Blackout-Gefahr: So bleiben die Verteilernetze krisensicher

Droht in Österreich der Blackout? Müssen wir mit einer länger dauernden totalen Zusammenbruch der Stromversorgung rechnen, wie das Krisenberichte in den Medien immer wieder nahelegen?

Das Energiepolitische Hintergrundgespräch des Forum Versorgungssicherheit beschäftigte sich am 11. Oktober 2022 mit dieser Frage und kam zu einer klaren Antwort: „Ein Blackout ist nach Einschätzung aller Experten ein extrem unwahrscheinliches Szenario. Die Gefahr muss aber ernst genommen werden, weil die Folgen, wenn es doch dazu kommt, höchst dramatisch wären“, fasst die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit Brigitte Ederer zusammen.

„Die beste Versicherung gegen einen Blackout sind gut ausgebaute, leistungsfähige Verteilernetze“, ergänzt der Geschäftsführer der Wiener Netze Thomas Maderbacher. In den letzten 20 Jahren wurde viel in die Sicherheit der Verteilernetze investiert, weshalb heute nicht nur das Risiko von Stromausfällen sehr gering ist, sondern auch sichergestellt wurde, dass die Netze rasch wieder hochgefahren werden können, sollte es doch einmal zu einem größeren Störfall kommen. Maderbacher verweist aber auch darauf, dass in den nächsten Jahren hohe Investitionen in den Ausbau der Netze notwendig sein werden: „Wir müssen die Netze ausbauen und technologisch aufrüsten, um das hohe Maß an Sicherheit weiter gewährleisten zu können.“ 

Krisenvorsorge und Krisenübungen

Ein hohes Maß an Krisensicherheit wird der österreichischen Stromversorgung auch durch eine aktuelle Studie attestiert, die im Auftrag des österreichischen Parlaments von der Akademie der Wissenschaften, dem Institut für Technologiefolgenabschätzung und dem Austrian Institute of Technology gemeinsam erstellt wurde. Dort heißt es ebenfalls, ein Blackout habe „eine sehr geringe Eintrittswahrscheinlichkeit“, sowie weiters: „Die Verantwortlichen befassen sich bereits seit mehreren Jahren intensiv damit, um für den sehr unwahrscheinlichen Fall eines Blackouts handlungsfähig zu bleiben.“

Die Netzbetreiber führen deshalb immer wieder Krisenübungen und Simulationen von Störfällen durch – zuletzt fand genau am 11. Oktober eine solche Übung der Wiener Netze gemeinsam mit Behörden, Kraftwerken, Energielieferanten und anderen Beteiligten statt. 

Investitionen in die Leistungsfähigkeit

Vor allem aber muss in die Leistungsfähigkeit der Netze investiert werden, denn die Verteilernetze müssen im Zuge der Energiewende mit einer ganzen Reihe von zusätzlichen Aufgaben fertig werden, erläutert Maderbacher: „Erfreulicherweise nimmt die Zahl von Photovoltaik-Anlagen und Windparks rasch zu. Die Stadt Wien will bis 2030 die Gesamtleistung der PV-Anlagen in Wien von derzeit 50 auf 800 MWp steigern. Die Netze müssen bis dahin also die 16fache Menge an Sonnenstrom managen können.“

Das erfordert einen laufenden Netzausbau, um diese zusätzlichen Produzenten von erneuerbarem Strom auch anschließen zu können. Dazu kommt, dass Sonne und Wind starken natürlichen Schwankungen unterliegen, die von den Netzbetreibern ausgeglichen werden müssen, um eine stabile Versorgung von hoher Qualität liefern zu können. In Zukunft werden die Netzbetreiber darüber hinaus noch die Vernetzung und Abrechnung der neu entstehenden Energiegemeinschaften übernehmen müssen. Wenn in nicht allzu ferner Zukunft Wasserstoff an Bedeutung gewinnt und immer öfter überschüssiger Strom aus Sonne und Wind durch Elektrolyse in klimaneutrales Gas umgewandelt wird, kommt auf die Netze eine weitere Herausforderung zu. 

Günstige Netztarife

Für diese immer mehr werdenden Leistungen sind hohe Investitionen erforderlich, die nur durch eine Anpassung der Netztarife finanziert werden können, so Maderbacher: „Netzbetreiber sind seit der Liberalisierung des europäischen Stromsystems vor rund 20 Jahren regulierte Unternehmen. Sie können die Entgelte für ihre Leistungen nicht selbst bestimmen, sondern müssen sie vom zuständigen Regulator genehmigen lassen.“

In der Vergangenheit haben die Regulatoren vor allem das Ziel verfolgt, die Tarife möglichst niedrig zu halten. Inflationsbereinigt sind sie dadurch auch tatsächlich gesunken. Maderbacher: „Für einen durchschnittlichen Wiener Haushalts mit 2.500 kWh Verbrauch beträgt das Netzentgelt inflationsbereinigt heute rund 60 Prozent des Ausgangswertes vor der Liberalisierung 1999.“ Durch Steigerung der Effizienz war es trotz niedriger Tarife möglich, laufend in die Weiterentwicklung der Netze zu investieren. Österreich liegt im internationalen Spitzenfeld mit nicht mehr 23 Minuten Stromstörung pro Jahr, in Wien liegt die Störungshäufigkeit überhaupt nur bei 19 Minuten und 24 Sekunden.

Maderbacher: „Eine weitere kaufkraftbereinigte Verringerung der Netzentgelte wird künftig nicht mehr möglich sein, wenn die Netze die nötigen Investitionen in die Sicherheit und in die Bewältigung der Energiewende schaffen sollen.“ Angesichts der Aufgaben der Energiezukunft und im Hinblick auf die bleibende Sicherheit sollte daher künftig die ausreichende Finanzierung der nötigen Investitionen ebenso hohe Priorität haben wie die günstigen Tarife für Konsumenten. „Wir wünschen uns von der Politik und vom Regulator, dass die zusätzlichen Aufwendungen für die Sicherheit der Netze bei der Genehmigung von Tarifen berücksichtigt wird“, so Maderbacher abschließend. 

Das Forum Versorgungssicherheit ist die gemeinsame Plattform von fünf Verteilernetzbetreibern: Wiener Netze, Netz Niederösterreich, Netz Burgenland, Linz Netz und Netz Oberösterreich.

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