Die parlamentarischen Beratungen über das Budget 2023 sind abgeschlossen. Nach insgesamt zehntägigen Verhandlungen stimmte der Nationalrat heute Abend für den von der Regierung vorgelegten Haushaltsentwurf und den neuen Bundesfinanzrahmen. Zuvor waren von den Abgeordneten noch einige Abänderungen vorgenommen worden. Das betrifft etwa die von Wissenschaftsminister Martin Polaschek angekündigten zusätzlichen 150 Mio. € für die Universitäten und erwartete Zusatzausgaben durch das derzeit in Begutachtung befindliche Medienpaket. Außerdem wurde die am Dienstag beschlossene Novelle zum Glücksspielgesetz, die eine Erhöhung der Bundessportförderung bringt, im Budget nachvollzogen. Im Bundesfinanzrahmen schlägt sich auch die vereinbarte Verdoppelung der Investitionszuschüsse für die Gemeinden auf 1 Mrd. € nieder.
Die Beschlüsse fielen jeweils mit den Stimmen von ÖVP und Grünen. Lediglich die Budgets der Präsidentschaftskanzlei, der Volksanwaltschaft, des Rechnungshofs und der Höchstgerichte erhielten in Zweiter Lesung auch die Unterstützung der SPÖ und der NEOS. Zudem nahm das Plenum zwei Entschließungsanträge an: Zum einen fordert der Nationalrat von der Regierung, basierend auf einer Initiative der SPÖ, ein vollumfassendes Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention ein. Zum anderen geht es um vierteljährliche Fortschrittsberichte des Finanzministers in Bezug auf die Umsetzung des Aufbau- und Resilienzplans.
Durch die vorgenommenen Änderungen im Bundesfinanzgesetz 2023 steigen die für das kommende Jahr veranschlagten Ausgaben um 75,34 Mio. € auf 115,2 Mrd. €. Davon entfallen 40 Mio. € auf die Erhöhung der Bundessportförderung und 35,34 Mio. € auf das geplante Medienpaket, das neben einer Qualitätsförderung für Medien auch ein neues Geschäftsmodell für die Wiener Zeitung inklusive der Einrichtung eines "Media Hub Austria" und einer elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform (EVI) vorsieht. Die den Universitäten zugesagten zusätzlichen 150 Mio. € wurden in Form einer Überschreitungsermächtigung im Gesetz verankert. Gedacht sind sie zur Abdeckung direkter und indirekter Energiekosten, insbesondere für energieintensive Universitäten. Auf der Einnahmenseite (98,1 Mrd. €) ändert sich durch den von den Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrag nichts, daher erhöht sich das für 2023 veranschlagte Defizit auf 17,1 Mrd. €.
Nachvollzogen werden diese Änderungen auch im Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026. Damit steigt etwa die Ausgabenobergrenze für die Rubrik Bildung, Forschung, Kunst und Kultur im kommenden Jahr von 18,58 Mrd. € auf 18,73 Mrd. €. 2024 werden dann die zusätzlichen Investitionszuschüsse für die Gemeinden in der Höhe von 500 Mio. €, und zwar in der Rubrik Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt, schlagend.
Verwenden können die Gemeinden die Gelder laut Budgetbegleitgesetz nicht nur für diverse Bau- und Sanierungsprojekte, etwa die Renovierung von Schulen oder die Errichtung von Radwegen, sondern auch für die Bereitstellung kommunaler Kinderbetreuungsplätze in den Sommerferien 2023, 2024 und 2025. Zudem dürfen sie 5% des ihnen zustehenden Anteils an den Zuschüssen an gemeinnützige oder kirchliche Einrichtungen zur Deckung gestiegener Energiekosten weiterreichen. Grundsätzlich gefördert werden können Projekte, die zwischen Anfang 2023 und Ende 2025 starten, wobei die Bundesförderung maximal 50% der Kosten umfasst.
Budgetschwerpunkte Umwelt, Landesverteidigung und Pflege
Das für das kommende Jahr erwartete Defizit des Bundes in der Höhe von 17,1 Mrd. € entspricht einem Wert von 3,1% des BIP, berechnet nach Maastricht-Kriterien. Für den Gesamtstaat – also Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen miteingerechnet – hat die Regierung ein Minus von 2,9% prognostiziert. Voraussetzung ist, dass die Wirtschaft 2023 trotz der aktuellen Krisen um insgesamt 0,2% weiterhin leicht wachsen wird und die Arbeitslosigkeit nur geringfügig steigt. Die Schuldenquote des Gesamtstaates wird 2023 voraussichtlich bei 76,7% des BIP liegen und soll trotz signifikant steigender Zinszahlungen bis 2026 auf 72,5% sinken.
Zu den Budgetschwerpunkten im kommenden Jahr zählen unter anderem die Stärkung der Landesverteidigung, der Klimaschutz und der Pflegebereich. So ist etwa vorgesehen, deutlich mehr Geld für Umweltförderungen und klimagerechte Investitionen sowie für Beschaffungen des Bundesheers bereitzustellen. Außerdem haben die Regierungsparteien weitere Hilfen für Haushalte und Unternehmen zur Abfederung der aktuellen Teuerung im Ausmaß von mehr als 4 Mrd. € in Aussicht genommen. Auch die Abschaffung der kalten Progression und die Valorisierung vieler Sozial- und Familienleistungen schlagen sich in den Budgetzahlen nieder. Für die COVID-19-Krisenbewältigung hat die Regierung noch Mittel in der Höhe von 2,7 Mrd. € veranschlagt.
Zum Abschluss der Beratungen bat Finanzminister Magnus Brunner um Verständnis dafür, dass der Staat nicht alle Auswirkungen der aktuellen Krisen zu 100% abfedern könne. Schließlich stehe "nicht unendlich viel Geld zur Verfügung". Die Regierung könne aber das Versprechen abgeben, dass der Staat da sei, wenn man ihn brauche, bekräftigte Brunner. Das habe man bereits in Corona-Zeiten bewiesen. Zudem setze die Regierung zahlreiche Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung und zur Sicherung der Energieversorgung und nehme mit dem Budget wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vor.
Seinem Appell an die Abgeordneten, dem Bundesfinanzgesetz mit möglichst breiter Mehrheit zuzustimmen, wollte die Opposition aber nicht folgen. SPÖ, FPÖ und NEOS halten das Budget für wenig zukunftsorientiert und werfen der Regierung einen planlosen Umgang mit Steuergeld vor. Trotz hoher Einnahmen würden die Staatschulden steigen, hatten etwa FPÖ und NEOS im Zuge der Beratungen kritisiert.
Bekenntnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention
Einhellig von den Abgeordneten angenommen wurde eine von den NEOS gemeinsam mit den Koalitionsparteien initiierte Entschließung. Finanzminister Magnus Brunner wird demnach ersucht, dem Nationalrat künftig vierteljährlich zu berichten, welche Maßnahmen Österreich im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans bereits umgesetzt hat und welche budgetären Auswirkungen damit einhergehen. Gemäß den Erläuterungen zum Antrag hat die EU Österreich für die eingemeldeten Projekte und Reformmaßnahmen bereits 450 Mio. € überwiesen, der Gesamtumfang der eingereichten Vorhaben umfasst 4,5 Mrd. €. Insgesamt stellt die EU ihren Mitgliedstaaten mit dem Aufbau- und Resilienzfonds 672,5 Mrd. € an Darlehen und Zuschüssen zur Unterstützung von Reformen und Zukunftsinvestitionen zur Verfügung.
Mehrheitliche Zustimmung gab es überdies für einen Entschließungsantrag der SPÖ. ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS fordern die Bundesregierung damit auf, sich vollumfassend zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutreten. Menschenrechte seien die Säule des Rechtsstaates und unverhandelbar, heißt es in der Initiative.
Abgestimmt hat der Nationalrat darüber hinaus über weitere 41 Entschließungsanträge der Oppositionsparteien, die jedoch in der Minderheit blieben. Die Palette der Forderungen reichte dabei vom Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung über eine Aufnahme von "Klimaterrorismus" in den Verfassungsschutzbericht bis hin zu mehr Budgetmittel für die Universitäten. Gemeinsam traten SPÖ, FPÖ und NEOS für die Aufnahme einer neuen Güterverkehrstrasse nördlich des Wörthersees in den ÖBB-Rahmenplan samt Lärmschutzmaßnahmen und Umfahrungen der Städte Klagenfurt und Villach ein.
SPÖ fordert Verdoppelung der Medizinstudienplätze
Zu den weiteren Anliegen der SPÖ gehörte unter anderem die Erhöhung des Arbeitslosengeldes, die Verdoppelung der Medizinstudienplätze zur Bekämpfung des Ärztemangels, der flächendeckende Ausbau der Primärversorgung in Österreich, der Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung, ein Entlastungspaket für Rettungs- und Sozialorganisationen sowie eine verbindliche Reduzierung chemisch-synthetischer Pestizide. Zudem sprach sie sich für die Erstellung eines jährlichen Berichts über Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich, die beitrags- und steuerfreie Auszahlung des in Aussicht genommenen Gehaltsbonus für Pflegeberufe, eine umfassende sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Menschen mit Behinderungen, die Erhöhung der Budgetmittel für Entwicklungszusammenarbeit sowie transparente gesetzliche Förderkriterien für die ökologische Umrüstung von Industrieanlagen aus.
FPÖ sieht Neutralität durch Zahlungen an die Ukraine verletzt
Gleich 26 Entschließungsanträge hatte die FPÖ im Zuge der dreitägigen Budgetberatungen eingebracht. Ihr ging es unter anderem um ein Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturguts vor Beschädigungen durch Klimaaktivist:innen, die Aufnahme von "Klimaterrorismus" und "Klimaextremismus" in den Verfassungsschutzbericht, die Einbeziehung von Haftinsassen in die gesetzliche Krankenversicherung, den Abschluss von Staatsverträgen zur Forcierung der Haftverbüßung von in Österreich verurteilten Ausländer:innen in ihrem Heimatland, eine verpflichtende Koppelung österreichischer Entwicklungshilfeleistungen an Rückübernahmeabkommen mit den betreffenden Ländern und eine Erhöhung der pauschalen Reiseaufwandsentschädigung für gemeinnützige Sportvereine. Außerdem drängte sie darauf, sämtliche Zahlungen Österreichs an "die Kriegspartei Ukraine", und zwar sowohl bilateral als auch über Finanzierungsmechanismen der EU, einzustellen, um dem Neutralitätsgebot zu entsprechen.
Mehrere Entschließungsanträge zielten darauf ab, die Zuwanderung bzw. den Zustrom von Flüchtlingen nach Österreich einzudämmen. Erreichen will das die FPÖ etwa durch eine Begrenzung der Grundversorgung für Flüchtlinge auf Sachleistungen, eine temporäre Sondersteuer für in den Arbeitsmarkt integrierte Flüchtlinge und sektorale Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt auch für EU-Bürger:innen. Auch eine Pensionsanpassung von mindestens 10%, die Einberechnung von Zulagen und Nebengebühren in das Grundgehalt von Exekutivbeamt:innen, ein Entlastungspaket für die Landwirtschaft, ausreichende Budgetmittel für die Fachhochschulen und für das Aufholen von Lernrückständen von Schüler:innen, die Überarbeitung der "Österreichischen Sicherheitsstrategie" sowie die finanzielle Absicherung des Vereins für Konsumenteninformation durch ein eigenes VKI-Finanzierungsgesetz gehörten zu den Forderungen der Freiheitlichen.
In den Bereichen Wirtschaft und Energie plädierte die FPÖ unter anderem dafür, das "Merit-Order-Prinzip" zur Strompreisfestsetzung umgehend auszusetzen, die gesetzlichen Bestimmungen für touristische Vermieter:innen im Bereich des Gewerbe- und des Einkommensteuerrechts zu überarbeiten und die Wirtschaftskammerbeiträge vorübergehend einzufrieren. Außerdem trat sie für eine behördliche Überprüfung der von den Energielieferanten verlautbarten Grundversorgungstarife ein. Weitere Anliegen der Freiheitlichen betrafen ein "Akut-Finanzierungspaket" des Bundes für die Krankenanstalten in der Höhe von 150 Mio. €, die Offenlegung aller EU-Verträge in Zusammenhang mit COVID-19-Impfstoffbeschaffungen, steuerrechtliche Maßnahmen zur finanziellen Besserstellung von Familien, eine deutliche Aufstockung des österreichischen Beitrags zur European Space Agency (ESA) und die Aussetzung der Vignettenpflicht auf Autobahnen.
NEOS erachten Budgeterhöhung für Universitäten als unzureichend
Die NEOS schlugen vor, ein Sportkonto für Kinder und Jugendliche nach isländischem Vorbild einzuführen, um Bewegung zu fördern. Zudem urgierten sie zusätzliche Budgetmittel für die Universitäten sowie die Einführung eines "Verlustrücktrags". Unternehmen soll damit die Möglichkeit gegeben werden, betriebliche Verluste aus dem Jahr 2022 in die Vorjahre zu verschieben.
Bereits am Dienstag hat der Nationalrat ein umfangreiches Budgetbegleitgesetz und weitere mit dem Budget in Zusammenhang stehende Gesetzesvorlagen verabschiedet. Unter anderem wurden damit die Einrichtung eines neuen Fördertopfs für die Industrie zur ökologischen Umrüstung von Anlagen, die Anhebung diverser weiterer Umweltförderungen und eine längerfristige Absicherung des aufgestockten Heeresbudgets fixiert. Zudem haben die Abgeordneten Verkehrsministerin Leonore Gewessler ermächtigt, künftige Budgets für den Ausbau der Schieneninfrastruktur im Ausmaß von 56,73 Mrd. € vorzubelasten. (Fortsetzung Nationalrat) gs
HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.
Details zum Budget 2023, den Änderungen zu den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten.
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