Der heute von GLOBAL 2000 und Fridays for Future präsentierte Report „Klimaschutz in Niederösterreich“ nimmt Niederösterreichs Klimapolitik unter die Lupe. Für das Gelingen der Energiewende in Österreich ist die Klimapolitik Niederösterreichs von hoher Bedeutung. Es ist das flächenmäßig größte Bundesland und mit 1,7 Mio. Einwohner:innen das bevölkerungsreichste Bundesland Österreichs nach Wien. Mit Pro-Kopf-Emissionen von 6,8 t CO2e liegt Niederösterreich über dem Österreichschnitt von 5,7 t CO2e und hat nach Oberösterreich und Kärnten die höchsten Pro-Kopf-Emissionen. Der neue Report zeigt, dass die Landespolitik einige sinnvolle Absichtserklärungen abgegeben hat und einige positive Entwicklungen zu verbuchen sind, es in vielen Bereichen aber dringenden Handlungsbedarf gibt: Niederösterreichs Klimaziele sind nicht kompatibel mit den gesamt-österreichischen Zielsetzungen. Niederösterreich will bis 2050 auf 100 % erneuerbare Energie setzen, die Bundesregierung aber schon bis 2040 klimaneutral sein. Auch Niederösterreichs Ziele bis 2030 greifen zu kurz: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 36 % gesenkt werden, während österreichweit eine Reduktion um etwa 50 % erforderlich ist. Das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien auf 50 % bis 2020 zu steigern, wurde bereits verfehlt. Der Anteil lag 2020 bei lediglich 39 %, was allerdings über dem österreichischen Durchschnitt liegt. Damit sind weiterhin 61 % des niederösterreichischen Energieverbrauchs fossil geprägt.
„Wir sehen zwar einige Fortschritte und positive Ankündigungen, aber auch noch viele Herausforderungen in Niederösterreich. Die Ziele sind zu schwach und es muss mehr getan werden, um gesetzte Ziele auch zu erreichen. Es braucht insgesamt mehr Mut der Landesregierung beim Klimaschutz und mehr Tempo bei der Umsetzung angekündigter Maßnahmen. Sich das klare Ziel zu setzen, Niederösterreich bis 2040 klimaneutral zu machen, wäre ein erster und wichtiger Schritt", so Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von GLOBAL 2000 und Johanna Frühwald von Fridays for Future Niederösterreich unisono.
Um den Druck auf die Landesregierung zu erhöhen, ruft Klimaaktivistin Frühwald zur Teilnahme am Klimastreik kommenden Freitag, den 23.09 um 13:30 Uhr in St. Pölten auf: „Diesen Freitag demonstrieren wir wieder in ganz Österreich für mutige und konsequente Klimapolitik. Konkret fordern wir die niederösterreichische Landesregierung dazu auf, ein Solar-Wind-Turbo-Programm zu starten und aus jeglichen fossilen Großprojekten auszusteigen.” Marlies Mühlbauer, Klimaaktivistin bei Fridays for Future Niederösterreich, bekräftigt: „Ich appelliere an Menschen aller Generationen diesen Freitag ihre Stimme zu erheben und mit uns am Klimastreik ein wichtiges Zeichen zu setzen. Ich möchte nicht still dabei zusehen, wie die Politik uns in die Klimakatastrophe stürzt.”
Ausstiegsplan aus Erdgas dringend notwendig
Ein Grund für den mangelnden Fortschritt beim Klimaschutz ist, dass Niederösterreich zu stark auf Erdgas setzt und es bisher noch keinen klaren Ausstiegsfahrplan gibt. Fernwärme wird in Niederösterreich noch zu 35 % aus fossilen Quellen hergestellt, wobei Gas (24 %) und Öl (11 %) zum Einsatz kommen. 39 % der Haushalte in Niederösterreich heizen direkt mit einem fossilen Heizsystem, 27 % mit Gas und 12 % mit Öl. Nur Wien hat einen höheren Anteil an fossilen Heizungen in Österreich. Auch der Ausstieg aus der Ölheizung wird nicht vehement genug angegangen. Der „Klima- und Energiefahrplan“ sieht lediglich einen „moderaten Ausstieg aus fossilen Ölheizungen bis 2040“ vor und fällt damit hinter die bundespolitischen Zielsetzungen zurück, die einen vollständigen Ausstieg aus Ölheizungen bis 2035 vorsehen. „Die Beibehaltung von Gasheizungen steht den Klimazielen und dem Ziel, Österreich unabhängig von russischen Gas-Lieferungen zu machen, klar entgegen. Niederösterreich braucht einen soliden Ausstiegsplan aus Gasheizungen und Gas in der Fernwärme. Das ist eine zentrale Aufgabe, der sich die Landesregierung und der Energieversorger EVN dringend stellen sollten“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.
Hoher Anteil erneuerbarer Energien im Strombereich, aber Ausbau stockt
Der Anteil der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen am Strombedarf betrug im Jahr 2020 92 %, was positiv zu sehen ist und über dem österreichischen Durchschnitt liegt. Dringend notwendig sind für GLOBAL 2000 jetzt aber strategische Weichenstellungen für den naturverträglichen Ausbau erneuerbarer Energie, wie der Windenergie. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass der Ausbau der Windenergie in Niederösterreich seit einigen Jahren ins Stocken geraten ist. Das lag einerseits an zu geringem Fördervolumen auf Bundesebene im Ökostromgesetz, aber auch die Landespolitik sollte entschlossener vorgehen: In der Zeit seit Amtsantritt von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner im Jahr 2017 sind große, merkbare Impulse beim Ausbau der Windenergie nicht erfolgt. Das wird sich ändern müssen, wenn Niederösterreich ambitionierte Klimaziele erreichen will. Es braucht aus unserer Sicht dringend eine neue Zonierung für Windenergie in Niederösterreich, die sowohl Naturschutz als auch Energiewende-Interessen berücksichtigt, damit das Ziel erreicht werden kann, in ganz Österreich bis 2030 auf 100 % erneuerbaren Strom zu setzen“, so Johannes Wahlmüller weiter.
Mobilität weiter stark Autozentriert
Der Verkehr ist für fast die Hälfte der Treibhausgasemissionen in Niederösterreich verantwortlich (46 %) bei steigendem Trend. In den letzten zehn Jahren hat sich trotz aller Beteuerungen, den öffentlichen Verkehr auszubauen, die Verkehrsmittelwahl in Niederösterreich nicht verändert. Noch immer werden 64 % der Wege mit dem PKW zurückgelegt. Positiv ist, dass Niederösterreich mit 14 % einen im Bundesländervergleich hohen Anteil des öffentlichen Verkehrs aufweist. Das ist vermutlich auf die Pendler:innen-Ströme nach Wien zurückzuführen. Sinnvoll ist auch die Entwicklung einer Radverkehrsstrategie, die dann aber auch rasch in die Umsetzung kommen muss. „Im Bereich der Mobilität setzt die Landesregierung zwar einige sinnvolle Initiativen, allerdings drängt man gleichzeitig auf den Bau hochrangiger Straßenbauprojekte wie die Lobau-Autobahn. Hohe Emissionen und eine starke Autoabhängigkeit wären damit auch in Zukunft fortgeschrieben. Es braucht ein tiefgreifendes Umdenken und eine umfassende Systemtransformation auch in der Mobilität", so Johannes Wahlmüller. Johanna Frühwald fügt hinzu: "Niederösterreich hat mit 20,8 Meter Straße pro Person schon jetzt viel mehr Straßenmeter pro Kopf als der österreichische Durchschnitt (14,3) und sogar dreimal mehr als in Deutschland. Wir fordern daher einen Stopp für fossile Großprojekte wie die S34 oder die Ostumfahrung in Wiener Neustadt!"
HIER finden Sie den Report „Klimaschutz in Niederösterreich”.
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