Der Produktpirateriebericht 2022 gab im Finanzausschuss heute Anlass zur Debatte über einen Anstieg an Fällen mit Fälschungen bei Medikamenten. Finanzminister Magnus Brunner bezeichnete die Situation im Arzneimittelbereich als nach wie vor besorgniserregend. Die Abgeordneten nahmen den Bericht nach einer ausführlichen Debatte einstimmig zur Kenntnis.
Ebenso einhellig beschlossen wurde eine Regierungsvorlage im Zusammenhang mit der sogenannten Distributed-Ledger-Technologie betreffend Finanzmarktinfrastrukturen.
Ein Antrag der NEOS zur Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 % sowie eine Forderung der SPÖ für mehr Mittel für Kindergärten über den Finanzausgleich hingegen wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.
Zahl an beschlagnahmten Medikamentenfälschungen erheblich gestiegen
Laut Produktpirateriebericht 2022 (III-911 d.B.) sind die Sendungen an beschlagnahmten gefälschten und anderen illegalen Medikamenten im Berichtsjahr auf 11.691 erheblich gestiegen – 2021 waren es demzufolge 7.983 Aufgriffe. Spitzenreiter bei den vom Zoll aufgegriffenen Arzneiwaren seien nach wie vor Potenzmittel sowie fruchtbarkeitsfördernde Produkte, gefolgt von Schlaf- und Beruhigungsmitteln sowie schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten. Es gebe zu dem Thema laufend Gespräche und Arbeitsgruppentreffen zwischen den Gesundheitsbehörden, dem Zoll und der Polizei, erörterte Finanzminister Brunner etwa auf Nachfragen von Gerhard Kaniak (FPÖ) und Elisabeth Götze (Grüne), welche Schritte in dem Bereich gesetzt würden.
Im Bereich der Marken-und Produktpiraterie hat der Zoll im Jahr 2022 3.978 Sendungen mit 28.316 gefälschten Produkten zu einem Originalpreis von nahezu 6,7 Mio. € beschlagnahmt. Auch die aus diesen Aufgriffen resultierenden 6.366 Verfahren liegen im langjährigen Spitzenfeld. Eine besondere Herausforderung für den Zoll seien Fälschungen, die über das Internet vertrieben werden. Im Internet bestellte Waren würden in Kleinsendungen im Postverkehr oder durch Kurierdienste eingeführt. Dem Bericht zufolge wird der Frachtverkehr vermehrt über Ungarn und die Slowakei geleitet.
Die Reduktion der Sendungen mit gefälschten Produkten im Vergleich zu 2021 resultiert dem Finanzminister zufolge daraus, dass im Jahr 2021 fast 4.000 Sendungen auf einen einzigen chinesischen Versender zurückzuführen gewesen seien. Ein Experte des Ministeriums erörterte etwa auf Fragen von Maximilian Lercher (SPÖ), dass auf EU-Ebene mit China ein neuerlicher Zoll-Aktionsplan ausgehandelt worden sei, der seit Ende 2022 angewendet werde. Zu erkennen sei, dass China auch interessiert sei, bei Aufgriffen Informationen von europäischer Seite zu bekommen.
Sehr gut funktioniere auch die Zusammenarbeit und der regelmäßige Austausch mit der Post und den Kurierdiensten. In Richtung von Gerald Loacker (NEOS), der den Aufwand im Verhältnis zu den Aufgriffen in Frage stellte, verwies der Experte darauf, dass die Zollverwaltung eine gesetzliche Aufgabe habe und diese ernst nehme. Jene, die illegale Waren versuchen in die EU zu bringen, würden sich in der EU immer wieder andere Wege suchen. Wichtige Initiativen, die im Finanzministerium daher gesetzt würden, seien etwa Pressemeldungen und Information nach großen Aufgriffen.
Distributed-Ledger-Technologie für Finanzmarktinfrastrukturen
Mit der Regierungsvorlage zur Umsetzung von EU-Bestimmungen in Zusammenhang mit der sogenannten Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zur Förderung von Finanzmarktinfrastrukturen sollen Effizienz, Transparenz und Wettbewerb bei Handels- und Abwicklungstätigkeiten erhöht werden (2029 d.B.). Gleichzeitig soll ein hohes Maß an Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzmarktstabilität sichergestellt werden und ein Erfahrungsaustausch zwischen Marktteilnehmern und Aufsichtsbehörden in Bezug auf DLT und jene Kryptowertpapiere, die als Finanzinstrumente gelten, ermöglicht werden. Künftig soll die FMA für die Erteilung einer besonderen Genehmigung für den Betrieb einer Distributed-Ledger-Technologie basierten Marktinfrastruktur und die Beaufsichtigung der Betreiber von solchen Marktinfrastrukturen mit Sitz oder Hauptverwaltung in Österreich verantwortlich sein. Die Laufzeit der europäischen Pilotregelung ist vorerst zeitlich begrenzt. Bis zum 24. März 2026 soll die ESMA (European Securities and Markets Authority) der Europäischen Kommission über ihre Bewertung der Pilotregelungen Bericht erstatten.
Karin Doppelbauer begrüßte die einstimmig angenommene Vorlage seitens der NEOS etwa im Hinblick auf Transparenz und auf die FMA-Zuständigkeit.
NEOS: Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 %
Ein wiederholter Vorstoß der NEOS, die Abgabenquote zu senken, wurde im Finanzausschuss vertagt. Konkret fordert Karin Doppelbauer (NEOS) mittels Entschließungsantrag, die Abgabenquote bis Ende der Legislaturperiode in Richtung 40 % abzusenken. Im Vordergrund soll dabei eine Senkung der Abgabenlast auf Arbeit stehen (3268/A(E)). Statt der im Regierungsprogramm vereinbarten Senkung der Steuer- und Abgabenquote zeige der Trend mit deutlich über 43 % nicht in Richtung 40 %, so Doppelbauer. Österreich liege mit seiner Steuer- und Abgabenquote seit Jahren klar über dem Durchschnitt der Eurostaaten und der EU-27 Staaten, heißt es im Antrag.
Demgegenüber wandte etwa Christoph Matznetter (SPÖ) ein, dass Senkungen ohne Gegenfinanzierung Einschnitte mit sich bringen würden. Nina Tomaselli (Grüne) hob bereits gesetzte Maßnahmen der Bundesregierung wie etwa die ökosoziale Steuerreform und die Abschaffung der kalten Progression hervor, die dämpfend auf die Abgabenquote wirken würden. Zudem sei die Einhebung von Steuern und Abgaben kein Selbstzweck, zumal Leistungen damit finanziert werden, so Tomaselli. Gerald Loacker (NEOS) wiederum zeigte sich überzeugt, dass sich gute Wege, wie beispielsweise bei den Steuern auf Haushaltsversicherungen, finden ließen, ohne dass auf der Leistungsseite etwas wegfalle. "Geld hat kein Mascherl", meinte wiederum Kai Jan Krainer (SPÖ), da Steuern ins allgemeine Budget fließen würden. Wenn man Einnahmen reduziere, werde entweder das Defizit größer oder die Ausgaben müssten verringert werden. Nichtsdestotrotz orte er Effizienzpotenziale in dem Aspekt, wie der Staat funktioniere.
SPÖ fordert mehr Mittel für Kindergärten über Finanzausgleich
Aktuell herrsche in vielen Bereichen Arbeitskräftemangel. Im Gegenzug würden viele Frauen gerne arbeiten gehen, könnten das aber aufgrund von fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen nicht, bemängelt die SPÖ mittels Entschließungsantrag. Zudem sei Bildung der Schlüssel für eine gute Zukunft der Kinder. Der Grundstein für Bildung werde schon im Kindergarten gelegt. Die SPÖ fordert daher einen rascheren Ausbau der Kinderbetreuung und der Elementarpädagogik und die Bereitstellung der entsprechenden Finanzierung (3311/A(E)). Von der Bundesregierung erwarten die Sozialdemokrat:innen, im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen dafür zu sorgen, dass dafür genügend Finanzmittel des Bundes zur Verfügung gestellt werden. So sollen Länder und Gemeinden in die Lage versetzt werden, einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr umzusetzen. Gleichlautende Anträge liegen dem Unterrichtsausschuss, dem Wirtschaftsausschuss, dem Budgetausschuss, dem Familienausschuss sowie dem Gleichbehandlungsausschuss vor. Im Finanzausschuss wurde der Antrag vertagt.
Selma Yildirim (SPÖ) unterstrich die Forderung und erkundigte sich nach dem Stand der Finanzausgleichsverhandlungen. Die Gespräche würden derzeit laufen, eine Vorlage werde voraussichtlich im Herbst dem Parlament zugeleitet, so Angela Baumgartner (ÖVP). Ähnlich wie Finanzminister Brunner wies Baumgartner auf die Länderkompetenz bei der Elementarpädagogik hin, wiewohl der Bund die Länder in dem Bereich derzeit etwa über eine 15a-Vereinbarung mit 200 Mio. € pro Jahr unterstütze. Karin Doppelbauer würde aus Sicht der NEOS die Forderung nicht mit dem Finanzausgleich koppeln, sondern an einen Anstieg des BIP-Anteils. Prinzipiell unterstütze sie aber den Antrag, so Doppelbauer, die sich ebenso für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung aussprach. (Fortsetzung Finanzausschuss) mbu
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