Was passiert im bosnischen Flüchtlingscamp Lipa, wo vor kurzem eine umstrittene Haftanstalt von einem ÖVP-nahen Institut gebaut wurde und wo tagtäglich Menschen – gegen die Genfer Flüchtlingskonvention – hingebracht werden im Rahmen der illegalen Massenpushbacks, die Kroatien nun gemeinsam mit Bosnien-Herzegowina durchführt? Dort, wo Österreich mit Millionen Euros ein Lager hingebaut hat, wo Menschen isoliert in den Bergen – nach Herbert Kickls Traumvorstellungen – konzentriert werden, nachdem sie tagelang in Kroatien grundlos eingesperrt waren?
Horst Alic, Gemeinderat der KPÖ in Graz, der beruflich 32 Jahre als Justizwachebeamte in Graz-Jakomini arbeitet, war selbst in Lipa und kennt die Zustände vor Ort, bevor das umstrittene Gefängnis im Camp Lipa gebaut wurde. „Bei meinem Besuch in Lipa im Jänner 2022 fühlte ich mich sehr an ein Gefängnis erinnert. Das lag nicht nur an den Zäunen rund um die Anlage oder an dem Umstand, dass es gar nicht so leicht war, hineinzukommen. Vielmehr lag es an der Stimmung, die ich unter den Leuten dort wahrgenommen habe. Die hauptsächlich jungen Männer waren bar jeglicher Fröhlichkeit“, berichtet Horst Alic von den noch immer lebendigen Eindrücken seines Besuches von Lipa.
„Gesichter wie im Strafvollzug“
Weiter berichtet er: „Jedenfalls kenne ich diese Gesichter ohne Ausdruck nur zu gut aus meinen Jahren im Strafvollzug. Viele Menschen sind einfach nur mehr erschöpft. Erschöpft vom Leben, in dem man nur herumgeschoben wird. Von Einrichtung zu Einrichtung und immer weiter weg von einer Gesellschaft, die es nicht schafft, einen Rahmen zu bieten, in dem sich alle zu Hause fühlen. Und vor allem erschöpft davon, Spielball und Thema von Populismus zu sein, der zwar klare Feindbilder zeichnet, aber keine Lösungen bringt. Wir brauchen keine Bollwerke, wir brauchen Perspektiven. Für beide Seiten der Zäune“, appelliert der Grazer KPÖ-Gemeinderat Horst Alic.
Morgen Demo in Wien
Während die grüne Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic Mitte der Woche nach Bosnien reisen wird um sich selbst ein Bild der Lage vor Ort zu machen und ihre Fact-Finding-Mission zu starten, gibt es morgen am Minoritenplatz um 18:30 eine Demo unter dem Titel "Haltung statt Festung", die von einem breiten Bündnis getragen wird und sich gegen die Haftanstalt in Bosnien richtet.
Stelzer gerät unter Druck
Thema ist das vom ÖVP-nahen Institut ICMPD gebaute Gefängnis diese Woche auch im Oberösterreichischen Landtag. So kündigte die Abgeordnete Ines Vukajlović für Donnerstag eine dringende mündliche Anfrage an Landeshauptmann Thomas Stelzer, dessen Land OÖ sich ja – wie bekannt wurde – mit 300.000 Euro am Bau des umstrittenen Camps beteiligte.
"Schweigespirale sagt mehr als 1000 Worte"
"Unter anderem rühmte sich LH Stelzer damit die Wasserversorgung unter dem Deckmantel der 'Hilfe vor Ort' gesichert zu haben, dort wo jetzt ein Gefängnis steht. Dass überhaupt in ein Camp, welches auch Familien- und Kinderabteile hat, ein Gefängnis gebaut wurde, ist und bleibt ein Skandal, den man nicht schönreden kann. Genauso wenig wie die illegalen Massenpushbacks der Menschen, die nur aufgrund ihrer Hautfarbe in Busse gesteckt werden und aus dem Landesinneren Kroatiens ins Camp Lipa zurückgepusht werden", so Petar Rosandić, Obmann von SOS Balkanroute.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. SOS Balkanroute