Nationalrat: SPÖ fordert in Dringlichem Antrag weitere Entlastungsschritte gegen die Teuerung

Wien (PK) – Für die SPÖ gehen die von der Regierung beschlossenen und geplanten Maßnahmen gegen die Teuerung nicht weit genug, da es dadurch nicht zu Preissenkungen komme. In der heutigen Nationalratssitzung haben die Sozialdemokrat:innen deshalb einen Dringlichen Antrag mit dem Titel „Preise runter statt Einmalzahlungen, die verpuffen, bevor sie ankommen, Herr Bundeskanzler!“ eingebracht. Darin werden staatlichen Preiseingriffe und Steuersenkungen für Lebensmittel, Energie und Wohnen, die Abschöpfung von Übergewinnen der Energiekonzerne sowie weitere Maßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung gefordert.

Es sei an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen, da die Teuerung bereits „tief in der Mittelschicht“ angekommen sei, appellierte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in einer lebhaften Debatte in Richtung Bundeskanzler Karl Nehammer. Dieser verwies auf das bereits dritte Entlastungspaket der Bundesregierung in diesem.. Zudem habe man strukturelle Maßnahmen, wie etwa die Abschaffung der kalten Progression in Angriff genommen.

Während die FPÖ die Öl- und Gasversorgung in Österreich sicherstellen wollte und dazu einen Entschließungsantrag einbrachte, lobten ÖVP und Grüne die Anti-Teuerungspakete in Höhe von insgesamt 50 Mrd. €. Laut ÖVP liegt dabei der Schwerpunkt auf sozial Schwächeren. Die Grünen hoben die Entlastung von niedrigeren Einkommen und die Indexierung eines großen Teils der Sozialleistungen ab 2023 hervor. Demgegenüber hätten sich die NEOS eine frühere und gänzliche Abschaffung der kalten Progression gewünscht.

SPÖ: Preisdeckelungen, Abschöpfung von Übergewinnen, Absicherung der Gasversorgung

Die Sozialdemokrat:innen gehen in ihrem Dringlichen Antrag mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Anti-Teuerungspaket hart ins Gericht. Dadurch werde kein einziger Preis gesenkt, anstatt einzugreifen und die Preise zu deckeln, würden ÖVP und Grüne zusehen, wie das Leben immer teurer und teilweise unleistbar werde. Millionen von Menschen würden im Herbst Nachzahlungen und neue, höhere Rechnungen für Strom und Heizen erhalten, die alleine ein Vielfaches der Einmalzahlungen der Regierung ausmachen würden. Die Regierungsparteien würden durch ihre „Verantwortungslosigkeit“ nicht nur die Lebensumstände der Bevölkerung gefährden, sondern auch die österreichische Wirtschaft und den Industriestandort beschädigen. Es sei eine „Lose-Lose-Situation“ sowohl für Arbeitgeber:innen als auch für Arbeitnehmer:innen, weil die Regierung nicht den Mut und die politische Verantwortung besitze, die richtigen Schritte zu setzen, mahnen die Antragsteller:innen

In ihrem Dringlichen Antrag fordert die SPÖ deshalb die Bundesregierung auf, „dem Vorbild anderer europäischer Länder zu folgen und entschlossen gegen die Teuerung vorzugehen“. So sollen die Preise durch staatlichen Eingriff und/oder Steuersenkungen für die wichtigsten Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Energie und Wohnen gesenkt und die Übergewinne der Energiekonzerne zur Finanzierung der Anti-Teuerungsmaßnahmen sowie der Energiewende abgeschöpft werden. Weiters sollen alle Instrumente zur Sicherung der Gasversorgung ergriffen werden, insbesondere direkte Kooperationen mit den Nachbarländern bei Aufbau und Nutzung nötiger Infrastruktur, so der Dringliche SPÖ-Antrag, der jedoch keine Mehrheit im Nationalrat fand.

Rendi-Wagner: Es ist an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen

„Wir müssen gegensteuern, sonst werden die Preise weiter gnadenlos steigen“, appellierte SPÖ-Chefin und -Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner an Bundeskanzler Karl Nehammer. Es sei an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen, da die Teuerung bereits „tief in der Mittelschicht“ angekommen sei. Aktuell könnten sich rund 1,7 Mio. Menschen in Österreich keine größeren unerwarteten Zahlungen leisten. Dazu würden auch Strom- und Gasnachzahlungen zählen. „Arm im reichen Österreich ist eine bittere Realität, diese Situation ist nicht zu akzeptieren“, so Rendi-Wagner. Während andere Länder rasch gehandelt hätten und die SPÖ seit Monaten auf die Teuerung hinweise, zaudere der Bundeskanzler und lebe nach dem „Prinzip Hoffnung“. Anstatt Einmalzahlungen, „die verpuffen bevor sie angekommen sind“, braucht es laut der SPÖ-Chefin einen Plan, der die Ursachen der Teuerung bekämpft. Dazu zähle auch der Mut, in das Gas-und Strompreissystem einzugreifen. Rendi-Wagner schlug etwa einen zeitlich befristeten Preisdeckel auf Energiepreise sowie die Abschöpfung von Übergewinnen der Energieunternehmen vor.

Nehammer: Bundesregierung sorgt für Stabilität und Entlastung

Er sei erschüttert, dass die SPÖ in der Krise mit „Halbwahrheiten, Desinformation und simplen Populismus“ versuche, „politisches Kleingeld zu wechseln, um Neuwahlen herbeizureden“, konterte Bundeskanzler Nehammer der SPÖ-Kritik. Die Bundesregierung habe die Aufgabe, in der Krise für Stabilität und Entlastung zu sorgen. So habe man bereits das dritte Entlastungspaket in diesem Jahr beschlossen, das ab August für die Menschen spürbar werde. Neben der direkten Hilfe habe man gleichzeitig strukturelle Änderungen, wie die Abschaffung der kalten Progression, Lohnnebenkostensenkungen sowie die Entlastungen durch die aktuell wirksam werdende Steuerreform gesetzt, betonte Nehammer. Was die Vorschläge der SPÖ betreffe, hielt der Bundeskanzler fest, dass „einfache Lösungen für komplexe Probleme nicht funktionieren“. Das sehe man etwa bei Preisdeckeln in Deutschland oder Ungarn. Eine Preisregulierung bei Lebensmitteln führe zudem zur Verknappung des Angebots und gefährde Arbeitsplätze. Dort wo der Staat Einfluss habe, ist man laut Nehammer bereits aktiv geworden, wie etwa an der Sonderdividende des Verbundes an die Republik zu erkennen sei.

SPÖ wirft der Volkspartei Klientelpolitik vor und fordert erneut effiziente Preissenkungsmaßnahmen

In einer der schwierigsten Situationen der Republik halte Nehammer eine „Büttenrede“, warf SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter dem Bundeskanzler vor. Wenn die Gasspeicher nicht gefüllt werden können, die Öllieferungen aus Kasachstan blockiert sind und sich hunderttausende Menschen das Leben nicht mehr leisten können, dann sollte ein Regierungschef rasche Maßnahmen in die Wege leiten und nicht den „Oberlehrer“ spielen. Effizient gegensteuern könnte man etwa durch staatliche Eingriffe oder Preissenkungen bei Lebensmitteln, Energie und Wohnen, die Abschöpfung von Übergewinnen der Energiekonzerne oder die Aussetzung des Merit-Order-Systems, wonach das teuerste Kraftwerk den Strompreis bestimme. Die dazu eingebrachten Vorschläge der SPÖ wurden jedoch alle abgelehnt. Matznetter vermutete, dass dabei sogar Absicht dahinter stecke und dass im Sinne der Großspender:innen Klientelpolitik gemacht werde.

ÖVP: Anti-Teuerungspakete in der Höhe von insgesamt 50 Mrd. € legen Schwerpunkt auf sozial Schwächere

ÖVP-Klubobmann August Wöginger wiederholte die Eckpunkte der Anti-Teuerungspakete der Regierung, die vor allem den sogenannten kleinen Leute zugutekommen, wie von der SPÖ immer wieder gefordert werde. Dies reiche von Soforthilfen für Mindestpensionist:innen und Bezieher:innen der Mindestsicherung, der Sonderfamilienbeihilfe in der Höhe von 180 €, den Erhöhungen beim Familienbonus sowie dem Kindermehrbetrag bis hin zum Teuerungs-Absetzbetrag speziell für niedrigere Einkommen. Anhand von einzelnen Beispielen rechnete Wöginger vor, wieviel davon bei den Betroffenen tatsächlich ankomme. So werde eine Pensionistin mit einem Bezug von 1.800 € brutto allein im heurigen Jahr zusätzlich 1.600 € erhalten. All diesen rasch wirksamen Maßnahmen stimme die SPÖ jedoch nicht zu, stellte Wöginger mit Bedauern fest. Was die Einführung von Preisdeckeln angeht, so hätten Versuche in anderen Staaten gezeigt, dass diese nicht funktionieren. Obwohl Deutschland zehnmal so groß sei, wurde dort nur ein Paket im Ausmaß von 30 Mrd. € geschnürt, zeigte Wöginger auf. Der österreichische Weg könne sich daher absolut sehen lassen. Die Koalition aus ÖVP und Grünen werde daher die „zweite Spielzeit fertig spielen“.

FPÖ: Preisdeckel und echte Preissenkungen statt Einmalzahlungen

Die Anti-Teuerungspakete würden sich einreihen in die Pleiten-, Pech-und Pannenpolitik der Bundesregierung in den letzten Monaten, urteilte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Sie erinnerte dabei an die bürokratische Umsetzung des Energiekostenbonus oder die komplizierte Ausgestaltung des Klimabonus, für den allein 10,8 Mio. € an Postgebühren anfallen. Man sollte auch der Bevölkerung reinen Wein einschenken und klar sagen, dass vorerst einmal nur 6 Mrd. € ausgeschüttet werden. Auch könne von sozial treffsicher keine Rede sein, wenn sich sogar der Bundeskanzler über eine zusätzliche Familienbeihilfe oder einen höheren Familienbonus freuen kann. Es wäre klüger gewesen, das Geld jenen zu geben, die wirklich leiden und nicht mehr wissen, wie sie ihren Kinder eine Schuljause kaufen sollen. Ebenso wie die SPÖ beklagte Belakowitsch, dass kein einziger Preis gesenkt und nur Einmalzahlungen beschlossen wurden.

Grüne heben Entlastung von niedrigeren Einkommen und Indexierung eines großen Teils der Sozialleistungen ab 2023 hervor

Markus Koza von den Grünen war überzeugt davon, dass die Entlastungspakete der Regierung nicht nur zur Stärkung der Einkommen gerade von sozial Schwächeren beigetragen haben, sondern auch zur Dämpfung der Preisanstiege. Er denke dabei an die Aussetzung der Ökostrompauschale oder die Senkung der Elektrizitäts- bzw. Erdgasabgabe. Es stimme einfach nicht, dass in diesem Bereich nichts passiert sei, hielt er den Kritiker:innen entgegen. Auch der Budgetdienst des Parlaments habe bestätigt, dass diese Maßnahmen über 2 Mrd. € ausgemacht haben. Gleichzeitig wollte man jene Menschen besonders unterstützen, die von der hohen Inflation besonders betroffen seien. Besonders wichtig sei aus seiner Sicht, dass ab dem Jahr 2023 der größte Teil der Sozialleistungen indexiert und somit an die Inflation angepasst werde. Überdies sei es gelungen, für die geplante Abschaffung der kalten Progression ein sehr gutes Modell zu entwickeln. Damit würden nämlich noch Handlungsspielräume im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit ermöglicht. Die von der SPÖ geforderten Preisdeckel etwa bei Treibstoffen sah Koza teilweise kritisch, da sie in anderen Ländern nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben.

NEOS hätten sich frühere und gänzliche Abschaffung der kalten Progression gewünscht

NEOS-Vertreterin Karin Doppelbauer befasste sich in ihrer Wortmeldung zunächst mit den Ursachen der Preissteigerungen. Da Putin einen Krieg gegen die liberalen Demokratien des Westens führe, sei es für sie unverständlich, wie man sich das das Mäntelchen der Neutralität umhängen könne, stellte sie einleitend fest. Klar sei jedenfalls, dass die hohen Inflationsraten auf die hohen Preise der fossilen Energieträger zurückzuführen sein, von denen sich Österreich in unverantwortlicher Weise abhängig gemacht habe. Aufgrund des Versagens der Politik in den letzten zehn Jahren wurde keine Diversifizierung in diesem Bereich vorgenommen und viel zu wenig in die erneuerbaren Energien investiert. Die nun vorgelegten Maßnahmenpakete der Regierung würden ihrer Meinung nach einige Punkte enthalten, die „absolut in Ordnung sind“. Aber es bringe wenig, sich immer wieder hinzustellen und zu sagen, dass alles toll sei. Es werde auch nie genau hingeschaut und hinterfragt, ob die angekündigten 50 Mrd. € effizient eingesetzt werden, gab Doppelbauer zu bedenken. Obwohl „das Geld nicht auf den Bäumen wächst“, werden Maßnahmen gesetzt, die eindeutig nicht treffsicher seien. Wenig abgewinnen konnte sie den Forderungen der SPÖ, die auch schon von vielen Wirtschaftsexpert:innen negativ beurteilt wurden. Die NEOS schlagen stattdessen eine direkte, treffsichere und unbürokratische Unterstützung der ärmsten Haushalte sowie eine deutliche Absenkung der Lohnnebenkosten vor. Sie plädierte zudem vehement dafür, eine transparentere Politik in Sachen Energiethemen zu betreiben.

Emotionale Debatte zu Lösungsansätzen der SPÖ

In der darauffolgenden Debatte pochte die SPÖ weiter auf Steuerreduzierungen, wollte den Strom- vom Gaspreis entkoppeln und Übergewinne der Energieunternehmen abschöpfen. „Zu wenig, zu zögerlich und alles zu spät“, attestierte Alois Schroll (SPÖ) der Bundesregierung und untermauerte damit die Kritik seiner Fraktion. Kurt Egger (ÖVP) konterte und kritisierte die Landespolitik in Wien. Die ÖVP setzt die Indexierung der Sozialleistungen um, unterstrich er und lobte die Treffsicherheit des Paketes. Auch Elisabeth Götze (Grüne) ging auf die Lösungsansätze der SPÖ ein. Steuersenkungen wären jedoch nicht das richtige Mittel zum Erfolg und würden den Menschen nicht einmal 50 € im Jahr bringen, erklärte sie.

„Schwarz-Grün ist gescheitert“, betonte Peter Wurm (FPÖ) Als Ursachen der Teuerung nannte er jahrelanges Versagen bei der Europäischen Zentralbank ebenso wie die verfehlte Corona-Politik der Regierung und die falsche Sanktionspolitik der EU gegenüber Russland. Auf komplexe Themen gibt es keine einfachen Antworten, stellte Helmut Brandstätter (NEOS) fest und ging davon aus, dass die Lage in Europa sich weiter verschärfen werde. Der Wirtschaftskrieg gegen ganz Europa könne nur mit EU-Solidarität und Solidarität gegenüber der Ukraine überstanden werden, zeigte er sich überzeugt.

Erwin Angerer (FPÖ) wollte die Öl- und Gasversorgung in Österreich sicherstellen und brachte dazu einen Entschließungsantrag ein. Darin forderte er von der Bundesregierung sich für die die Abkehr von sämtlichen Sanktionen einzusetzen, die die Versorgungssicherheit der Bevölkerung gefährden könnten. (Fortsetzung Nationalrat) med/sue/gla

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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