Wien (PK) – Der Zusammenhalt und das Miteinander von Städten, Gemeinden und ländlichen Regionen sei gerade angesichts aktueller Krisen von zentraler Bedeutung, betonte der Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Ludwig heute im Bundesrat. Er gab anlässlich der Vorsitzübernahme Wiens in der Länderkammer und in der Landeshauptleutekonferenz eine Erklärung ab. Darin rief er auch einmal mehr zu gemeinsamen Maßnahmen gegen die Preissteigerungen auf und forderte einen Preisgipfel.
In der anschließenden Debatte betonten die Mitglieder des Bundesrats großteils die gute Lebensqualität in Wien und drückten – ob gebürtige oder zugezogene Wiener:innen – ihre Liebe zur Stadt aus. Insbesondere Bundesrät:innen von ÖVP und FPÖ sprachen aber auch Probleme an und übten zum Teil massive Kritik an der Wiener Stadtregierung.
Ludwig: Stadt und Land nicht gegeneinander ausspielen
Der Föderalismus sei ein unverzichtbares Element der Republik Österreich, betonte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, der selbst Ende der 1990er-Jahre Mitglied des Bundesrats war. Die Tätigkeit über Bundesländer- und Fraktionsgrenzen hinweg habe den Bundesrat schon immer ausgezeichnet. Ludwig unterstrich den Schwerpunkt der neuen Bundesratspräsidentin Korinna Schumann „Verlässliche öffentliche Strukturen als Basis des gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Er werde diesen auch in seiner Position als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz unterstützen, denn der Zusammenhalt und das Miteinander von Städten, Gemeinden und ländlichen Regionen sei von zentraler Bedeutung, so Ludwig.
Er sprach sich insbesondere dagegen aus, Stadt und Land gegeneinander auszuspielen. Schließlich teile man in vielen Bereichen gemeinsame Herausforderungen und könne Lösungen am besten gemeinsam entwickeln. Besonders strich Ludwig die Landwirtschaft in Wien heraus. Er sei stolz, Bürgermeister einer Millionenstadt zu sein, in der 14% der Grundfläche landwirtschaftlich genutzt werde. Mit manchen Produkten, etwa mit Gurken, versorge Wien sogar andere Regionen. Dass man in der Stadt Gemüse direkt von den Landwirt:innen mit der Straßenbahn abholen könne, sei ein Zeichen hoher Lebensqualität.
Herausforderungen betonte er angesichts des Kriegs in der Ukraine und der hohen Inflation, aber auch in der Digitalisierung, im Bildungsbereich und in der Bewältigung des Klimawandels. Nicht zuletzt aufgrund dieser Herausforderungen habe er für seinen Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz das Motto „Entschlossen handeln, Zukunft sichern“ gewählt. Die Politik müsse vorangehen und – wenn nötig – unpopuläre Entscheidungen treffen, um das Land durch die Krisen zu bringen. Ludwig rief etwa erneut zu einem Preisgipfel von Bund, Ländern, Städten, Gemeinden und Sozialpartnern auf. Es gelte, gemeinsam zu handeln und schnelle Hilfe zu leisten, sprach er sich etwa für ein gemeinsames Maßnahmenpaket zur Abfederung der Teuerung aus.
SPÖ: Wien will Heimat und Zukunft für alle Bewohner:innen bieten
Den aus Tirol nach Wien gezogenen Stefan Schennach (SPÖ/W) und die aus Vorarlberg zugewanderte Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) verbinde eine Liebe für die Stadt, legte Schennach dar. Eine Stadt wie Wien müsse nichts geringeres leisten, als niemanden zurückzulassen – durch soziale Sicherheit, Integration, Arbeitsplätze, leistbares Wohnen und ein gutes Bildungsangebot. Pro Nacht würden die Menschen in Wien in rund 160 verschiedenen Sprachen träumen, so Schennach. Die Integrationsbemühungen seien deshalb ein wichtiger Bestandteil der Stadtpolitik. Zudem sei Wien „Öko-Musterstadt“ und habe in der Corona-Pandemie wichtige Maßnahmen ergriffen.
Alle Menschen, die in Wien leben, seien Wienerinnen und Wiener, betonte Gruber-Pruner. Es werde nicht unterschieden, wo jemand herkomme. Es gehe immer darum, die Stadt so zu entwickeln, dass allen ein gutes Leben ermöglicht und eine Heimat geboten werde. Sie strich insbesondere die Angebote für Kinder und Jugendliche hervor und führte etwa die Kindergärten, die verschränkten Ganztagsschulen nach dem Modell Bildungscampus, Sommercamps und Jugendzentren sowie das Projekt „Werkstatt junges Wien“ an, bei dem Kinder und Jugendliche in der Politik mitbestimmen können. Gruber-Pruner zeigte sich auch der Herausforderungen in der Kinder- und Jugendgesundheit bewusst und betonte, dass die Stadt hier auf Ressourcen vom Bund angewiesen sei.
ÖVP: Wien lebenswerte Stadt mit Problemfeldern
Als Wienerin sei es für sie nachvollziehbar, dass die Stadt bereits zum wiederholten Male als lebenswerteste Stadt der Welt ernannt wurde, sagte Elisabeth Wolff (ÖVP/W). Mit dem U-Bahn-Netz, der Sauberkeit, dem Wasser, zahlreichen Freizeitmöglichkeiten, Events und Kulturangeboten sowie der Gastronomie und auch der Stadtlandwirtschaft gebe es tausende Facetten, die Wien so lebenswert und liebenswert machen. Leider sei es aber auch so, dass vieles für selbstverständlich erachtet werde. Besonders landwirtschaftlichen Betrieben werde durch Umwidmungen, Neubauten und Preissteigerungen bei der Energie das Leben unnötig schwergemacht, meinte Wolff. Die Bundesrätin appellierte zudem, den öffentlichen Verkehr insbesondere in den Randbezirken auszubauen.
Harald Himmer (ÖVP/W) erinnerte sich an seine gemeinsame Zeit mit dem jetzigen Bürgermeister Ludwig im Bundesrat zurück. Ludwig sei immer sachlich gewesen, so Himmer, der sich dies auch von seinen SPÖ-Kolleg:innen in der Länderkammer wünschte. Er warf den Sozialdemokrat:innen vor, in ihrer Oppositionsarbeit auf Bundesebene mit zweierlei Maß zu messen. Wien sei eine lebenswerte Stadt, es gebe aber auch Probleme. Himmer führte hier etwa Zuwanderung und Integration an.
Wohnen, Parken, Corona-Management: FPÖ kritisiert Wiener Stadtregierung
In eine ähnliche Kerbe schlug der Freiheitliche Johannes Hübner (FPÖ/W). Als Wiener liebe auch er die Stadt mit all ihren Facetten, sagte Hübner. Das sei aber kein Grund, jene Dinge zu verschweigen, die aus dem Ruder laufen. Entschlosseneres Handeln forderte er etwa im Zusammenhang mit der Teuerung. Hübner kritisierte, dass die Erhöhung von Mieten und Energiepreisen in der Stadt hingenommen worden sei und nur Einmalzahlungen geleistet wurden. Probleme sah Hübner auch in der Zuwanderung und in den Corona-Maßnahmen.
Auch Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) übte Kritik. Es gebe in Wien zwar sehr lebenswerte Flecken, für „Normalbürger:innen“ seien diese aber unleistbar. Alle Errungenschaften in Wien seien zudem der Politik der Vergangenheit zu verdanken und auf Schulden aufgebaut. In der Verkehrspolitik quäle man Autofahrer:innen mit Parkgebühren und wälze die Probleme auf Niederösterreich ab, bemängelte er. Spanring betonte, dass er kein „Wien-Bashing“ betreibe und nicht die Stadt und ihre Bürger:innen kritisiere, sondern die „unverantwortliche und katastrophale Politik der SPÖ in Wien“. Auch die Corona-Politik und das Mittragen der Sanktionen gegen Russland durch die Sozialdemokrat:innen auf Bundesebene verurteilte er.
Grüne sehen Verbesserungspotenzial bei Mobilität, Wohnen und öffentlichem Raum
Auch er sei ein Zuwanderer, der nach Wien gekommen sei, weil die Stadt so viel verspreche, sagte der gebürtige Niederländer Marco Schreuder (Grüne/W). Er sei stolz darauf, dass Wien so viele Möglichkeiten und Schutz biete, insbesondere aktuell für Frauen und Kinder aus der Ukraine. Wien sei auch Zufluchtsort für viele junge Menschen aus den Bundesländern, auch wegen Gemeinschaften wie der LGBTIQ-Community. Gerade die junge Generation mache sich angesichts des Klimawandels aber auch große Sorgen, so Schreuder. Sie würden das Gefühl bekommen, dass in Mobilitätsfragen nach wie vor der Autoverkehr im Mittelpunkt stehe, sagte er etwa mit Blick auf die Auseinandersetzung rund um die Wiener Stadtautobahn. Schreuder sprach sich dafür aus, neue Mobilitätsformen in den Vordergrund zu stellen und so die Lebensqualität von Morgen zu sichern.
Elisabeth Kittl (Grüne/W) widmete sich vorrangig dem Thema Wohnen. Sie selbst habe lange in einem Gemeindebau gelebt und sei daher sehr dankbar, dass es diese Form des Wohnen gibt. Wien sei damit Vorbild für viele andere Städte. Dennoch würden die Wohnpreise massiv steigen, was Kittl unter anderem darauf zurückführte, dass Wohnungen als Wertanlagen gekauft werden und danach leer stehen. Die Leerstandsabgabe sei hier ein wichtiges Instrument. Außerdem appellierte Kittl dafür, Flächenwidmungen in die Kompetenz der Länder zu übertragen und bessere Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu schaffen. Der Bürgermeister solle wie im Corona-Management auch hier mit mutigen und radikalen Maßnahmen vorangehen, lautete ihre Forderung.
NEOS betonen pinken Anteil der Stadtregierung
Der Wiener NEOS-Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky zeigte sich überzeugt, dass es positiv für die Stadt sei, dass die NEOS Bestandteil der „Wiener Fortschrittskoalition“ seien. Das merke man etwa an den Investitionen in Kindergärten und das Bildungssystem. Unternehmer:innen würden unter anderem durch die Abschaffung von Gebrauchsabgaben wie der Luftsteuer entlastet und durch Förderungen für Selbstständige unterstützt. Für ein klimaneutrales Wien 2040 gebe es einen Klimafahrplan und ein entsprechendes Budget. Auch Fortschritte in der Transparenz und im Petitionsrecht führte Arlamovsky auf die pinke Regierungsbeteiligung zurück. (Fortsetzung Bundesrat) kar
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