Bei der Mitgliederbefragung der SPÖ kommt es nicht nur auf das Ergebnis an. Mindestens ebenso wichtig ist, dass dieses Resultat so zustande kommt, dass es am Ende auch von allen Kontrahenten akzeptiert wird.
Harry Kopietz hat für seine Partei schon viel erledigt. Er hat dem früheren Wiener Bürgermeister Michael Häupl in der Landes-SPÖ den Rücken freigehalten. Er hat das Donauinselfest zum größten Open Air Österreichs gemacht. In den nächsten Wochen spielt der nunmehr 74-Jährige wieder eine Schlüsselrolle: Als Vorsitzender der Wahlkommission ist er zuständig für die korrekte Abwicklung der Mitgliederbefragung um den Parteivorsitz.
Für die SPÖ geht es um viel. Die Partei braucht dringend ein Ergebnis, um sich wieder Inhalten widmen zu können. Zu tun gäbe es genug. Stattdessen reiben sich die Sozialdemokraten in internen Kämpfen auf.
Sie schaffen es nicht einmal, bei der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Nationalrat geschlossen aufzutreten. Klubchef Jörg Leichtfried entschuldigt seine Genossinnen und Genossen mit Vorbehalten gegen den türkisen Nationalratspräsidenten. Hier geraten die Dimensionen in eine bedenkliche Schieflage. Wer zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, verliert offenbar den Blick für die Wirklichkeit.
Eine echte Gefahr für die Partei ist aber das Taumeln und Stolpern auf dem Weg zur Mitgliederbefragung. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und sein Lager stellen den Ablauf in Frage. Nicht mit klaren Aussagen und Ansagen, sondern mit Nebenbemerkungen und hintergründigen Informationen an die Medien.
Bereiten sie sich schon auf eine Niederlage vor? Jedenfalls rühren sie an die Grundfesten der innerparteilichen Demokratie und damit des Vertrauens. Dieses Spiel ist gefährlich; am Ende steht als Mahnung Donald Trump.
Uneinig sind die roten Granden auch darüber, was das Ergebnis der Befragung wert ist. Ist sie nur ein Stimmungsbild, wie Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch meinte? Gilt auch eine relative Mehrheit, und sei sie noch so knapp, wie Doskozil und Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner durchklingen ließen? Braucht es eine Stich-Befragung, wenn jemand die 50 Prozent verfehlt, wie Herausforderer Andreas Babler fordert?
Vermutlich ist es gescheit, sich darauf zu verständigen, dass ein Durchgang der Befragung reicht. Sonst zieht sich der Prozess unerträglich in die Länge.
Sicher müssen alle das Ergebnis als verbindlich betrachten. Sonst brauchen sie die Mitglieder gar nicht erst belästigen. Und ganz sicher müssen sie alle Zweifel an der Durchführung beseitigen und dürfen diese dann nicht mehr in Frage stellen. Können sie das Grundvertrauen nicht mehr herstellen, wird es ganz schwer für die SPÖ.
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