Auf großes nationales und internationales Interesse stieß der Simon-Wiesenthal-Preis 2022. Der im Jahr 2021 auf Initiative von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka ins Leben gerufene Preis wird jährlich an bis zu drei Personen oder Personengruppen vergeben.
Insgesamt wurden dieses Jahr 263 Bewerbungen aus 33 Ländern weltweit beim Nationalfonds eingereicht, darunter neben nationalen und europäischen Projekten Einreichungen aus Israel, den USA, Argentinien, Peru und Südafrika. Dies seien viele starke Zeichen weltweit im Kampf gegen Antisemitismus und für Aufklärung über den Holocaust, betonte Sobotka. Die Bekanntgabe der Preisträgerinnen und Preisträger findet am 13. März 2023 im Rahmen einer Veranstaltung im Parlament statt.
Simon Wiesenthal (1908-2005) hat die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus weltweit geprägt. Seit dem Tag seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen machte er es sich zur Lebensaufgabe, an die Opfer des Naziterrors zu erinnern. Der Preis soll das Andenken an den Architekten, Publizisten und Schriftsteller Simon Wiesenthal ehren.
Sobotka: Ehrung der Zeitzeug:innen ein besonderes Anliegen
Ein besonderes Anliegen war der Jury und Sobotka die Ehrung der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die für den Preis vorgeschlagen wurden. Das Erzählen ihres Erlebten sei das eindrücklichste und bedeutendste Zeugnis in der Aufarbeitung des Holocaust und im Engagement gegen Antisemitismus. Folgende Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sollen eine besondere Wertschätzung erfahren und bei der Veranstaltung geehrt werden: Wanda Albińska (Polen), Lucia Heilman (Österreich), Tswi Herschel (Israel) und Jackie Young (Großbritannien).
Einreichungen sowie Nominierungen waren über das Onlinebewerbungsformular auf der Simon-Wiesenthal-Preis-Website www.wiesenthalpreis.at in deutscher und englischer Sprache möglich. Die Vergabe des Simon-Wiesenthal-Preises erfolgt in den Kategorien zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus (7.500 €) und zivilgesellschaftliches Engagement in der Aufklärung über den Holocaust (7.500 €). Darüber hinaus wird ein Hauptpreis als Auszeichnung für besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Aufklärung über den Holocaust vergeben, der mit 15.000 € dotiert ist.
Schnurbein würdigt zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Shoah-Gedenken
"Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Shoah-Gedenken kann nicht überschätzt werden", würdigt Katharina von Schnurbein, Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission und Vorsitzende der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury, die eingereichten Initiativen. "Es braucht viel Zeit, Durchsetzungsvermögen und einen langen Atem." Der Simon-Wiesenthal-Preis trage zu ihrer Sichtbarkeit bei. Außerdem biete die Verleihung den Projektträgern eine Chance zur Vernetzung, betonte Schnurbein.
Zuständig für die Vergabe des Preises ist der beim Nationalrat eingerichtete Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, wobei das vom Nationalratspräsidenten bzw. der Nationalratspräsidentin geleitete Kuratorium auf Basis eines Vorschlags einer sechsköpfigen Jury entscheiden wird. Die Nominierten werden in alphabetischer Reihenfolge angegeben.
Nominierungen für den Hauptpreis
Dieses Jahr nominiert für den Hauptpreis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für Aufklärung über den Holocaust wurden von der Simon-Wiesenthal-Preis-Jury folgende Projekte: Das spanische Dorf Castrillo Matajudios – was übersetzt "Camp Kill Jews" heißt – habe seinen Namen nach einem Referendum und der Zustimmung der Regionalregierung offiziell wieder in den vor 1632 benutzen Namen Castrillo Mota de Judios ("Judenhügel-Camp") geändert. Das etwa 50 Einwohner:innen umfassende Dorf hatte im vergangenen Jahr für die Namensänderung gestimmt, erklärte die Jury.
Weiters wurde LIKRAT nominiert, ein Dialogprojekt, das jüdische und nicht-jüdische Jugendliche zusammenbringt. In Workshops und Seminaren werden jüdische Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren ausgebildet, um an nicht-jüdische Schulen zu gehen und von ihrer jüdischen Identität, Religion, Israel, jüdischer Geschichte und der Shoah zu erzählen. Dabei entstehe ein offener Dialog über das Judentum von "Peer to Peer", bzw. von Jugendlichen zu Jugendlichen. Die Kommunikation zwischen Gleichaltrigen führe dazu, dass stereotype Wahrnehmungen abgebaut und Tabus und Missverständnisse angesprochen werden können, begründete die Jury die Nennung.
Zu den Nominierten zählt auch das Schwedische Komitee gegen Antisemitismus, das sich seit 25 Jahren für die Verhinderung und Bekämpfung von Antisemitismus durch Information und Aufklärung einsetzt. Die Organisation sei als NGO unabhängig von allen politischen und religiösen Gruppen und eine der wenigen Organisationen, die sich in Schweden mit dem Thema befassen, begründet die Jury. Das Komitee verfolge kontinuierlich die öffentliche Debatte und die Medien, es leiste wichtige Aufklärungsarbeit und stelle Informationen, Fachvorträge und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung.
Zikaron BaSalon ("Gedenken im Wohnzimmer") ist eine israelische Initiative, bei der Privatpersonen in ihre Wohnzimmer einladen und Shoah-Überlebenden die Möglichkeit geben, ihre Erinnerungen zu teilen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Die persönliche Begegnung in Wohnzimmern schaffe ein Umfeld, das es Überlebenden oft erstmals möglich macht, über ihre Erinnerungen zu sprechen, so die Jury.
Preis für Engagement gegen Antisemitismus
Für den weiteren Preis für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus wurde von der Jury unter anderen der Verein für Demokratie und Information DEIN e.V. vorgeschlagen. Der Verein engagiert sich seit 2017 im Kampf gegen Antisemitismus, Geschichtsverzerrung und Hasspropaganda. Zu den Nominierten zählen ebenso die Europäische Janusz-Korcazk-Akademie – dabei handelt es sich um eine jüdische Bildungseinrichtung in Deutschland – sowie Professor Mohammed S. Dajani, der einen wesentlichen Beitrag zur historischen Bewusstseinsbildung leistet.
Preis für Aufklärung über den Holocaust
Die Nominierungen für zivilgesellschaftliches Engagement für Aufklärung über den Holocaust waren ebenso vielfältig. Unter anderen wurde Waltraud Barton nominiert. Der von Barton gegründete Verein IM-MER hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Gedenken an die über 10.000 im Zweiten Weltkrieg nach Minsk und Maly Trostinec deportierten und im Großraum Minsk ermordeten Österreicher:innen zu bewahren.
Von der Jury empfohlen wurden auch der Verein für aktive Gedenk- und Erinnerungskultur sowie der Verein Zweitzeugen. Das Zweitzeugen-Konzept sensibilisiert Menschen für Antisemitismus und Rassismus. Vor allem junge Menschen sollen ermutigt werden, die Lebensgeschichten der Zeitzeug:innen als zweite Zeug:innen weiterzugeben. (Schluss) gla
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