Zum ersten Mal nach der Sanierung des Parlamentsgebäudes lud Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka Schülerinnen und Schüler zum Jugendparlament in das Hohe Haus am Ring ein. Fünf Schulklassen der 9. Schulstufe aus Wien und dem Burgenland hatten heute die Möglichkeit, in die Rolle von Abgeordneten zu schlüpfen und über einen fiktiven Gesetzesvorschlag zum Thema "Schule und Digitalisierung" zu beraten.
Ziel des Jugendparlaments ist es, demokratische Entscheidungsprozesse greifbar und parlamentarische Abläufe für die Jugendlichen nachvollziehbar zu machen. Dafür werden wie im realen Parlamentsalltag Klubs gebildet, Gesetzentwürfe in Ausschüssen vorberaten und anschließend im Plenum diskutiert und abgestimmt. Während des ganzen Tages standen den Jugendlichen Mitarbeiter:innen des Parlaments zur Seite, um sie bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Zudem wurden sie von den Nationalratsabgeordneten Christoph Stark (ÖVP), Eva Maria Holzleitner (SPÖ), Christian Ries (FPÖ), Sibylle Hamann (Grüne) und Martina Künsberg Sarre (NEOS) beraten. Nationalratspräsident Sobotka führte durch die Parlamentssitzung.
Für die Teilnahme konnten sich die Schüler:innen
vom 30. Jänner bis einschließlich 8. März 2023 mit Beiträgen zur Frage "Was bedeutet Demokratie für dich und deine Klassenkolleg:innen?" bewerben. Eine Fachjury wählte aus den 33 Bewerbungen aus, an denen sich rund 800 Schülerinnen und Schüler beteiligten aus Klassen der 9. Schulstufe der Handelsschule Neusiedl/See, des BRG Mattersburg und der HTL Pinkafeld aus dem Burgenland sowie des Gymnasiums am Augarten und der Modeschule Hetzendorf.
Debatte über Chancen und Risiken der Digitalisierung für die Schule
In der Plenardebatte gingen die Schüler:innen auf die verschiedensten Aspekte zum Thema Digitalisierung des Unterrichts ein. Während einige "Abgeordnete" die Bedeutung der Einbindung digitaler Methoden in den Unterricht für die Zukunftstauglichkeit der Schüler:innen hervorhoben, äußerten andere wiederum Bedenken, was etwa die gesundheitlichen Auswirkungen oder die Kompatibilität mit den verschiedenen Lerntypen angeht. Auch die Frage, ob ein rein digitaler Unterricht die "soziale Abschottung" fördere und sich somit negativ auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirke, wurde von den zum Teil gehörbeeinträchtigten Jugendlichen thematisiert. Schließlich sprachen sich die Teilnehmer:innen mehrheitlich für ein "Digitales Unterrichtsmittel-Gesetz" aus. Durch das Gesetz seien Schulbücher, Arbeitsblätter und sonstiger Lesestoff ab der 5. Schulstufe in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. In der Diskussion darüber spielten auch ökologische Überlegungen und die Frage der Produktionsbedingungen bei der Herstellung der Endgeräte eine Rolle.
Schon in den vorangegangenen Klub- und Ausschusssitzungen mussten die Schüler:innen Allianzen und fraktionsübergreifende Kompromisse finden oder die "politischen Gegenspieler" von der eigenen Ansicht überzeugen, um schließlich den "Gesetzesvorschlag" plenarreif zu machen. Auch mehrere Abänderungsanträge zum fiktiven Gesetz wurden von den Jugendlichen angenommen. So sprachen sie sich mehrheitlich etwa für eine bessere digitale Infrastruktur an den Schulen aus, für eine freie Wahlmöglichkeit der Schüler:innen, ob digitale Unterrichtmaterialien verwendet werden, für eine digitale Ausbildung der Lehrkräfte sowie für Maßnahmen zur Gesundheitsprävention. Zudem berücksichtigten die Jugendlichen auch Fragen der Praktikabilität und nahmen dementsprechende Anträge zur Finanzierung der Endgeräte und dem Einführungsdatum der digitalen Unterrichtsmittel an.
Nationalratspräsident Sobotka und Abgeordnete begeistert über "differenzierte Debatte"
Von einer "bemerkenswerten Sitzung" sprach Christoph Stark (ÖVP), der sich von den aus seiner Sicht konstruktiven und zielgerichteten Diskussionen beeindruckt zeigte. Entgegen dem Klischee, die Jugend folge unreflektiert "dem Ruf der Digitalisierung", sei die Debatte differenziert und mit "viel Weitblick" verlaufen.
SPÖ-Mandatarin Eva Maria Holzleitner hob insbesondere die große Bandbreite an Themen hervor, die die Schüler:innen aufs Tapet brachten. Auch die echten Abgeordneten könnten Einiges von den Schüler:innen in die eigene Arbeit mitnehmen, sagte sie und lobte deren Mut, den es bedürfe, um im Hohen Haus zu sprechen.
Christian Ries (FPÖ) drückte ebenfalls seine Begeisterung für das Engagement der Schüler:innen bei diesem "schwierigen Thema" aus, das über zahlreiche Facetten verfüge, wie schon die Klub- und Ausschusssitzungen demonstriert hätten. Die Teilnehmer:innen hätten dadurch auch ein Verständnis für die "komplexe Hintergrundarbeit" der Parlamentarier:innen gewinnen können.
Sibylle Hamann von den Grünen habe mit den Teilnehmer:innen des Jugendparlaments "mitgezittert", wie sie im Plenum berichtete. Es sei deutlich geworden, dass das, was gesagt wird, nicht immer mit dem übereinstimmen müsse, was verstanden werde. Besonders erfreut zeigte Hamann sich über die "unerwarteten Koalitionsbildungen" im Zuge der Beratungen.
Auch Nationalratspräsident Sobotka äußerte seine Freude über die differenzierte Debatte und hob den im Plenum gefallenen Satz "Nur keine Bildung ist teurer als Bildung" besonders hervor. Im digitalen Bereich sei die Gesellschaft speziell durch die neuesten Entwicklungen am Feld der Künstlichen Intelligenz "unter Druck geraten". Gerade die junge Generation brauche nun die notwendigen Kenntnisse, um die dahinterliegenden Mechanismen zu verstehen, und wenn notwendig auch Grenzen setzen zu können. Es sei nun ihre Aufgabe, die Demokratie als Garantin für Freiheit und Wohlstand zu erhalten, plädierte Sobotka an die Jugendlichen. Egal in welchen Branchen sie sich zukünftig wiederfänden – Politik gehe alle an. (Schluss Jugendparlament) wit
HINWEIS: Fotos vom Jugendparlament finden Sie im Webportal des Parlaments.
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