Über Schule wird viel und heftig debattiert. Nur selten geht es dabei um diejenigen, die eigentlich im Mittelpunkt stehen sollten: die Kinder. Das muss sich ändern. Schule ist ein wichtiger Lebensbereich von jungen Menschen, den sie aktiv mitgestalten sollten. „Über 10.000 Stunden verbringen Kinder und Jugendliche in der Schule. Gestaltungsspielraum haben sie dort wenig. An dem Ort, an dem es um SIE gehen sollte, wird fast zu 100 % über sie bestimmt. Das ist absurd“
, so Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf. Die Kinderrechtsorganisation startet eine Petition für eine kindgerechte Schule. Eine Schule, die Kinder und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt.
„Hört mir jemand zu?“
Laut einer von SOS-Kinderdorf in Auftrag gegebenen Umfrage gehen vier von zehn Kindern nicht gerne zur Schule. Ein Drittel aller Schüler*innen zwischen elf und 18 Jahren hat das Gefühl, in der Schule werde auf ihre Meinung kein Wert gelegt. Gleichzeitig würde mehr als die Hälfte aller Befragten lieber zur Schule gehen, wenn man in der Schule mehr mitbestimmen könnte. „Jeder Schüler soll mit Respekt behandelt werden. Von allen Seiten soll Respekt kommen“, wünscht sich etwa Amira, 14 Jahre.
„Das sind alarmierende Ergebnisse“, so Moser. „Unsere Schulzeit prägt uns maßgeblich. Wenn Kinder den Schulalltag mitbestimmen dürfen, fühlen sie sich dort wohler und haben mehr Freude am Lernen. Wir müssen uns außerdem als Gesellschaft überlegen, welche Werte wir Kindern in der Schule vermitteln. Nur wenn wir Kindern zuhören und sie erfahren, dass ihre Meinung ernst genommen wird, können sie als selbstbestimmte Menschen aus der Schule treten und ihr weiteres Leben und auch die Gesellschaft aktiv mitgestalten“, so Moser. In Zeiten großer Herausforderungen und Krisen wie Corona, Klimawandel und Krieg ist dies besonders wichtig.
Schule NEU denken
„Die eigenen Interessen zu formulieren, sich zu engagieren, solidarisch zu sein – all das will gelernt sein. Wenn wir ein positives, zukunftsweisendes Miteinander leben wollen, wenn wir wollen, dass die nächste Generation den Stellenwert von Demokratie und Interessensausgleich versteht und schätzt, dann müssen wir früh ansetzen. Der wichtigste Hebel dafür ist, Kinder demokratisch den Lebensraum Schule mitgestalten zu lassen“, so Moser.
Im derzeitigen Schulsystem ist Mitbestimmung kaum vorgesehen. Damit sich das ändert, muss Mitbestimmung fixer Bestandteil des Lehrplans werden, sodass Kinder bereits ab der Volksschule die nötigen Kompetenzen erhalten. Für Lehrpersonen braucht es entsprechende Aus- und Weiterbildungen. Und vor allem die nötigen Ressourcen – also Zeit und Geld. Engagement darf nicht auf Widerstand stoßen, sondern muss ermöglicht und gefördert werden. Nur so kann Mitbestimmung im täglichen Schulalltag gelebt werden. Und nicht nur in der Schule, sondern bereits in der Entscheidungsebene darüber müssen Kinder und Jugendliche ein Mitspracherecht haben – bei der Gestaltung der rechtlichen, verwaltungstechnischen und personellen Rahmenbedingungen.
„In unserem derzeitige Schulsystem kommt die Perspektive der Kinder kaum vor. Der nötige Paradigmenwechsel ist eine wesentliche Investition in die Zukunft des einzelnen Kindes, aber auch in die Entwicklung unserer Gesellschaft insgesamt“, so Moser abschließend.
Mitreden macht Schule
SOS-Kinderdorf startet eine Petition mit dem Motto „Mitreden macht Schule“. Unter www.sos-kinderdorf.at/petition können Unterstützer*innen für eine Schule unterschreiben, in der Kinder im Mittelpunkt stehen.
Umfrageergebnisse
- 4 von 10 Kindern gehen nicht gerne zur Schule.
- Jedes 4. Kind fühlt sich in seiner Klasse nicht wohl.
- Jedes 3. Kind hat das Gefühl, in der Schule wird auf seine Meinung kein Wert gelegt.
- Jedes 5. Kind traut sich in der Schule nicht seine Meinung zu sagen.
- Mehr als die Hälfte der Kinder würde lieber zur Schule gehen, wenn man in der Schule mehr mitbestimmen könnte.
Weitere Infos zur repräsentativen Umfrage unter 11-18-jährigen Schüler*innen, für SOS-Kinderdorf durchgeführt vom Institut für Jugendkulturforschung: www.sos-kinderdorf.at/neueschule
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