Blackout: Tanner will Autarkie von Kasernen budgetär absichern

Die Gefahr eines Blackouts stand heute am Beginn der Bundesratssitzung zur Debatte. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erläuterte, wie das heimische Bundesheer für einen vollständigen Stromausfall und andere Krisenszenarien gerüstet wird und mit welchem Budget sie dies bewerkstelligen will: "16 Mrd. € für die nächsten vier Jahre" habe sie im Bundesvoranschlag ihres Ressorts eingeplant, so Tanner. Die autarke Stromversorgung von Kasernen spiele dabei eine zentrale Rolle. Pensionen für ehemalige Heeresangehörige würden "selbstverständlich" nicht aus ihrem Budget, sondern vom Sozialressort bezahlt, wies die Verteidigungsministerin derartige Annahmen zurück.

Von den Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ wurden die Vorsorgemaßnahmen des Verteidigungsministeriums für den Fall eines Blackouts stark in Zweifel gezogen. Tatsächlich liege die Risikoplanung der Regierung im Argen, so deren Tenor, ebenso wie die Finanzierungsplanung zur Krisenbewältigung. Die NEOS stellen überhaupt die Verteidigungsfähigkeit des österreichischen Heeres in Frage. Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne wiederum lobten Tanners Arbeit, Bundesheerkasernen als autarke Sicherheitsinseln auszustatten, wobei auch Vorbereitungen zur Absicherung der Versorgungsnetze beschrieben wurden.

Budget: 1,5% des BIP weiterhin angestrebt

Hinsichtlich ihrer Budgetplanung gebe es keine Abstriche, betonte Verteidigungsministerin Tanner. Die angestrebten 1,5% des BIP sollten bereits 2027 erreicht werden, alle politischen Parteien, besonders auch die Grünen, wären sich über die Notwendigkeit einer derartigen Budgeterhöhung einig.

Österreich brauche dringend eine ordentliche budgetäre Bedeckung des Bundesheers, appellierte Horst Schachner (SPÖ/St) und er warf der Ministerin vor: "Sie haben keine dauerhafte Budgeterhöhung erkämpft". Markus Leinfellner (FPÖ/St) kritisierte ebenfalls, dass angesichts des schmalen Budgets  die geplanten hundert Kasernen nicht für die Selbstversorgung ausgestattet werden können. Dieses Budget reiche auch für eine Solderhöhung bei den Grundwehrdienern nicht aus. "Von 1,5% des BIP reden Sie, bei 1% stehen wir", zudem würden aus diesem Budget auch die Pensionen der Bundesheerbediensteten bezahlt. Kritik übte der Freiheitliche außerdem am Einsatz von Soldat:innen zur Grenzkontrolle und im Ausland, auch in Hochrisikogebieten, obwohl immer weniger  im Inland zur Verfügung stünden. Tatsächlich komme es zu einer Verschlechterung der Budgetmittel des Heeres, so Schachner, überdies sei die bestehende Landesverteidigungsstrategie aus dem Jahr 2014 veraltet, der Ukraine-Krieg sowie Cyberangriffe und folglich eine zeitgemäße Ausrüstung des Bundesheers würden dabei nicht mitbedacht.

Kasernen: Rascher Ausbau in Richtung Selbstversorgung

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe in Europa und in Österreich vieles verändert, so Verteidigungsministerin Tanner, niemand hätte mit einem Krieg dieses Ausmaßes gerechnet. "Planbarkeit für das Bundesheer" sei besonders wichtig in Krisenzeiten, die geprägt seien von Corona-Pandemie, Cyberattacken und Umweltkatstrophen. Gegen ein Blackout "müssen wir uns bestmöglich rüsten", unterstrich Tanner, denn "ohne Strom bricht in Wahrheit alles zusammen", das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben stehe still. Österreich sei hier keine "Insel der Seligen", sondern hänge am europäischen Stromnetz. Nach 72 Stunden würde auch die öffentliche Ordnung zusammenbrechen, schilderte sie Expert:innenmeinungen. Das Bundesheer müsse bei einem solchen Szenario in der Lage sein, die Sicherheit im Land – insbesondere bei "kritischer Infrastruktur" – und den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Im Sinne der Einsatzfähigkeit mache man mit 100 Mio. € bis 2025 bestimmte Kasernen und Liegenschaften des Heers als "Sicherheitsinseln" autark, erläuterte Tanner die Ausbaupläne zur Sicherstellung von unabhängiger Wasser-, Strom-, Treibstoff- und Sanitätsversorgung sowie Verpflegung. "Wir werden zügig voranschreiten".

Klimakrise: Bundesheer soll Klimaneutralität vorleben

Die geplante Einrichtung von Photovoltaikanlagen in Bundesheerkasernen bezeichnete Tanner als Beispiel für die Sicherstellung autarker Notstromversorgung mit ökologischem Bewusstsein. Nichtsdestotrotz reiche, Solarstrom zur Energieversorgung derzeit nicht aus, gestand  die Ministerin ein, daher würden auch andere Energieträger wie Kleinwindkraft- und Biomasseanlagen angedacht. Baumaßnahmen und Beschaffungen bräuchten Zeit, sagte die Verteidigungsministerin, doch werde man den "engen Zeitplan" einhalten.

Ohne den "großen Krisenfall" eines Totalausfalls des Stromnetzes zu negieren, beruhigte Elisabeth Kittl (Grüne/W), es bestehe eine "geringe Wahrscheinlichkeit", dass ein Blackout eintritt. Österreich verfüge über hohe Krisenkompetenz bei weitläufigen Stromausfällen, so könnten schwarzstartfähige Pumpkraftwerke zur schnellen Wiederherstellung des Stromnetzes herangezogen werden und die Bundesheerkasernen würden Schutz- und Hilfszonen bilden, um die Bevölkerung zu unterstützen. "Ein Blackout ist möglich, aber auch in den Griff zu bekommen", nicht zuletzt dank der guten europäischen Zusammenarbeit. Fürchterlicher als ein Blackout sei ein "Klimakollaps", betonte die Grünen-Bundesrätin, denn ein solcher sei kaum umkehrbar. Versorgungsautarkie geht in ihren Augen daher Hand in Hand mit Klimaneutralität. Die Kasernen würden dies in allen Bereichen vorzeigen, so Kittl, von der Strom- und Wasserversorgung bis hin zur Nahrungsmittelverfügbarkeit in Kooperation mit regionalen Produzent:innen. "Autarkie betrifft uns alle", warb sie für erneuerbare Energieträger und lokale Produkte.

Einem "Blackout" sei nicht alleine mit Solarpanelen beizukommen, warnte FPÖ-Bundesrat Leinfellner daraufhin. Vielmehr brauche es eine "echte Autarkie" bei der Strom-, Wasser- und Kraftstoffversorgung sowie mit autark verfügbaren Lebensmitteln und zwar nicht nur für das Heer, sondern für alle Einsatzkräfte, skizzierte er sein Verständnis von "Sicherheitsinseln" für den Katastrophenfall.

Sicherung des Bundesheers für Katastropheneinsatz

Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) befürwortete die Autarkiebestrebungen des Bundesheers zwar ebenfalls, er hinterfragte angesichts dieser Pläne allerdings die  Einrichtung einer Zentralküche in Wiener Neustadt für die Kasernen. Generell sind für ihn viele Fragen der zukünftigen Ausrichtung des Bundesheers ungeklärt, zumal immer weniger Grundwehrdiener volltauglich seien. Geklärt werden müsse, findet Arlamovsky, inwieweit Österreich im strategischen Kompass der EU bzw. an deren mobilen Einsatzgruppen teilnehmen will, oder ob das Bundesheer statt für die Landesverteidigung nur noch für den Katastrophenschutz bereit stehen soll. "Wenn man das will, soll man das auch sagen".

Den unermüdlichen Einsatz des Bundesheeres bei der Katastrophenhilfe stellte Isabella Kaltenegger (ÖVP/St) am Beispiel eines Unwettereinsatzes in ihrer Heimatgemeinde dar. "Es war ein Ausnahmezustand", ohne Stromversorgung im Ort, wodurch ihr klar geworden sei, Österreich und konkret das Heer als "strategische Reserve" der Republik müssten sich auf einen "Blackout" vorbereiten. Sie würdigte daher die Ausstattung von 100 Kasernen mit eigenen Anlagen zur Energieversorgung und mit Maßnahmen zur Lebensmittelautarkie. "Ziel ist es, zwei Wochen lang im Vollbetrieb durchhalten", beschrieb sie den Anspruch der künftigen Sicherheitsinseln, als autarke Sicherheitszentralen und zur Unterstützung der Rettungskräfte. (Fortsetzung Bundesrat) rei


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