Anton Mattle ist (noch) nicht das Zugpferd, das die ÖVP aus dem Umfrage-Keller ziehen kann. Wie auch, lahmt der Spitzenkandidat doch selbst. Die taktischen Fehler von Noch-Landeshauptmann Günther Platter rächen sich jetzt.
Vom braven Parteisoldaten zum unumstrittenen Anführer. Anton Mattle steht noch ein ganzes Stück Weg und Arbeit bevor. Zeit, die der VP-Spitzenkandidat dreieinhalb Wochen vor der Landtagswahl wohl nicht mehr hat. Je näher diese rückt, desto tiefer steckt die Landeshauptmann-Partei im Umfrage-Keller fest. Will Mattle das drohende, schallende VP-Debakel auf den letzten Metern noch in eine zwar schmerzhafte, aber letztlich ertragbare Niederlage ummünzen, muss er besser gestern als heute das Image des Verlegenheits-Kandidaten ablegen und das Ruder herumreißen.
Der VP Tirol könnte ein Absturz von 44 (2018) auf 26 Prozent drohen. Das sagt die aktuelle TT-Umfrage voraus. Ob die VP diese „Gewinnwarnung“ auch tatsächlich in dieser Form realisiert, ist noch offen. Weit gewichtiger ist aber: Der negative Trend hat sich in den letzten Monaten von Umfrage zu Umfrage immer mehr verfestigt. Oder, um es mit den Worten von Mattles Namensvetter Toni Pfeffer, dem früheren Fußball-Nationalspieler, in der Pause des 0:9-Debakels gegen Spanien zu sagen: „Hoch wern se’s nimma g’winnen.“
Für die ÖVP läuft’s nicht rund. Waren bisherige Wahlkämpfe bis ins kleinste Detail durchchoreografiert und drangen interne Zwiste kaum an die Oberfläche (Zitat Ex-ÖVP-Grande Ferry Maier: „Hände falten, Goschn halten“), so bildet das schwarze Aufgebot 2022 bis dato ein regelrechtes Zerrbild dessen ab. Nach dem Kurz-Effekt 2018 hängt die Bundes-VP Mattle derzeit eher als Klotz am Bein. Das Corona-Missmanagement und die Teuerungskrise machen auch keinen schlanken Fuß. Hauseigene Lösungskompetenz in Sachen Transit und Wohnen straft die traurige Bilanz der schwarz-grünen Landesregierung zu diesen Themen Lügen.
Noch-Landeshauptmann und Ex-VP-Chef Günther Platter hat es sträflich vernachlässigt, einen Nachfolger aufzubauen, und verabsäumt, zur rechten Zeit abzudanken. Mattle ist vielmehr Spitzenkandidat, weil er einfach da war. Nicht, weil er sich hierfür in den vergangenen Jahren aufgedrängt hätte. Das rächt sich jetzt. Ohne LH-Amtsbonus für Mattle kämpft die Partei verzweifelt, Mattle als Marke zu etablieren. Bis dato vergebens: Das Zugpferd aus Galtür, das die schwächelnde Partei mitreißen soll, lahmt.
Für die Volkspartei geht es am 25. September um viel. Für Mattle um alles. Die ÖVP wird zwar so oder so als Erste über die Ziellinie gehen. Erstmals könnte sie sich aber mit einer Dreierkoalition anfreunden müssen. Und somit erheblich an Macht einbüßen. Mattle muss indes gegen sein persönliches Schach-Matt ankämpfen. Er braucht ein Ergebnis über 30 Prozent. Sein Problem: Mattle ist am Zug, aber nicht am Drücker.
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