„Reden Sie mit! Behandlungsfehler“: LBI DHPS startet Crowdsourcing-Projekt

Behandlungsfehler im Gesundheitswesen und deren, oftmals schwerwiegende, Konsequenzen stellen für westliche Gesellschaften eine große Belastung dar – sowohl sozial als auch finanziell. In den USA sind medizinische Fehler mit etwa 250.000 Toten pro Jahr die dritthäufigste Todesursache. In Deutschland kommen Behandlungsfehler bei 1% aller Krankenhausbehandlungen vor. 0,1% aller im Krankenhaus behandelten Patient:innen sterben in Folge eines Behandlungsfehlers – das ist eine:r von 1.000 Patient:innen. Dazu Maria Kletecka-Pulker,

Scientific Host Director des Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety, stellvertretende Leiterin des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin sowie Geschäftsführerin der Österreichischen Plattform Patient:innensicherheit: „Für Österreich gibt es bis heute kaum Zahlen zur Häufigkeit von Behandlungsfehlern sowie wenig öffentlichen Diskurs. Dabei zeigen diverse Entscheidungen des OGH der letzten Jahre, wie relevant ein solcher Diskurs für die Gesundheitspolitik und die Gesellschaft im Allgemeinen wäre.“ 

Auch Gerald Bachinger, NÖ Patient:innen- und Pflegeanwalt, betont die Relevanz des Themas: „Wenn wir uns internationale Studien zu der Epidemiologie von Behandlungsfehlern im Gesundheitssystem ansehen, ist ein großer sogenannter ‚Litigation Gap‘ zwischen dem, was sichtbar wird, und dem, was unsichtbar bleibt, festzustellen. Wir müssen uns anschauen, wie dieser Gap verkleinert werden kann.“ Bachinger nennt beispielsweise eine allgemeine Steigerung der Gesundheitskompetenz und ein neues Patient:innenrecht in Österreich.

Datensammlung über Crowdsourcing

Bis Ende Dezember 2022 sind alle in Österreich lebenden Menschen eingeladen, ihre Erfahrungen und Meinungen zum Thema Behandlungsfehler einzubringen. Die gesammelten Geschichten werden durch Sozialwissenschafter:innen aufbereitet und im Anschluss gemeinsam mit Expert:innen aus den verschiedensten Fachrichtungen diskutiert. Das interdisziplinäre Projektteam setzt sich aus dem Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety sowie Mitgliedern des Österreichischen Patient:innenbeirats zusammen und umfasst so eine Gruppe von Menschen mit sehr unterschiedlichen fachlichen Hintergründen und Erfahrungen. „Ziel ist es, einen öffentlichen Dialog zum Thema Behandlungsfehler anzustoßen, Handlungsempfehlungen für Patient:innen und Gesundheitspersonal zu erarbeiten sowie nachhaltige Veränderungen im Gesundheitswesen zu bewirken“, so Elisabeth Klager, MSc, Administrative Director des Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety. Konkret werden der Bevölkerung im Crowdsourcing vier offene Fragen gestellt sowie verschiedene soziodemographische Merkmale abgefragt. Anlässlich des Starts der Crowdsourcing Phase lud das LBI DHPS zu einem Hintergrundgespräch mit Expertinnen und Experten ein. 

Das Projekt „Reden Sie mit! – Behandlungsfehler“ verfolgt konkret folgende Ziele:

  1. Anstoßen eines öffentlichen Diskurses zum Thema Behandlungsfehler mit dem langfristigen Ziel, einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der bestehenden Fehlerkultur zu leisten sowie Veränderungen im Gesundheitswesen in Richtung einer Erhöhung der Patient:innensicherheit anzuregen,
  2. Beitrag zur Findung einer konsensualen und auch für Patient:innen / Bürger:innen verständlichen und nachvollziehbaren Definition des Begriffs Behandlungsfehler,
  3. Beitrag zur Verbesserung der Kommunikation zwischen Gesundheitspersonal und Patient:innen bei Aufklärungsgesprächen,
  4. Steigerung des Patient Empowerments durch gesteigerte Aufklärung von Patient:innen sowie durch Aufzeigen konkreter Ressourcen, auf die diese im Falle von Behandlungsfehlern zurückgreifen können, sowie
  5. Steigerung des Health Care Professional (HCP) Empowerments in Bezug auf das Themenfeld Behandlungsfehler.

Patient:innen- und Mitarbeiter:innensicherheit gewährleisten

Auch in der Vergangenheit gab es schon zahlreiche wichtige Initiativen zur Erhöhung der Patient:innen- und Mitarbeiter:innensicherheit in Österreich. Das CIRSmedical beispielsweise ist ein anonymes Fehlermeldesystem das Gesundheitspersonal erleichtert aus Fehlern zu lernen. Die Initiative Sicherheit im OP (SIOP) setzt sich verstärkt für die erhöhte Patient:innen- sowie Mitarbeiter:innensicherheit im Rahmen von Operationen ein. Eine weitere Initiative zur Erhöhung der Patient:innensicherheit im Rahmen operativer Eingriffe ist die OP-Sicherheits-Checkliste. In Schadensfällen unterstützen Patient:innenanwaltschaften in der außergerichtlichen Vertretung von Patient:innen, betreiben Aufklärungsarbeit und bieten gesicherte Informationen zu Patient:innenrechten. Trotz dieser und weiterer Initiativen zur Erhöhung der Patient:innensicherheit verursacht das Auftreten von Behandlungsfehlern nach wie vor viel Leid. Dies sowohl auf Patient:innen- und Angehörigenseite, welche als primär Betroffene direkte Folgeschäden erleiden, als auch auf der Seite von Gesundheitsdienstleister:innen. Diese leiden in Folge von Behandlungsfehlern als sogenannte „Second Victims“ oftmals schwer. Hier setzt sich der Verein Second Victim für Betroffene ein. 

Weitere Informationen zu “Reden Sie mit!”:

https://www.patientenbeirat.at/behandlungsfehler/index.php

Weitere Informationen zum Österreichischen Patient:innenbeirat:

https://www.patientenbeirat.at

Weitere Informationen zur Österreichischen Plattform Patient:innensicherheit:

https://www.plattformpatientensicherheit.at

Weitere Informationen zu Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety:

Home

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Ludwig Boltzmann Gesellschaft

ForschungGesellschaftGesundheitGesundheitseinrichtungMedizin
Comments (0)
Add Comment