Das gestrige Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein gegen VW reicht weit über Deutschland hinaus und hat für Österreich gravierende Folgen, sollte es auch in der Berufung standhalten, warnt die Arbeiterkammer.
Damit wird das Software-Update für das VW Golf Modell mit dem EA 189 Motor für unzulässig erklärt, obwohl es von der deutschen Zulassungsbehörde ursprünglich genehmigt worden war. Deswegen müssen diese Pkw durch einen Rückruf des Herstellers in einen gesetzeskonformen Zustand gebracht werden. So auch in Österreich, weil eine von einer deutschen Behörde ausgestellte EU-Betriebszulassung in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten verbindlich ist.
Direkt betroffen wären in Österreich zunächst jene 383.000 Dieselautos von VW, Audi, Seat und Skoda, die genauso einen EA 189 Motor eingebaut haben und ab 2016 verpflichtend für ein Software-Update zurückgerufen wurden. Große Fragezeichen bestehen vordergründig, ob dies bei den betroffenen Diesel-Pkw in Österreich technisch möglich ist.
Für die AK steht aber jetzt schon fest: Mit dem Rückruf wären die KFZler zum dritten Mal zum Handkuss gekommen: „Umweltministerin Leonore Gewessler muss dem Hersteller bei dem Rückruf genau auf die Finger schauen und sie zur Verantwortung ziehen“, stellt AK Verkehrs- und Umweltexperte Franz Greil fest.
Zum besseren Verständnis: Der Volkswagen-Konzern setzte zwischen 2009 und 2015 Diesel-Pkw in Verkehr, die nur für kurze Zeit auf dem Prüfstand die Emissionsgrenzwerte für Stickoxide einhielten. Nach Auffliegen des Diesel-Skandals im Jahr 2015 wurde dieser Praktiken in einem amtlich angeordneten Rückruf durch ein „Software-Update“ fragwürdig saniert. Seitdem fahren diese Fahrzeuge mit einem sogenannten „Thermofenster“, bei dem die Abgasreinigung nur bei Außentemperaturen von 15 bis 33 Grad funktioniert. Das gestrige Urteil untersagt diesen Praktiken klar, weil die Abgasvorrichtung unter allen Bedingungen bei einer EU-Betriebszulassung funktionieren muss. Somit hätte eine Betriebszulassung niemals erfolgen dürfen. „Rein rechtlich muss ein Auto ohne Betriebszulassung stillgelegt werden“, so Franz Greil.
Deutschland und Europa drohen mit dem gestrigen Urteil ohnedies eine gigantische Rückruf-Welle. Bei dem Gericht in Schleswig sind aktuell zahlreiche Klagen der Deutschen Umwelt Hilfe (DUH) gegen 119 Genehmigungsbescheide der deutschen Behörde gegen „diverse Thermofenster“ anderer Hersteller anhängig.
Was das für österreichische Autobesitzer:innen heißt, müssen die zuständige Ministerin und ihre Behörden zeitnah beantworten. Dazu fordert die AK:
+ Die Hersteller, und nicht die Kfz-Besitzer:innen, müssen zur Verantwortung gezogen werden.
+ Umweltministerin Leonore Gewessler als zuständige Verkehrs- und Umweltministerin muss für Transparenz und eine rasche und faire Vorgehensweise sorgen. Sie muss erheben, wer alles betroffen ist und vor allem den Herstellern klare nächste Schritte setzen, damit durch ihr „Zeitschinden“ den Autobesitzer:innen kein Schaden entsteht.
+ Die Mängel bei allen in Österreich betroffenen Fahrzeugen müssen von den Herstellern rasch beseitigt werden – und zwar so, dass es zu keinen finanziellen und anderen Nachteilen für die Besitzer:innen kommt (Nachrüstung, Eintausch, Wertverlust etc). Wichtig: Bei einem alten Fahrzeug geht es nicht nur um den Restwert, sondern darum, dass man sich ja mit dem Restwert kein neues Ersatzauto kaufen kann.
+ Die österreichischen Strafbestimmungen ermöglichen, dass bei einem derartigen Vergehen (illegale Zulassung) die Autohersteller mit bis zu 5.000 Euro pro Fahrzeug bestraft werden können. Wir fordern die Ministerin auf, die Strafmöglichkeiten auszuschöpfen und den Autobesitzer:innen faire Entschädigungsmöglichkeiten zu eröffnen.
+ Die bestehenden Bestimmungen sind zahnlos. Die Käufer:innen wurden massiv getäuscht. Es kann nicht sein, dass sie einzeln ihre Schäden einklagen müssen. Eine wirksame Verbandsklagemöglichkeit in Österreich muss eine Grundlage schaffen, damit betroffene Autobesitzer:innen gegen übermächtige Konzerne nicht schutzlos sind.
+ Neben den getäuschten Autobesitzer:innen geht es auch um die Umwelt- und Gesundheitsschäden, die die Autohersteller da mutwillig erzeugt haben. Es kann nicht sein, dass dafür die Steuerzahler:innen aufkommen müssen.
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