Komplexe Aufgaben: Acht rot-weiß-rote Berufs-Asse auf der Jagd nach Gold

Seit heute wird im Messezentrum Salzburg mit Hochdruck gehobelt, geschnitten und getüftelt: 97 Fachkräfte (keine Lehrlinge) aus 36 Nationen kämpfen bis inklusive Samstag bei der Berufsweltmeisterschaft WorldSkills in sieben Bewerben um Gold, Silber und Bronze.

Das große Finale in der Mozartstadt hat bereits am ersten der drei Wettbewerbstage rund 10.000 Fans angelockt. Begeisterung und Euphorie der WM-Anhänger aus aller Welt werden von den acht österreichischen Assen nur eingeschränkt wahrgenommen. Ihre Konzentration ist ganz auf die fordernden Aufgaben gerichtet.

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Steirischer Hochbauer: Ziegelwerk mit Fußball-Logo

So muss der steirische Hochbauer Kilian Lupinski – im Kampf gegen 18 internationale Teilnehmer – komplexe Ziegelwerke errichten: Der Feldbacher, der bei Karl Puchleitner beschäftigt ist, mauert am Starttag ein dem Austragungsland gewidmetes „AT“ sowie an Tag zwei das Logo des österreichischen Fußballbundes in ein präzises Mauerwerk. Am Samstag muss der Oststeirer bei der Gestaltung der Jahreszahl „2022“ Feingefühl für spezielle Klinkerziegel und Gasbetonsteine beweisen. „Es ist entscheidend, die Pläne richtig zu interpretieren und detailliert in die Realität zu übersetzen. Schnelligkeit und maximale Präzision sind ausschlaggebend, jede Handbewegung muss sitzen. Die Aufgaben sind nur zu bewältigen, wenn die Planung exakt ist – und ein kühler Kopf über die gesamte WM bewahrt wird“, erklärt Roland Mittendorfer. Der Oberösterreicher (aus Eferding) ist „Chief Expert“ der Hochbauer, für die regelkonforme Durchführung des WM-Bewerbs sowie mit seinen internationalen Kollegen für die Punktevergabe verantwortlich, die einem strikten Regulativ folgt.

Niederösterreichische Betonbauer unter Hochdruck

Vom kühlen Kopf kann das Betonbau-Duo Jonas Schulner aus Groß Gerungs und Oliver Waily aus Waldenstein (beide arbeiten bei Leyrer + Graf) nur träumen: Ihr Bewerb hat gerade erst begonnen, die Niederösterreicher hämmern aber schon, als gäbe es kein Morgen. Die beiden müssen bis Samstag einen großen Unterzug und einen Bewehrungskorb errichten. Aktuell sind sie mit dem Aufbau einer aufwändigen Wandschalung beschäftigt. Dabei müssen sie unterschiedliche Mauerstärken, Abstufungen und Winkel sowie eine Rohrdurchführung realisieren. Einen Teil müssen sie anschließend sogar betonieren und in die Oberfläche dieses Mauerstücks ein Yin-Yang-Symbol einarbeiten. Klingt komplex – und ist es auch. Erst recht, weil Schulner und Waily sowie ihre internationalen Mitstreiter unter enormem Zeitdruck stehen, denn heute um 16 Uhr kommt der Betonpumpenwagen – egal, ob die Schalung steht, oder nicht.

Elektrotechniker automatisiert Kleingewerbe-Steuerung

Unter Strom steht auch der steirische WM-Starter Christoph Rumpler – nicht nur berufsbedingt: Denn der Elektrotechniker aus Gnas bekommt es mit einer kombinierten Automatisierung aus industrieller Steuerung und „Smart Home“ zu tun. Heißt: Die 23 weltbesten Fachkräfte – von den Philippinnen über die Vereinigten Arabischen Emirate bis zu Indien und Korea – automatisieren Beschattung, Lichtsystem und Motorensteuerung einer Maschine. Die „Smart Home“-Regelung muss via IP-Protokoll mit der SPS-Steuerung der Maschine interagieren. „Das Beispiel ist einem kleineren Gewerbebetrieb nachempfunden, der mit Hilfe der hochautomatisierten Prozesse Energie sparen soll“, erklärt der Schweizer Experte Adrian Sommer. Drei Tage bleiben Rumpler & Co., um die Aufgabe zu bewältigen. Zu einem jetzt noch nicht bekannten Zeitpunkt erfolgt eine überraschende Planänderung: „Auch im echten Leben entscheiden sich Kunden oft kurzerhand um“, sagt Sommer.

Salzburger Lokalmatador sucht Fehler bei tonnenschweren Fahrzeugen

Der Arbeitsplatz der Land- und Baumaschinentechniker, wo der Salzburger Lokalmatador Kilian Wallner aus St. Johann im Pongau (er arbeitet bei Liebherr Österreich) antritt, ist nicht zu übersehen: Die riesigen Traktoren, Bagger und Straßenwalzen nehmen eine ganze Halle ein. „Bitte während der Arbeit keine Videoaufnahmen“, weist Chefexperte Thomas Murphy aus Irland eine Besucherin freundlich, aber bestimmt hin. Hier dreht sich nämlich alles um die Fehlersuche. Jeder Hinweis könnte einem Teilnehmer unerlaubte Vorteile verschaffen. Elektrik, Hydraulik, Antriebsstrang, Lenkung, Motor: Überall sind Problemquellen versteckt, die die Teilnehmer aufspüren müssen. Für die sechs Aufgaben sind jeweils drei Stunden Zeit. Knapp, aber zu schaffen, meint Murphy.

Tiroler Chemikerin zerlegt Medikamente

Auch bei der Chemie-Labortechnik sind die Aufgaben eng getaktet. „Das muss so sein: Die Leute sind alle saugut“, sagt Hans-Thomas Schacht, der österreichische Experte. Er ist zugleich Trainer der Tirolerin Caroline Pahle (die Jenbacherin ist bei Novartis beschäftigt). Hier werden Medikamente zerlegt, Inhaltsstoffe analysiert, Verunreinigungen gemessen und Berechnungen angestellt. „Ich schätze, dass mindestens die Hälfte der Teilnehmer nicht mit allen Aufgaben fertig wird“, sagt Schacht. Geschwindigkeit ist also wichtig, aber längst nicht alles: Neben analytischer Genauigkeit entscheiden auch fachgemäßes und sicheres Handling der Geräte und Chemikalien über die Medaillen.

Anlagenelektriker aus Oberösterreich entwirft Produktionsanlage

Noch ist an der Wand hinter dem oberösterreichischen Anlagenelektriker Philipp Bruckner – der Aschacher arbeitet bei der voestalpine – nichts zu sehen. Heute Abend soll dort dann im Maßstab eine komplette Industrieproduktionsanlage aufgebaut sein. Mit einem getakteten Teiledurchlauf und mehreren Bearbeitungsstationen. Die im Projekt vorgegebenen Einzelteile sollen vollautomatisch transportiert, sortiert und erhitzt, Löcher gebohrt und Elemente herausgestanzt werden. „Morgen geht es ans Verkabeln der Anlage“, sagt der österreichische Experte Max Meusburger, und am dritten Tag müssen die WM-Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Anlage dann programmieren. Meusburger: „In zwei zusätzlichen Modulen geht es außerdem darum, einen Elektroplan zu erstellen und auf einem vorgegebenen Plan anhand einer Funktionsbeschreibung Fehler zu identifizieren.“

Kostenfreier Eintritt

Live dabei zu sein, ist jederzeit möglich: Der Eintritt ins Messezentrum Salzburg ist am Freitag von 9 bis 17 Uhr offen. Am finalen Samstag ist der Start ebenfalls um 9 Uhr. Die ersten WM-Bewerbe enden ab 12 Uhr, die letzten gegen 17 Uhr. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist kostenfrei. Ob weitere Medaillen hinzukommen, erfährt das Team Austria bei der Medaillenverleihung am Sonntag (von 16 bis 18 Uhr, hier im Livestream).

Bereits neun Medaillen für Österreich

Bis dato konnte Rot-Weiß-Rot neun Mal bei dieser Berufs-WM anschreiben: Mit fünf Mal Gold und je zwei Mal Silber und Bronze sowie 17 „Medallions for Excellence“ (werden für besonders gute Leistungen nach dem Podest vergeben) liegt Österreich im EU-Vergleich aktuell sensationell auf dem zweiten Platz. (PWK482/HSP)

Medaillenbilanz von Österreich bei dieser WM (Stand: vor den Bewerben in Salzburg)

Gold: Christoph Pessl; Steiermark; Maler

Gold: Alexander Gfellner; Oberösterreich; Fliesenleger

Gold: Florian Bliem; Tirol; Sanitär- und Heizungstechnik

Gold: Anna Karina Feldbauer; Oberösterreich; Steinmetz

Gold: Nicola Hochegger; Steiermark; Floristik

Silber: Lukas Schwärzler; Vorarlberg; Maschinenbautechnik

Silber: Patrick Danninger; Oberösterreich; Kälte- und Klimatechnik

Bronze: Lucas Dolinar; Vorarlberg; Maschinenbau-CAD

Bronze: Wolfgang Ramminger; Steiermark; Bautischler 

Bildmaterial

Aktuelles Bildmaterial ist auf folgenden Flickr-Kanälen abrufbar und für Pressezwecke unter Nennung der Bildrechte (WKÖ/SkillsAustria/Florian Wieser bzw. WorldSkills) kostenfrei verwendbar.

 Weitere Informationen zu den Berufswettbewerben finden Sie auf unserer

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