Demokratiebildung im Parlament: Neue Formate vorgestellt

Die Angebote des Parlaments zur Demokratievermittlung im Bildungswesen erhielten heute im Nationalratssitzungssaal eine Bühne im Hohen Haus. Gemeinsam mit Multiplikator:innen der politischen Bildung im österreichischen Schulwesen präsentierte die Abteilung Demokratiebildung der Parlamentsdirektion ihr erneuertes, breit gefächertes Angebot für Lehrende der politischen Bildung. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Günter Kovacs betonten in ihren Eingangsworten zur Veranstaltung, dass mit der Wiedereröffnung des sanierten Parlamentsgebäudes auch die Demokratievermittlung ausgeweitet worden sei. Die Demokratiewerkstatt setze dabei wichtige Akzente, das demokratische Verständnis junger Generationen als Basis des Zusammenlebens zu sichern.

Dirk Lange, Universitätsprofessor für Politische Bildung an der Universität Wien und Leiter des Demokratiezentrums Wien, hielt die Keynote zur Veranstaltung. Den Fokus richtete er darin auf die auf die Herausbildung eines gelebten Demokratieverständnisses bei jedem:r Einzelnen in einer Gesellschaft durch Partizipation. Eine Videopräsentation zur Demokratiebildung im Parlament zeigte unter anderem das Besucher:innenzentrum mit interaktiven Stationen über Demokratie und Parlamentarismus, die Führungsangebote mit unterschiedlichen Zielgruppen und Inhalten, Bibliothek und Archiv, Workshops und interaktive Methoden der Demokratiewerkstatt sowie das Jugendparlament. Bei einem geführten Rundgang durch die Demokratiewerkstatt, das Demokratikum im Besucher:innenzentrum und die Parlamentsbibliothek konnten sich die Teilnehmer:innen heute in weiterer Folge selbst ein Bild von den neuen Bildungsformaten machen. Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit einer Performance der Theatergruppe Wildwuchs zum "Thema Demokratie und Beteiligung", bei dem die jungen Darsteller:innen den demokratischen Diskurs über ernste Anliegen wie Klimawandel, Rassismus und soziale Gerechtigkeit eindrucksvoll am Präsidium darstellten. Das Eledone Trio begleitete den Empfang musikalisch.

Sobotka: Parlament schafft Zugang zur gelebten Demokratie

Nationalratspräsident Sobotka erinnerte an die Gründung der Demokratiewerkstatt 2007 und umriss die Geschichte dieses "Erfolgsprojekts" der Demokratiebildung, dessen Konzept mittlerweile auch in andere Länder "exportiert" werde. Aufgrund der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre in Österreich geschaffen, habe die Demokratiewerkstatt mittlerweile generationsübergreifende Bedeutung, zeigte sich Sobotka überzeugt. Jede Generation müsse die Demokratie erneut entdecken, um ihren Wert hochzuhalten, gerade in Zeiten des technologischen Wandels, wie der Nationalratspräsident betonte. So wichtig die Digitalisierung auch sei, müsse die Beeinflussung von Menschen durch "Fake News" beziehungsweise über anonyme Plattformen in die Schranken gewiesen werden. Nicht nur durch die Gesetzgebung, sondern auch durch gesellschaftliche Bildung, etwa gegen den Antisemitismus, der "seit 2000 Jahren" Europa heimsuche.

Hoffnungsvoll zeigte sich Sobotka vor diesem Hintergrund, dass demokratisch gebildete Menschen weniger anfällig seien, in autoritären Systemen zu denken. Eine junge, engagierte Generation mache "zukunftsfroh", die Demokratie zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dafür sei eben die Demokratiewerkstatt ein wesentliches Element, so Sobotka, im Rahmen der Sanierung habe man auch räumlich eine direkte Verbindung der bildungspolitischen Werkstätten zu den realen Diskussionen im Nationalrat geschaffen. Entsprechend der allgemeinen breiten Öffnung des sanierten Parlaments, vom Besucher:innenzentrum bis zur Parlamentsbibliothek, werde dadurch ein direkter Zugang zum demokratischen Geschehen geboten.

Kovacs: Demokratie zu den Menschen bringen

Die breite Öffnung des sanierten Parlamentsgebäudes im Sinne der Demokratiebildung hob auch Bundesratspräsident Kovacs in seinen Grußworten hervor. Veranschaulicht sieht er dies nicht nur im Besucher:innenzentrum, der öffentlich zugänglichen Bibliothek oder der Demokratiewerkstatt. Mit "Parlament on Tour" gehe man auch direkt in die Bundesländer, um der Bevölkerung das Wissen über Demokratie näherzubringen. Krisen würden für die Demokratie eine "Bewährungsprobe" darstellen, gab Kovacs zu bedenken und er bekräftigte die Verantwortung der politischen Repräsentant:innen, Demokratie als Grundlagen des Gemeinwesens in Österreich vorzuleben. Eine wichtige Rolle bei der Demokratiebildung schrieb er daher den Schulen zu, denn dort werde die Umsetzung der demokratischen Lebensform vermittelt, sodass es "auch in Zukunft eine gefestigte Demokratie in Österreich gibt". Die Demokratiewerkstatt biete mit ihrem erneuerten Angebot dafür wichtige Impulse.

Lange: Hohes Haus als Sinnbild für Demokratiebildung

Universitätsprofessor Lange richtete den Fokus auf das Konzept der parlamentarischen Demokratiebildung aus didaktischer Perspektive. Das sanierte Hohe Haus stehe mit seiner Architektur sinnbildlich für Demokratiebildung, sagte er. Immerhin sei die Demokratiewerkstatt direkt oberhalb des Plenarsaals untergebracht. Die Schüler:innen könnten den Politiker:innen so "auf die Finger schauen" und würden als "Young Citizens" begriffen werden, also als Kinder und Jugendliche, die in den politischen Prozess bereits involviert sind und nicht nur als Empfänger:innen von etwas zu Vermittelndem.

Politische Erziehung sei ein Modus, den sich jedes politische System zu Nutze macht, um ihre leitenden Werte weiterzuvermitteln, meinte der Experte. Demokratiebildung habe zwar ebenso eine Legitimationsfunktion, aber keinen starken affirmativen Beiklang, sondern ziele auf die Entwicklung der Souveränität und der Partizipationsfähigkeit der Bürger:innen ab. Lange sprach sich demnach für "Young Citizens" und ein Verständnis von "Citizenship" als politische Praxis aus, wo sich Bürger:innen selbst ins Verhältnis zur politischen Welt setzen. Dieses wesentliche Bürger:innen-Bewusstsein sollte durch die Demokratiebildung gefördert, und nicht ersetzt werden, so sein Appell. Dabei gehe es weniger darum, zu fragen, was vermittelt werden kann, sondern was bereits an politischen Denkweisen mitgebracht wurde. Demokratiebildung sei ein Denk- und Urteilsprozess indem die demokratische Ordnung kritisch hinterfragt wird, sagte Lange.

Ausgeweitete Angebote zur Demokratiebildung

Leopold Lugmayr, Leiter der Abteilung Demokratiebildung der Parlamentsdirektion, stellte das Angebot zur Demokratievermittlung des Parlaments im Detail vor. Wöchentlich gebe es durch die Ausweitung der Präsenzworkshops auf Online-Formate bis zu 32 Werkstätten, pro Jahr erreiche man dadurch rund 30.000 Schüler:innen. Bei den didaktischen Führungen durch das Parlament würden bis zu 4.000 Schulklassen pro Jahr erwartet. Die Bildungsformate seien exakt auf die jeweiligen Alters- und Bildungsstufen abgestimmt, demnächst starte auch ein eigenes Format für die Elementarpädagogik. Direkt an den Schulen und für Lehrlinge biete die Demokratiewerkstatt ebenfalls unentgeltlich Bildungsformate an, etwa zu Gesetzgebung, Demokratie, Medienkompetenz, Respekt und gegen Antisemitismus. In diesem Zusammenhang betonte Lugmayr die enge Kooperation mit der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. (Schluss) rei/fan

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.


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