Wien (PK) – Einstimmig angenommen wurde in der heutigen Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses ein Vier-Parteien-Entschließungsantrag zum Gedenken an den Völkermord 1995 in Srebrenica. Die Abgeordneten des Nationalrats erinnern darin an den 11. Juli als den Gedenktag für die 1995 in Srebrenica und dem Umland der Stadt verübten Völkermord an bosnischen Muslim:innen und sehen ihn als Mahnung für die Gegenwart.
Ebenfalls einstimmig angenommen wurde ein von ÖVP, Grünen und den NEOS formulierter Antrag, die Aktivitäten der Marshallplan-Jubiläumsstiftung auszuweiten. Einstimmig beschlossen wurde auch ein Abkommen über den vertieften Kulturaustausch mit Südkorea.
Mehrere Oppositionsanträge wurden auf Wunsch der antragstellenden Fraktionen einstimmig Unterausschüssen zugewiesen. Der Unterausschuss für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) wird zwei Anträge der SPÖ, der Unterausschuss für Südtirol drei Anträge der FPÖ behandeln.
Weitere Anträge wurden mit der Mehrheit aus ÖVP und Grünen vertagt. Die SPÖ fordert in Anträgen mehr humanitäres Engagement in Afghanistan, insbesondere für Frauenrechte. Im Falle des SPÖ-Antrags zur Sicherung der Finanzierung des Europarats wurde die Vertagung neben ÖVP und Grünen auch von der FPÖ mitgetragen.
Die Freiheitlichen fordern die Beteiligung Österreichs an den Feiern zum 200-Jahr-Jubiläum der Unabhängigkeit Brasiliens und ein Rücknahmeabkommen mit einer Reihe von Ländern in Afrika und Asien. Sie wenden sich auch gegen Ausnahmen für die Ukraine beim EU-Beitrittsverfahren.
Die NEOS wollen die Einstufung des Vorgehens Russlands in der Ukraine als Völkermord und sprechen sich für die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik aus.
Vier-Parteien-Initiative zum Gedenken an den Völkermord in Srebrenica
ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS haben in einer Vier-Parteien-Initiative einen Entschließungsantrag vorgelegt, der an die Massaker und die ethnischen Säuberungen erinnert, die 1995 während des Bosnien-Krieges in Srebrenica und dem Umland der Stadt verübt wurden. In der Entschließung mahnen sie von der Bundesregierung weiterhin aktives Engagement für das Gedenken an diesen Völkermord ein, etwa im Rahmen der Vereinten Nationen (2637/A(E)). Der 11. Juli sei unterdessen vom Europäischen Parlaments zum Europäischen Gedenktag für die Opfer des Massakers ernannt worden. Der Jahrestag sei eine eindringliche Mahnung, wie gefährlich extreme Formen des Nationalismus und der gesellschaftlichen Intoleranz sind, zeigten sich Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne), Harald Troch (SPÖ), Bettina Rausch (ÖVP) und Helmut Brandstätter (NEOS) einig. Seitens der FPÖ betonte Martin Graf, seine Fraktion werde dieser Resolution selbstverständlich zustimmen, er bedauere nur, dass man nicht im Vorfeld des Ausschusses das Gespräch auch mit den Freiheitlichen gesucht habe.
Bedrana Ribo (Grüne) erinnerte daran, dass die Erinnerung an den schrecklichen Völkermord in Bosnien immer noch wach sei. Im Falle von etwa 1.200 Opfern seien die Verwandten noch immer im Unklaren darüber, wo sich die sterblichen Überreste ihrer Angehörigen befinden. Vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Ukraine sei der Jahrestag auch eine Mahnung, dass Europa nie wieder die Augen vor solchen Verbrechen verschließen dürfe.
Kultureller Austausch zwischen Österreich und Südkorea soll verstärkt werden
Die Zusammenarbeit Österreichs und Südkoreas in den Bereichen Kultur, Kunst, Sport, Frauen, Jugend und Tourismus soll durch einen neuen Vertrag gefördert werden (1478 d.B.). Außenminister Alexander Schallenberg führte aus, dass das Abkommen eine Ergänzung eines bereits mit Südkorea bestehenden Freihandelsabkommens darstelle und die Beziehungen in den genannten Bereichen vertiefen solle. Der außenpolitische Ausschuss sprach sich einstimmig für das Abkommen aus.
Zustimmung für Stärkung der akademischen Partnerschaft Österreichs mit den USA
Für die Sicherung des Erbes des Marshallplans im Sinne einer Stärkung der Partnerschaft Österreichs mit den USA treten ÖVP, Grüne und NEOS in einem gemeinsamen Entschließungsantrag ein (2638/A(E)). Angesichts der gegenwärtigen geopolitischen und sicherheitspolitischen Situation sowie der globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Gesundheitsfragen und Digitalisierung sei diese Partnerschaft von besonderer Bedeutung.
Eine Säule der österreichisch-amerikanischen Partnerschaft sei die akademische und wissenschaftliche Zusammenarbeit, führte Rudolf Taschner (ÖVP) aus. Die bestehenden Aktivitäten der Marshallplan-Jubiläumsstiftung sollen daher um ein Postdoc-Innovationsprogramm für österreichische und amerikanische Post-Doktorand:innen erweitert werden. Weiters soll die Zusammenarbeit zwischen der Diplomatischen Akademie Wien und der Fulbright Kommission gestärkt werden. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) schloss sich den Forderungen an und meinte, es gelte, das positive Erbe des Marshallplans zu erhalten und auszubauen. Helmut Brandstätter (NEOS) betonte, die Diskussion über das transatlantische Verhältnis zwischen Europa und den USA als wichtigstem Partner sei gerade jetzt sehr wichtig.
SPÖ fordert humanitäres Engagement Österreichs in Afghanistan
Auf die dramatische Verschlechterung der humanitären Lage in Afghanistan nach der erneuten Machtergreifung der Taliban weist SPÖ-Abgeordneter Harald Troch in einem Entschließungsantrag hin (2657/A(E)). Vor allem Frauen würden immer mehr Rechte und Freiheiten verlieren. Der Außenminister müsse daher aktiv gegen die Einschränkung und Verletzung der Frauen- und Menschenrechte in Afghanistan auftreten, forderte Troch im Ausschuss. Seine Fraktionskollegin Faika El-Nagashi betonte, Österreich müsse, wie andere EU-Mitgliedsstaaten auch, besonders gefährdeten Personen, die unter den Taliban um ihr Leben fürchten müssen, Schutz gewähren.
Außenminister Schallenberg wies darauf hin, dass der Ministerrat gerade erst ein Hilfspaket von 7 Mio. € für Afghanistan beschlossen habe. Die Entwicklung in Afghanistan gehe leider in die falsche Richtung. Derzeit gehe es schlicht darum, das Überleben der Menschen des Landes zu sichern.
SPÖ fordert Sicherstellung der Europaratsfinanzierung nach Russland-Ausschluss
Aufgrund des Ausschlusses Russlands aus dem Europarat in Folge seines Angriffskrieges gegen die Ukraine tritt die SPÖ für eine Kompensation der wegfallenden Mittel ein (2383/A(E)). Durch den Austritt Russlands dürfe es zu keinem finanziellen Schaden für den Europarat kommen, meinte Harald Troch. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen sowie der FPÖ vertagt. Die Vertreter:innen der drei Fraktionen wiesen darauf hin, dass derzeit keine abschließende Bewertung der finanziellen Folgen vorliege.
Außenminister Schallenberg sagte zu, dass Österreich zusätzliche Mittel für den Europarat aufbringen werde.
SPÖ: Entwicklungszusammenarbeit muss auf Klimakrise als Fluchtursache reagieren und Frauenrechte stärken
Dem Unterausschuss für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) wurden zwei Anträge der SPÖ-Abgeordneten Katharina Kucharowits zugewiesen. Kucharowits weist auf die Klimakrise als Fluchtursache aus den Ländern des globalen Südens hin (2565/A(E)). Laut Kucharowits sollten daher bilaterale finanzielle EZA-Gelder bzw. jene für humanitäre Hilfe aufgestockt und an den OECD Climate Change Mitigation Marker bzw. den Climate Change Adaptation gebunden werden. In einem weiteren Antrag, der im EZA-Unterausschuss behandelt werden soll, spricht sich die SPÖ-Abgeordnete für die Stärkung der Frauenrechte im Kontext von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe aus (2566/A(E)).
FPÖ erinnert an 200 Jahre der Unabhängigkeit Brasiliens
Aus Anlass des 200-jährigen Bestehens der Unabhängigkeit Brasiliens erinnert die FPÖ an historische Verbindungen zu Österreich und spricht sich für eine Intensivierung der Beziehungen aus. So solle etwa ein mit 50.000 € dotierter „Dona Leopoldina Preis “ für wissenschaftliche oder kulturelle Projekte ausgeschrieben werden. Die Bundesregierung solle sich auch um ein strategisches Partnerschaftsabkommen mit Brasilien und die Einrichtung eines österreichischen Kulturforums in Brasilien bemühen (2336/A(E)).
Ewa Ernst-Dziedzic sagte, die Vertiefung der Beziehungen mit Brasilien sei zwar zu begrüßen. Kurz vor den anstehenden Wahlen in Brasilien sei aber kein günstiger Zeitpunkt für die geforderten Initiativen, da sie als Bestätigung der Politik von Präsident Jair Bolsonaro ausgelegt werden könnten.
FPÖ fordert Abschluss weiterer Rückübernahmeabkommen
Die FPÖ fordert den Abschluss weiterer bilateraler Rückübernahmeabkommen durch Österreich. Der Fokus solle dabei auf Syrien, dem Irak, Afghanistan, Bangladesch, Somalia und Ägypten liegen (2292/A(E)). Österreich sei zur Zeit einer der von Migration am meisten betroffenen EU-Mitgliedsstaaten, beklagte die Freiheitliche Abgeordnete Susanne Fürst. Die Anzahl der Abschiebungen, Rückführungen oder freiwilligen Ausreisen sei hingegen „überschaubar“.
Außenminister Schallenberg sagte, Rückführungsabkommen seien ein wichtiger Faktor für das Funktionieren des europäischen Asylsystems. Was Abschiebungen syrischer und afghanischer Staatsangehöriger betreffe, so gebe es diese sehr wohl, sie könnten aufgrund der Lage in den beiden Ländern aber nur in sichere Drittstaaten erfolgen.
FPÖ: Keine Ausnahmeregelungen für EU-Beitritt der Ukraine
Gegen einen Beitritt der Ukraine in die Europäische Union zum jetzigen Zeitpunkt spricht sich die FPÖ in einem Entschließungsantrag aus. Bei der Ukraine handle es sich um eine Kriegspartei, die weder die politischen noch die wirtschaftlichen Anforderungen der Kopenhagener Kriterien erfülle. Die Freiheitlichen fordern, keine Ausnahmeregelungen wie eine „Mitgliedschaft light“ oder ein „Eilverfahren“ für die Ukraine zu schaffen (2661/A(E)). FPÖ-Abgeordneter Martin Graf führte im Ausschuss aus, die Ukraine habe ein massives Korruptionsproblem und Demokratiedefizite, die gerade jetzt immer stärker würden. Andreas Minnich (ÖVP) hielt ihm entgegen, dass die EU selbstverständlich auch dem Beitrittsprozess der Ukraine die Kriterien zugrunde lege, die im Kopenhagener Vertrag festgelegt seien.
Abgeordneter Graf verwies außerdem auf Berichte, wonach bereits 50 Abgeordnete des ukrainischen Parlaments ohne ordentliches Verfahren inhaftiert seien. Auf die Nachfrage von Harald Troch (SPÖ), was von diesen Angaben zu halten sei, sagte Außenminister Schallenberg, er könne diese Zahlenangabe nicht bestätigen. Selbstverständlich werde die EU die Entwicklungen in der Ukraine genau mitverfolgen, betonte er.
FPÖ-Anliegen zu Südtirol werden im Unterausschuss behandelt
Drei Anträge der FPÖ wurden dem Unterausschuss-Südtirol zugewiesen. FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm sieht eine Italianisierung der Verwaltung in Südtirol, der Einhalt geboten werden müsse (2403/A(E)). Weiters sieht Wurm eine Gefährdung des Fortbestands der Südtiroler Vereine durch Pläne zur Schaffung eines einheitlichen und staatsweiten Vereinsregisters auf (2404/A(E)). Außerdem wünscht Wurm vom Außenminister die Initiierung eines österreichisch-italienischen Abkommens, um Traditions- und Schützenverbänden das grenzüberschreitende Waffentragen zu ermöglichen (2585/A(E)).
NEOS: Putins Vorgehen in der Ukraine klar als Völkermord oder ethnische Säuberung benennen
Die NEOS fordern von der Regierung, sich bei den Vereinten Nationen für eine Überprüfung des russischen Vorgehens in der Ukraine in Hinblick auf das Völkermordstatut einzusetzen (2440/A(E)). Wladimir Putin habe als eines seiner Kriegsziele die „Entnazifizierung“ der Ukraine vorgegeben, gleichzeitig erkenne er die eigenständige ukrainische Ethnie nicht an, führte Abgeordneter Helmut Brandstätter im Entschließungsantrag seiner Partei an. Die Kriegsführung in der Ukraine und jüngste Aussagen russischer Kommentator:innen, die die Auslöschung der ukrainischen Ethnie in den Raum stellen, gäben jedenfalls Anlass zu größter Sorge.
Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) betonte, Österreich beziehe sehr klar Position in seiner Verurteilung der russischen Politik. Was die Einstufung der Geschehnisse als „Völkermord“ betreffe, solle aber die Einschätzung unabhängiger Institutionen, wie des Internationalen Strafgerichtshofs, abgewartet werden. Ähnlich sah es Christian Hafenecker (FPÖ), der ebenfalls die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten will.
NEOS fordern Ende des Einstimmigkeitsprinzips in der EU-Außenpolitik
Aktuell ist für Beschlüsse im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten erforderlich. Das führe dazu, dass die EU nur langsam, abgeschwächt oder gar nicht zu einer gemeinsamen außenpolitischen Entscheidung komme, zeigt Abgeordneter Helmut Brandstätter auf. Österreich solle sich in den europäischen Gremien und insbesondere im Europäischen Rat dafür einsetzen, das Konsensquorum in der EU-Außenpolitik zugunsten einer qualifizierten Mehrheit abzuändern (2208/A(E)).
Die anderen Fraktionen teilten die Einschätzung der NEOS nur teilweise. Das Einstimmigkeitsprinzip in der Außenpolitik erlaube es auch kleinen Ländern wie Österreich, die EU-Politik aktiv mitzugestalten, gab Bettina Rausch (ÖVP) zu bedenken. Martin Graf (FPÖ) sprach sich klar für die Erhaltung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU aus. Ein Abgehen sei aus seiner Sicht nur in einer sehr langfristigen Perspektive denkbar, meinte Michel Reimon (Grüne). Katharina Kucharowits (SPÖ) betonte, gerade ein neutrales Land wie Österreich profitiere vom Einstimmigkeitsprinzip. Ihr Fraktionskollege Jörg Leichtfried fügte hinzu, das Einstimmigkeitsprinzip sei in einigen Fällen positiv zu werten, in anderen sollte es hinterfragt werden. (Schluss Außenpolitischer Ausschuss) sox
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