ÖGK-Huss: Fortschreitende Privatisierung der Gesundheitsversorgung umgehend stoppen!

Transparency International bestätigt für Österreich eine fortschreitende Privatisierung der Gesundheitsversorgung. Die tiefgreifende Kritik von Transparency an der Privatisierung des österreichischen Gesundheitssystems bis hin zu Korruptionsgefahren

bestätigt die Notwendigkeit vieler Änderungsvorschläge der ArbeitnehmerInnen in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) für das österreichische Gesundheitssystem. 

„Den Zugang privater Gesundheitsdiensteanbieter im öffentlichen Gesundheitssystem zu erleichtern war offenbar eines der Ziele der schwarz-blauen Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsorganisationsgesetz. Neben der Strukturveränderung inklusive Entmachtung der

ArbeitnehmerInnen in ihrer eigenen Versicherung und Lohnnebenkostensenkungen für Unternehmen war das Privatisierungsziel schon damals das gefährlichste für uns“, so Andreas Huss, Obmann der ÖGK. 

Die konkrete Umsetzung dieses Zieles ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Die PRIKRAF-Beschlüsse und die Verschiebung von weiteren 17 Mio. Euro Beitragsmittel zu den privaten Krankenanstalten war ja bekanntlich Teil der SV-OG Beschlüsse im Jahr 2018. „Dass der damalige Finanzminister ehemaliger Generaldirektor des Marktführers privater Krankenzusatzversicherungen war, würde dieser sicher als Zufall bezeichnen“, so Huss. 

Trotzdem funktioniere die Gesundheitsversorgung gut, bekräftigt Huss. Immerhin arbeiten rund 8.500 KassenärztInnen in ganz Österreich für einen niederschwelligen und sehr guten Zugang zu hochwertigen Gesundheitsleistungen. Zudem arbeitet der Großteil aller SpitalsärztInnen mit hohem Engagement für alle

Bevölkerungsgruppen gleich engagiert. Bessere Gesundheitsleistungen für Reiche kann man in Österreich nach wie vor ausschließen. Huss: „Ein Privatpatient bekommt keine bessere Herzklappen-OP als ein Normalpatient und er bekommt eine Spenderniere auch nicht schneller. Ein echtes Problem haben wir jedoch bei den Wartezeiten bei machen FachärztInnen oder für planbare Operationen, die immer mehr PatientInnen zu Wahlärzten oder in Privatkliniken bzw. in die Sonderklasse von Spitälern treiben. Die Wartezeiten sind es vor allem auch, die PatientInnen als Zweiklassenmedizin empfinden.“ 

Zusätzlich kommt es immer öfter dazu, dass private Anbieter in problematischem Ausmaß Gesundheitsuntersuchungen bewerben, wie Huss am Beispiel der Magnetresonanztomographie (MRT) ausführt: „Hier wird für privat finanzierte MRT-Untersuchungen geworben, und das in einem Land, in dem die öffentlich finanzierten MRT-Untersuchungen so hoch sind wie nirgends sonst und in dem es mehr zugelassene und ausgelastete Geräte gibt als in den meisten anderen Ländern. Geschäftemacherei, die sehr oft auch mit gefährlicher Angstmache vor möglichen unentdeckten Erkrankungen einher geht.“ 

Wahlarztsystem muss überarbeitet werden 

Immer mehr auf Kosten der SteuerzahlerInnen ausgebildete ÄrztInnen verlassen als Wahlärzte entweder den Pfad der evidenzbasierten Medizin und bieten ihren PatientInnen Privatleistungen an, die weitab jeglicher Evidenz oder einer sinnvollen ökonomischen Bewertung liegen, oder sie entscheiden sich bewusst dafür nur für Menschen da sein zu wollen die sich Wahlärzte leisten können.

Aber auch SpitalsärztInnen sind mancherorts nur mehr zu bekommen, wenn man ihnen eine Möglichkeit gibt, nebenbei eine Wahlarztpraxis zu betreiben. Derzeit sind das rund 5.000 SpitalsärztInnen. Das könne, so Transparency International, auch zu korruptionsähnlichen Vorgehensweisen führen, bei denen

dann gegen Wahlarzthonorar Operationslisten vom zufällig auch im Spital operierenden Arzt verändert werden. „Dazu fordern wir schon lange eine transparente OP-Wartezeitenliste, die mittels transparenter Codierung auch ersichtlich macht, ob jemand vorgereiht wurde. Es wäre außerdem sinnvoll, wenn ÄrztInnen schon neben der Spitalstätigkeit arbeiten wollen, ihnen diese Möglichkeit in einer Kassenpraxis zu bieten“, so Huss. 

Das in letzter Zeit viel diskutierte und in Österreich einzigartige Wahlarztsystem braucht daher eine umfassende Überarbeitung. Wenn ÄrztInnen nicht in einer Kassenpraxis arbeiten wollen oder auch nicht können, aber mit dem öffentlichen Gesundheitssystem zusammenarbeiten wollen, braucht es ein Mindestmaß an Kommunikation mit der öffentlichen Gesundheitsversorgung. WahlärztInnen können den Praxisort, die Öffnungszeiten, die Höhe der Honorare, die angebotenen Leistungen uvm. selbst bestimmen. Huss: „Diese Freiheiten haben KassenärztInnen natürlich nicht und wir können sie ihnen auch nicht anbieten.

Wenn WahlärztInnen aber mit dem öffentlichen System zusammenarbeiten wollen, müssen sie in Zukunft auch mit diesem kommunizieren, denn derzeit ist das Wahlarztsystem für uns eine Black Box. Von den rund 10.000 WahlärztInnen haben nur rund 460 eine E-Card-Anbindung. Die Nutzung von ELGA, des e-Rezeptes, einer für PatientInnen transparenten Onlineabrechnung, bei der ersichtlich ist, welche Wahlarztleistung eine erstattbare Kassenleistung und welche eine reine Privatleistung (Homoöpathie, Bioresonanz, usw.) ist, muss für WahlärztInnen Standard werden. Zudem muss das `Rosinenpicken´, nach dem KassenärztInnen nur den ÖGK-Vertrag kündigen, sich aber die Verträge von BVAEB und SVS und somit diese ausgewählten PatientInnen „auf Kasse“ behalten können, gesetzlich beendet werden. Auch das betrifft derzeit rund 400 ÄrztInnen.“ 

Risikostrukturausgleich würde Leistungsunterschiede nivellieren 

Ein schon lange geforderter Risiko-Strukturausgleich zwischen den drei verbliebenen Kassen würde weitere Leistungsunterschiede nivellieren. Denn derzeit nimmt etwa die BVAEB (ohne die höheren Selbstbehalte) pro Versicherten rund 500 Euro pro Jahr mehr ein als die ÖGK, was auch lt. Transparency

zu unterschiedlichen Leistungen führt. „Auch wenn wir nach wie vor im internationalen Vergleich ein sehr gutes und niederschwelliges Gesundheitssystem haben, sehen wir, und nun auch Transparency, durchaus einige Baustellen, die auch die ArbeitnehmerInnenvertretung in der ÖGK jährlich in ihrem gesundheitspolitischen Programm thematisiert. Einiges davon können wir in der ÖGK selbst regeln. Für vieles brauchen wir aber den Gesetzgeber. Manches können wir auch in den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen regeln“, so Huss abschließend.

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