Wien (PK) – Die Fördermittel für freie Radios und nicht kommerzielle Fernsehsender werden deutlich aufgestockt. Eine entsprechende Novellierung des KommAustria-Gesetzes hat heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS den Verfassungsausschuss des Nationalrats passiert. Demnach sollen bereits ab heuer 5 Mio. € statt bisher 3 Mio. € zur Auszahlung gelangen. Vorgesehen ist, die zusätzlichen Mittel per 30. Juni 2022 an die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) zu überweisen, wobei laut Erläuterungen zuvor noch grünes Licht von der EU-Kommission einzuholen ist. Ab 2023 will die Regierung dann jeweils im Jänner und Juli 2,5 Mio. € zur Verfügung stellen. Durch einen im Laufe der Sitzung eingebrachten Abänderungsantrag wurden Klarstellungen in Bezug auf das Volumen der Digitalförderung für Medien in den Jahren 2021 und 2022 vorgenommen.
Weiter warten heißt es hingegen auf das in Aussicht gestellte Informationsfreiheitsgesetz. Dazu vorliegende Anträge der NEOS und der SPÖ wurden mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt. Auch die Initiativen zum Schutz der Neutralität und zur Reform der Medienförderung landeten in der Warteschleife. Keine Mehrheit hingegen fanden die Neuwahlanträge der SPÖ bzw. der FPÖ. Sie wurden von den Vertreter:innen der Koalitionsparteien mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Regierung sehr aktiv sei und viele Vorhaben bereits umgesetzt habe.
Mehr Geld für freie Radios und nicht kommerzielle TV-Sender
Begründet wird die Förderaufstockung für freie Radios und nicht kommerzielle TV-Sender von den Regierungsfraktionen mit der Bedeutung einer vielfältigen heimischen Rundfunklandschaft und eines hochwertigen Programmangebots. Das System der Rundfunkförderung habe sich grundsätzlich bewährt, damit leiste man einen entscheidenden Beitrag zur kulturellen Vielfalt und ermögliche unterschiedlichste Radio- und Fernsehsendungen, wird in den Erläuterungen hervorgehoben (2575/A). Die Fördermittel sollen so wie bisher aus den Rundfunkgebühren kommen.
Seitens der SPÖ begrüßte Sabine Schatz die deutliche Aufstockung der Förderung, vermisste allerdings eine generelle Reform der Medienförderung zur Sicherung und Förderung von journalistischer Qualität und Unabhängigkeit. Ein dazu vorliegender Entschließungsantrag wurde von den Koalitionsparteien allerdings vertagt. Er sieht vor, die Medienförderung nach einem modularen System aufzubauen und die Förderhöhe unter anderem davon abhängig zu machen, ob es Redaktionsstatuten und Qualitätssicherungssysteme in den Redaktionen gibt. Zudem sollen nur Medien mit Journalisten-Kollektivvertrag in den Genuss von Förderungen kommen. Demokratiefeindliche Medien sollten hingegen keine Zuwendungen bekommen. (2481/A(E)).
FPÖ-Vertreter Harald Stefan hielt die Erhöhung um rund 66% für völlig überzogen; über solche Zuschüsse würden sich viele Bürger:innen angesichts der Teuerungswelle freuen.
Es sei nun endlich gelungen, die Mittel für die lokalen und nicht kommerziellen Sender von 3 auf 5 Mio. € zu erhöhen, unterstrich Eva Blimlinger von den Grünen. Durch den Abänderungsantrag werde zudem die zeitgerechte Auszahlung für die Digitalförderung sichergestellt. Sie wies weiters darauf hin, dass gemeinsam mit allen Stakeholdern seit einigen Monaten an einem umfassenden Medienpaket und an einem Paradigmenwechsel in der Medienförderung gearbeitet werde. Dabei stehe das Qualitätsprinzip im Fokus, was u.a. die Bezahlung der Journalist:innen nach dem Kollektivvertrag oder den Anteil von Frauen in Führungspositionen umfasse.
Neuwahlanträge von SPÖ und FPÖ finden keine Mehrheit
Keine Mehrheit fanden zwei Neuwahlanträge, die von der SPÖ und der FPÖ eingebracht worden waren. Es sei leider nicht immer möglich, dass alle mit den Lösungen zufrieden seien, meinte Agnes Sirkka Prammer (Grüne), aber die Regierung sei sehr aktiv und habe viele Vorhaben wie z.B. ein großes Anti-Teuerungspaket auf den Weg gebracht.
Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ sehen die Notwendigkeit, die Reißleine zu ziehen. Die Koalition sei nicht in der Lage, die aktuellen Krisen zu bewältigen, es gebe weder Ziel noch Plan, halten SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der stellvertretende Klubvorsitzende Jörg Leichtfried in den Erläuterungen ihres Neuwahlantrags (2508/A) fest, den sie anlässlich der jüngsten Regierungsumbildung eingebracht haben. Sollte „Türkis-Grün“ bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben, drohten zwei verlorene Jahre für Österreich und ein enormer Schaden für die Menschen, warnte etwa Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ). Die Regierung sei ihrer Meinung nach mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den großen Herausforderungen der Zeit, wie etwa der enormen Teuerungswelle oder der Bewältigung der Corona-Pandemie.
Inhaltlich könne er dem Anliegen der SPÖ zwar zustimmen, aber angesichts der großen und drängenden Probleme brauche es eine funktionsfähige Regierung, argumentierte Nikolaus Scherak (NEOS). Er sehe derzeit schlichtweg nicht die Notwendigkeit für Neuwahlen. Dennoch übte er massive Kritik daran, dass keine substantiellen Reformen eingeleitet werden.
Die FPÖ verweist in ihrer bereits Ende 2021 vorgelegten Neuwahlinitiative (2124/A) vor allem auf das aus ihrer Sicht gescheiterte Corona-Management der Regierung. Seit Anfang 2020 werde die Bevölkerung in ihren Grund- und Freiheitsrechten beschränkt sowie wirtschaftlich geschädigt, während die Regierung Panik über das Corona-Virus verbreite, kritisieren die Freiheitlichen. Die Impfpflicht würde die gesellschaftliche Spaltung zudem noch verstärken. Abgeordneter Harald Stefan (FPÖ) gab zu bedenken, dass es wohl noch nie so wenig Vertrauen in eine Regierung gegeben habe wie in die aktuelle.
NEOS und SPÖ drängen auf mehr Informationsfreiheit, Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und schärfere Antikorruptionsbestimmungen
Basis für die Debatte zu den Themen Informationsfreiheit und Transparenz bildeten Anträge der NEOS und der SPÖ, die beide vertagt wurden. Die NEOS fordern schon seit Langem die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und haben bereits zu Beginn der Legislaturperiode einen eigenen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz (453/A) eingebracht. Transparenz und ein freier Zugang zu allen Informationen staatlicher Stellen seien das beste Mittel gegen Korruption und Steuerverschwendung, hatte NEOS-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak die Initiative unter anderem begründet. Zudem sei Österreich seiner Meinung nach in kaum einem Bereich dermaßen rückständig wie im Umgang von staatlichen Stellen mit Informationen.
Die SPÖ hat die Herabstufung Österreichs von einer „liberalen Demokratie“ zu einer „Wahldemokratie“ durch das V-Dem-Institut der schwedischen Universität Göteborg zum Anlass genommen, um in Form eines Entschließungsantrags (2433/A(E)) ein „Demokratiereformpaket“ zu fordern. Neben der Schaffung von Informationsfreiheit anstelle der Amtsverschwiegenheit geht es Abgeordnetem Jörg Leichtfried und seinen Fraktionskolleg:innen insbesondere um eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und um eine Schärfung der Antikorruptionsbestimmungen. Österreichs Demokratie leide unter Korruptionsaffären und mangelnder Transparenz. Es sei höchste Zeit, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen, mahnte er. Man sehe zwar das Bemühen von Seiten der Regierung, ein Paket zu erarbeiten, räumte Christian Drobits (SPÖ) gegenüber Ministerin Edtstadler ein, aber es dauere nun schon sehr lange.
Es gebe natürlich gewisse Defizite und Einschränkungen bei den Grund-und Freiheitsrechten, aber man solle den Report auch nicht überbewerten, urteilte FPÖ-Mandatar Harald Stefan. Die Vorschläge der NEOS lehne er ab, weil diese zu einer weiteren Aufblähung der Verwaltung führen würden.
Auch wenn man sich die Kriterien des Reports näher ansehen müsse, könne einem das Ergebnis nicht egal sein, räumte Agnes Sirkka Prammer (Grüne) ein. Sie leite daraus den Auftrag ab, die bereits laufenden Vorhaben der Regierung in Sachen Transparenz, Parteienförderung etc. rasch voranzubringen.
Da ihn die Einstufung Österreichs entsetzt habe, habe er sich die Mühe gemacht, sich die dem Report zu Grunde liegenden Parameter näher anzusehen, erklärte Wolfgang Gerstl (ÖVP). Aus diesem Grund müsse man die Resultate relativeren. Auch Bundesministerin Karoline Edtstadler sprach von einer ungerechten Einstufung, die vor allem der Tatsache geschuldet sei, dass während der Corona-Krise die Begutachtungsfristen sehr kurz gehalten werden mussten. Ausschlaggebend für die Beurteilung waren auch Einschätzungen von NGOs sowie der Umstand, dass bei Demonstrationen Journalist:innen angegriffen worden seien. Österreich war aber eines der ersten Länder, das dafür eigene Kontaktbeamt:innen eingesetzt habe. Da man derzeit sehe, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit sei, sollten die demokratischen Werte sehr ernst genommen werden. Gerade weitreichende Reformen wie etwa das Transparenzpaket sollten daher ausreichend langen Begutachtungen unterzogen werden. Sie sei auch überzeugt davon, dass Österreich beim nächsten Ranking wieder weiter oben liegen werde.
FPÖ warnt vor Aufweichung der Neutralität
Schließlich vertagte der Verfassungsausschuss einen Entschließungsantrag (2420/A(E)), mit dem FPÖ-Chef Herbert Kickl und seine Fraktionskolleg:innen von der Regierung eine konsequente Neutralitätspolitik einfordern. Im Detail plädieren sie im Rahmen eines Fünf-Punkte-Plans dafür, die Vermittlerrolle Österreichs bei Konflikten sicherzustellen, die Wirtschaft nicht als politisches Druckmittel zu nutzen, Truppen- und Waffentransporte durch heimisches Staatsgebiet zu untersagen, das Verteidigungsbudget zu heben. Harald Stefan (FPÖ) war der Meinung, dass es aufgrund der Haltung Österreichs gegenüber dem Krieg in der Ukraine zu einer schleichenden Aushöhlung der Neutralität komme.
Angesichts des „grauenhaften Überfalls auf die Ukraine mit all den furchtbaren Folgen“ lasse ihn der Antrag der FPÖ einigermaßen ratlos zurück, konstatierte NEOS-Vertreter Johannes Margreiter. Man sollte aufhören, der Bevölkerung Sand in die Augen streuen und klar sagen, dass Österreich derzeit ein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer sei. Es gelte daher in Zukunft, die Verteidigung im europäischen Verbund zu organisieren.
Die österreichische Neutralität habe sich seit 1955 zwar verändert, sei aber nicht in Gefahr, unterstrich Bundesministerin Karoline Edtstadler mit Nachdruck. Österreich sei auch politisch nicht neutral, sondern habe in Bezug auf den Krieg in der Ukraine eine klare Meinung bezogen. Es müssen jedenfalls das europäische Lebensmodell und die demokratischen Werte verteidigt und jene Länder unterstützt werden, die sich diesen annähern wollen. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) sue
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