Tag der Migration am 18. Dezember: Rotkreuz-Suchdienst vereint getrennte Familien

Auf der Flucht nach Europa verlieren viele Menschen den Kontakt zu ihrer Familie in der Heimat. Andere werden von ihren Verwandten, mit denen sie unterwegs waren, getrennt. Mehr als 18.000 Kinder sind in Europa zwischen 2018 und 2020 auf der Flucht verschwunden. „Nicht zu wissen, was mit Angehörigen passiert ist, reißt ein großes Loch in Familien. Die Ungewissheit quält die Betroffenen oft jahrelang. Der Suchdienst des Roten Kreuzes hilft seit über 150 Jahren, Familienangehörige, die aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder durch Flucht getrennt wurden, wieder miteinander in Kontakt zu bringen“, sagt Claire Schocher-Döring, Leiterin der Suchdienst-Abteilung beim Österreichischen Roten Kreuz. Sie erklärt: „Es ist nicht immer einfach, den Kontakt wiederherzustellen, vor allem, wenn die eigene Familie ebenfalls nicht mehr in der ursprünglichen Heimat lebt. Diese Suche kann sich durchaus auch über drei Kontinente erstrecken – etwa Europa, Asien und Afrika. Jedes Jahr werden rund 500 Suchanträge beim österreichischen Suchdienst gestellt.“ 

Plattform „Trace the Face“ nach Hacker-Angriff wieder online 

Ein wichtiger Bestandteil des internationalen Rotkreuz-Suchdienstes ist das “Trace the Face“-Netzwerk. Auf der Online-Plattform veröffentlichen Rotkreuz-Gesellschaften Fotos von Menschen, die ihre Angehörigen suchen. Inzwischen beteiligen sich 35 nationale Gesellschaften und Delegationen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) aus Europa, Afrika, Asien und Nordamerika an der Initiative. Sie lokalisieren Menschen, tauschen Nachrichten aus, führen Familien wieder zusammen und klären das Schicksal von vermissten Personen. Nach einem Hacker-Angriff auf das IKRK im Jänner dieses Jahres wurde das Programm vorübergehend abgeschaltet, um die sensiblen Daten zu schützen.

„Ein Angriff auf die Daten vermisster Personen macht die Ängste und das Leid der Familien noch schwerer zu ertragen. Dass diese humanitären Informationen ins Visier genommen wurden, ist entsetzlich. Umso erfreulicher ist es, dass anlässlich des Internationalen Tages der Migration am 18. Dezember das IKRK seine Kampagne zu Trace the Face wieder aufnehmen kann“, so die Suchdienst-Expertin. 

„Trace the Face“ ist öffentlich zugänglich, jede und jeder kann Hinweise geben und bei einem Treffer über das Rote Kreuz Kontakt aufnehmen. 2021 konnten über „Trace the Face“ 43 Familien wiedervereint werden. „Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, Menschen wieder mit ihren Liebsten zusammenzuführen“, sagt Claire Schocher-Döring. 

Ein Fall blieb ihr ganz besonders in Erinnerung: Eine siebenköpfige Familie musste aus Afghanistan fliehen. An der türkischen Grenze kam es zu einem Handgemenge – die Familie wurde von ihrer ältesten Tochter getrennt. Aufgrund der Gefahrenlage musste Familie G. ohne sie weiterreisen und fand schließlich in Österreich Zuflucht. Der Vater wandte sich an den Rotkreuz-Suchdienst, der sein Portraitfoto auf „Trace the Face“ veröffentlichte. Immer wieder unternahm die Familie Anstrengungen, um die vermisste Tochter zu finden. Drei Jahre vergingen, als plötzlich die erlösende Nachricht beim Suchdienst eintraf: „Das ist mein Papa!“, meldete sich die verschwunden geglaubte Tochter per Telefon, die das Gesicht ihres Vaters auf der „Trace the Face“-Homepage gefunden hatte. Sie war inzwischen erwachsen geworden. Familie G. gewann nicht nur eine Tochter zurück – sondern auch ein neugeborenes Enkelkind. 

Wie funktioniert „Trace the Face“? 

In Österreich betreffen durchschnittlich zwei Drittel der Fälle aktuelle Konflikte und Migrationsbewegungen – in jedem 10. aktuellen Fall ist die Suche erfolgreich. Der erste Schritt, um mittels des Suchdienstes vermisste Angehörige wiederzufinden, ist die Kontaktaufnahme zur jeweiligen Rotkreuz-Gesellschaft. Gemeinsam werden dann Informationen über die vermisste Person gesammelt und protokolliert. Schocher-Döring: „Wir begleiten die suchenden Angehörigen bei jedem Schritt und tun alles in unserer Macht Stehende, um sie wieder mit ihrer Familie zu vereinen. Trace the Face ist ein kostenloses Angebot und steht jedem und jeder zur Verfügung – ganz unabhängig von Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltstitel.“ 

Fotos: Link

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