einklang mit dem EU-Beihilfenrecht zu erlassen, um Abwanderung von Industriebetrieben aus der EU zu verhindern.

Unternehmen gehen doppelt leer aus

Von der Strompreiskompensation können nur jene Betriebe profitieren, die – wie die meisten Austropapier-Mitglieder – anstelle von Gas und anderen fossilen Energieträgern Strom einsetzen und damit einen großen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Die fehlende Strompreiskompensation benachteiligt ausgerechnet diese heimischen Vorzeigebetriebe.

Die ausbleibende Beschlussfassung hat jedoch noch einen weiteren fahlen Beigeschmack. „Wer auf die Strompreiskompensation gewartet hat, konnte den Energiekostenzuschuss nicht in Anspruch nehmen, weil es in Österreich im Gegensatz zu anderen EU-Ländern einen sachlich nicht nachvollziehbaren gegenseitigen Ausschluss der beiden Beihilfen gibt“, erklärt Spitzbart. Einige Unternehmen haben den Energiekostenzuschuss nicht beantragt, da sie die Förderung im Rahmen der Strompreiskompensation in Anspruch nehmen möchten. „Sollte dieses Gesetz nicht umgehend beschlossen werden, droht diesen Unternehmen ein massiver finanzieller Nachteil und nicht zuletzt eine immer größer werdende Schere bei den Spielregeln für einen fairen Wettbewerb in Europa, so der Austropapier-Energiesprecher abschließend. 

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