Mit ihrer Fachtagung zum Thema „Islamgesetz 2015 – Ein Best Practice Modell?“ hat die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) am 21. November 2022 einen Rahmen für offene Diskussionen unterschiedlicher Expert*innen zur inadäquaten Zusammenfassung zweier Religionsgesellschaften in einem einzigen Religionsgesetz, zu im Raum stehenden Eingriffen in das Grundrecht auf Religions- und Vereinigungsfreiheit und die inneren Angelegenheiten der IGGÖ sowie ihre Schlechterstellung gegenüber anderen Kirchen und Religionsgesellschaften geschaffen.
Die Debatte zur Änderung des Islamgesetzes 2015 und dessen Novellierung 2021 wurde von kritischen Stimmen innerhalb und außerhalb der muslimischen Gemeinschaft begleitet. So wies etwa Stefan Schima von der Universität Wien darauf hin, dass das Islamgesetz Regelungen und Verwaltungsstrafbestimmungen enthält, die durchaus singulär in der religionsrechtlichen Landschaft Österreichs sind.
IGGÖ-Präsident Ümit Vural betonte in seiner Ansprache bestehende Herausforderungen nicht in Abrede stellen zu wollen. Es ginge aber darum, adäquate Maßnahmen konstruktiv auf partnerschaftlicher Basis zu formulieren, „im bewährten Kooperationsmodell zwischen Staat und Religionen, auf das wir in Österreich sonst so stolz blicken.“
Einen Paradigmenwechsel im staatlichen Umgang mit Religionen und den von Misstrauen gekennzeichneten Grundton im Islamgesetz konstatierte auch der Evangelische Bischof Michael Chalupka. Alarmierend sei vor allem die inadäquate Einbindung der IGGÖ in den Novellierungsprozess für grundsätzlich alle Religionsgemeinschaften im Land: Aus der Abschaffung des Karfreitags als Feiertag wisse die Evangelische Kirche, „dass Einbeziehung nicht immer Dialog heißt und schon gar nicht Einigung“, so Chalupka.
Eine Expert*innenkommission soll nun innerhalb eines Jahres die Ergebnisse aus der Fachtagung aufarbeiten und der Bundesregierung konkrete Verbesserungsvorschläge präsentieren. Die Inhalte der Fachtagung werden zudem in einer Publikation veröffentlicht.
„Unsere beständige Aufgabe als Glaubensgemeinschaft ist es sicherzustellen, dass Muslim*innen in Österreich ihre Religion entsprechend der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Religionsfreiheit praktizieren können,“ so Vural. Um ihren gesetzlichen Auftrag adäquat ausführen und eine Unabhängigkeit vom Ausland garantieren zu können, müsse die IGGÖ jedenfalls mehr Unterstützung vom Staat erfahren, ergänzte Murat Özdemir, Mitglied im Obersten Rat.
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