Sozialversicherung, Länder und zuletzt auch immer mehr Ärztekammer-Vertreter sind sich einig und sehen die Notwendigkeit einer Patientensteuerung im österreichischen Gesundheitssystem. ÖGK ArbeitnehmerInnen-Obmann Andreas Huss: „Die Einführung einer Lenkung der PatientInnen zum best point of service ist ein gutes Vorhaben, das aber ganz klar zu Verbesserungen führen muss, statt zu Verschlechterungen für einzelne PatientInnen.“
Mit der Umstellung des Krankenscheinsystems und dem Umstieg auf das e-card-System wurde die Gatekeeper-Funktion der Allgemeinärzt:innen geschwächt. Seither können Patient:innen frei entscheiden, auf welcher Versorgungsebene sie mit dem anstehenden Krankheitssymptom andocken. Diese selbstzuweisenden Entscheidungen sind oft nicht nur ineffizient, sondern vor allem sehr oft auch ungesund bzw. führen zu vielen Frustrationen in der Diagnosefindung.
Zudem kommt schon vor, dass ein triviales Krankheitsgeschehen zu Rettungsfahrten oder zu einem Besuch in der Notfallambulanz einer Universitätsklinik führt.
„Unsere engagierten Hausärzt:innen können mindestens 80 % all jener Probleme, mit denen die Menschen zu ihnen kommen, selbst behandeln bzw. erledigen. In Primärversorgungseinheiten, in denen andere Gesundheitsberufe die Hausärzt:innen ergänzen und unterstützen, liegt diese Quote noch höher“, ist Andreas Huss, ÖGK-Arbeitnehmer:innenobmann, überzeugt.
Gerade bei zunehmendem Personalmangel, vor allem in den Spitälern, der dort sehr schnell zu einer massiven Überforderung aller führt, ist die Besinnung auf ein hausarztzentriertes System, ergänzt mit anderen Gesundheitsberufen, notwendiger denn je. Das Ziel ist, Hausärzt:in und Patient:in entscheiden gemeinsam über den notwendigen Ebenenwechsel (Facharzt, Ambulanz) in der Versorgung.
Wir wollen die Versorgungsqualität für alle anheben und die Wartezeiten für wichtige Behandlungen senken. Daher ist es sinnvoll und nötig, Fehlzuweisungen im Sinne der Patienten zu reduzieren und im Idealfall gänzlich zu vermeiden. International gibt es unterschiedliche Beispiele, wie das gelingen kann. Ein System, das einen stärkeren Fokus auf die zentrale Funktion der Allgemeinmediziner:innen legt und deren Gatekeeper-Funktion betont, ist eine der besten Möglichkeiten.
Dieses System erfordert aber ein sehr gut ausgebautes und potentes Primärversorgungssystem, das diese Verteilerfunktion auch schnell und kompetent ausführen kann. Das ist derzeit der zentrale Teil der Diskussionen rund um den Finanzausgleich.
ÖGK-ArbeitnehmerInnen-Obmann Andreas Huss: „Wir müssen die Patientensteuerung für und nicht gegen die PatientInnen denken. Mit einer Patientensteuerung werden ausschließlich die Interessen der PatientInnen auf gute und zeitnahe Behandlung verfolgt. Bei weniger Fehlzuweisungen werden die Krankenhäuser, die Ambulanzen, die FachärztInnen wie z.B. auch MRI-Institute und auch die Rettungsdienste entlastet. Sie sind dafür im Fall der echten Notwendigkeit qualitativ hochwertiger und schneller verfügbar.“
Zuletzt hatte ein Ärztekammerfunktionär eine Vollkosten-Ambulanzgebühr gefordert, die einzelne PatientInnen aufgrund ihrer Fehlzuweisung, die jetzt jahrzehntelang akzeptiert wurde, in finanzielle Schwierigkeiten bringen würde. Zu Recht gab es an diesem Vorstoß große Kritik.
„Ich halte überhaupt nichts davon, eine Patientensteuerung zu installieren, die für kranke Menschen zusätzliche Probleme schafft, anstatt sie zu lösen. Wir müssen gemeinsam in die ambulante Versorgung mit guten Patientenpfaden, in denen alle Gesundheitsberufe eingebunden sind, investieren. Das Gesamtwerk einer verbesserten Patientensteuerung, die an den Bedürfnissen der Menschen orientiert ist, muss gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden. So kann eine Win-win-Situation erzeugt werden, die die Vorbedingung für eine erfolgreiche Umsetzung ist. Dieser strukturierte Prozess sollte in der Zielsteuerung Gesundheit umgehend gestartet werden“, so Huss.
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