Nationalrat verabschiedet sich mit Fristsetzungsbeschlüssen aus der Hofburg

Mit der Annahme mehrerer Fristsetzungsanträge hat der Nationalrat die letzte Plenarwoche in diesem Jahr beendet. Unter anderem stimmten die Abgeordneten auf Initiative von ÖVP und Grünen mehrheitlich dafür, dem Budgetausschuss für die Beratungen über das Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz eine Frist bis zum 30. Jänner 2023 zu setzen. Damit ist sichergestellt, dass der Gesetzentwurf der Koalitionsparteien auf die Tagesordnung der nächsten regulären Nationalratssitzung kommt. Konkret ist geplant, den Ländern einen einmaligen Zweckzuschuss von 450 Mio. € zur Verfügung zu stellen, um Privathaushalte bei der Bewältigung von Wohn- und Heizkosten zu unterstützen.

Die gleiche Frist gilt für geplante Novellierungen des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes und des Gaswirtschaftsgesetzes. Dabei geht es zum einen um Haftungsübernahmen des Finanzministers in der Höhe von 102 Mio. € für EU-Finanzhilfen für die Ukraine und zum anderen um die Umsetzung von EU-Vorgaben in Bezug auf die Zertifizierung von Speicheranlagenbetreibern. Auch über die von Bundeskanzler Karl Nehammer in Aussicht gestellten weiteren Energiehilfen für Unternehmen soll der Budgetausschuss bis Ende Jänner beraten. Dazu liegt allerdings noch kein konkreter Entwurf, sondern lediglich ein inhaltsleerer Antrag auf Änderung des U nternehmens-Energiekostenzuschussgesetzes vor. Ebenfalls noch ohne konkreten Inhalt ist eine von den Koalitionsparteien beantragte Novelle zum Stromkostenzuschussgesetz, für deren Vorberatung dem Wirtschaftsausschuss eine Frist bis 8. Jänner 2023 gesetzt wurde.

Sobotka: Tätigkeit des Nationalrats im Ausweichquartier verlief reibungslos

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka nahm die aller Voraussicht nach letzte Sitzung des Nationalrats in der Hofburg zum Anlass für einen kleinen Rückblick und erinnerte daran, dass der Prozess zur Sanierung des historischen Parlamentsgebäudes bereits 2010 unter der zu früh verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer begonnen hat. 2017 sei dann unter seiner Vorgängerin Doris Bures die Übersiedlung in das Ausweichquartier erfolgt. Es sei gelungen, die Hofburg und die anderen genutzten Räumlichkeiten so für das Parlament zu adaptieren, dass der Nationalrat auch in Corona-Zeiten seine Arbeit ungebrochen habe fortsetzen können, betonte er. Dazu habe auch das hohe Engagement der Mitarbeiter:innen der Parlamentsdirektion beigetragen, deren Arbeit, so Sobotka, beispielgebend sei. Das Österreichisches Parlament sei für viele ein Leitbetrieb.

Auch bei den Abgeordneten bedankte sich Sobotka für ihre Arbeit, wobei er stellvertretend die SPÖ-Abgeordnete Nurten Yilmaz hervorhob, die gestern ihre Abschiedsrede gehalten hat. Yilmaz habe das Ideal einer Abgeordneten verkörpert, tief verwurzelt im Wahlkreis und engagiert im Parlament, sagte er. Er gab zudem seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Übersiedlung ins historische Parlamentsgebäude auch als Chance gesehen wird, Emotionen aus der Debatte zu nehmen und einander bei aller Schärfe der Diskussion mit Respekt zu begegnen. Auch leise Selbstkritik ließ der Präsident in diesem Zusammenhang anklingen. Ausdrücklichen Dank sprach Sobotka überdies den Fernsehzuschauern und den Besucher:innen aus, die dem Parlament auch im Ausweichquartier "die Treue gehalten haben".

Ab Mitte Jänner wird der Nationalrat wieder im historischen Parlamentsgebäude tagen. Nach dem feierlichen Festakt zur Eröffnung am 12. Jänner sind am 14. und 15. Jänner Tage der offenen Tür geplant.

FPÖ will Abwahl von Nationalratspräsident Sobotka ermöglichen

Davor hatte der Nationalrat in einer Ersten Lesung über eine von der FPÖ beantragte Verfassungsnovelle diskutiert, mit der sich nun der Verfassungsausschuss beschäftigen wird. Ziel der Initiative ist es, eine Abwahl der Nationalratspräsident:innen zu ermöglichen, wobei Abgeordnete Susanne Fürst und ihre Fraktionskolleg:innen insbesondere den amtierenden Präsidenten Wolfgang Sobotka im Visier haben. Er hat sich ihrer Meinung nach für das Amt als ungeeignet erwiesen. Unter anderem wirft die FPÖ Sobotka eine parteiische Vorsitzführung im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss und "absolutistisches" Gehabe in Zusammenhang mit der künstlerischen Ausgestaltung des sanierten Parlamentsgebäudes vor (siehe dazu auch Parlamentskorrespondenz Nr. 1453/2022).

Heute bekräftigte Fürst die bereits am Dienstag im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte geäußerte Kritik an Sobotka und hielt ihm vor, sich zum Ende seiner politischen Karriere "Denkmäler setzen" zu wollen. Durch seine Vorgehensweise sei der jahrelange Konsens zwischen den Fraktionen in Bezug auf die Parlamentssanierung "flöten gegangen", beklagte sie. Zudem fällt Sobotka ihr zufolge auch mit "überbordenden Reisen" auf. Seine Außenwirkung schlage sich negativ auf das Parlament nieder.

Eine Mehrheit für den Antrag der FPÖ zeichnet sich allerdings nicht ab. Sowohl ÖVP und Grüne als auch die anderen Oppositionsparteien halten wenig davon, eine Abwahl des Präsidenten bzw. der Präsidentin des Nationalrats zu ermöglichen. Es habe einen guten Grund, warum der Präsident nicht absetzbar sei, sagte etwa Agnes Sirkka Prammer (Grüne) und wies in diesem Zusammenhang auf die Geschichte und die Bedeutung der Funktionsfähigkeit des Nationalrats hin. Ihrer Meinung nach ist das Amt "zu wertvoll", um es für tagespolitische Debatten "zu missbrauchen".

Auch SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried will trotz einer kritischen Beurteilung der Amtsführung Sobotkas am bestehenden System nicht rütteln. Dieses habe sich "seit Jahrzehnten bewährt" und müsse nicht wegen einer Person geändert werden, sagte er: "Die parlamentarische Demokratie hält einige Jahre Sobotka aus." Seiner Meinung nach sollte der Nationalratspräsident aber selbst überlegen, ob er für das Amt geeignet sei. Schließlich würde ihm von vielen Seiten vorgeworfen, dass ihm Parteiinteressen wichtiger seien als die Interessen des Parlaments und die Interessen von Regierungsmitgliedern Vorrang vor den Interessen der Abgeordneten hätten.

Seitens der ÖVP verwies Kurt Egger auf die Rede seines Fraktionskollegen Wolfgang Gerstl am Dienstag und bekräftigte, genauso wenig, wie es 2012 eine "Lex Graf" gegeben habe, werde es nun eine "Lex Sobotka" geben. Es gebe keine Notwendigkeit, an den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen etwas zu ändern. Die Sorgen der FPÖ seien unbegründet, ist Egger überzeugt, Sobotka führe das Haus "mit großer Umsicht und überparteilich".

Die NEOS meldeten sich in der Debatte nicht zu Wort. NEOS-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak hatte sich aber bereits bei der Geschäftsordnungsdebatte am Dienstag gegen eine Änderung der Verfassung ausgesprochen und gemeint, es sei wichtig, dass der Präsident bzw. die Präsidentin des Nationalrats unabhängig im Vorsitz agieren könne.

Bericht des Petitionsausschusses zur Kenntnis genommen

Mehrheitlich zur Kenntnis genommen haben die Abgeordneten einen Bericht des Petitionsausschusses über verschiedene Bürgeranliegen. Unter anderem standen Petitionen zum Ausbau der Kinderbetreuung, zur Förderung von Jugendherbergen, zum Weiterbau der Südostautobahn (A3) und zum Lärmschutz entlang von Bahnstrecken in und um Klagenfurt und Villach zur Diskussion. Eine Bürgerinitiative hatte zum Ziel, die Gemeinde Gries am Brenner vom Transitverkehr zu entlasten.

Der Petitionsausschuss hat zu den Anliegen Stellungnahmen der zuständigen Regierungsmitglieder und anderer Stellen eingeholt sowie in Bezug auf die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf eine ganztägige, ganzjährige und beitragsfreie Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag ein Hearing abgehalten. Die Opposition kritisierte in der Debatte erneut, dass einzelne Initiativen nicht den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden.

Ausschussobmann Michael Bernhard (NEOS) zeigte sich optimistisch, dass es in absehbarer Zeit gelingen wird, den Petitionsausschuss weiterzuentwickeln. Dazu haben ihm zufolge heute Gespräche zwischen den Fraktionen stattgefunden. Auch Grün-Abgeordneter Hermann Weratschnig hält eine Weiterentwicklung für "ein Gebot der Stunde" und hofft auf einen Konsens. (Schluss Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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