Wien (OTS) – „Konsument*innen sind heute so mächtig wie noch nie. Sie haben auch so viel Programm-Auswahl wie noch nie“, sagte Gerhard Zeiler beim Produzent*innen Tag der Association of Austrian Filmproducers (AAFP) und der Film Austria in der Galerie Westlicht. Zeiler, nunmehriger Präsident von Warner Media International, erklärte in seinen „Zehn Thesen zur Zukunft der Audiovisuellen Industrie“ die Kreativwirtschaft zum großen Gewinner, da der Bedarf an neuen Inhalten weiter explodieren werde. „Während 2012 jährlich noch 288 neue englischsprachige Serien auf den Markt geworfen wurden, waren es 2021 schon 559“, so Zeiler. Seit 2019 stiegen die globalen Streaming-Umsätze um unglaubliche 70 %. Laut der Nielson Umfrage „The Gauge“ mache Streaming mittlerweile 30 % des gesamten globalen Bewegtbild-Angebots aus.
Globale Hits haben lokalen Hintergrund
Die erfolgreichsten Netflix-Serien des letzten Jahres kommen aus Korea (Squid Game), Frankreich (Lupin) und Spanien (Money Heist). „Daran kann man die Chancen von lokalen Produktionen ablesen, auch global gestreamt zu werden“, sagte Zeiler. Nach „Dark“, „4 Blocks“, „Freud“ oder „You are wanted“ werden vermehrt Produktionen aus dem deutschsprachigen Raum dazu kommen, prognostizierte Zeiler. Anders als in Spanien oder Frankreich, wo es eine ausgeprägtere Streaming-Produktion gebe, würde im DACH-Raum noch vor allem für lineares TV produziert. Kino bleibe für Zeiler unverzichtbar, es müsse sich nur die Industrie ändern. „Es gibt eine Scheu von über 35-Jährigen, ins Kino zu gehen“, sagte Zeiler, „Für „James Bond“ oder „Dune“ würde ich es persönlich riskieren, Covid zu bekommen.“
Wie Österreich international mitspielt
Jan Mojto, Grandseigneur mitteleuropäischer Filmproduktion, rät heimischen Produzent*innen zu Aktivismus für bessere Rahmenbedingungen und dazu, vor dem Bundeskanzleramt zu demonstrieren: „Die meisten umliegenden Länder geben internationalen Filmproduktionen deutliche Vergünstigungen und Rabatte. Da wird es schwer für den österreichischen Produzent*innenmarkt“, so Mojto, „Einen Filmstandort sichert man vor allem damit ab, regelmäßig gute Arbeit abzuliefern und für die Rahmenbedingungen zu kämpfen.“
Talenten früh Geld zusichern
Eine Außensicht auf die österreichische Filmwirtschaft brachte der CEO von Studio Hamburg, Michael Lehmann, ein. „Wenn wir Qualität in der Produktion wollen, müssen wir den Kreativen früh Geld zusichern. Ich rede von Erstförderungen“, sagte Lehmann, „Solange wir nicht skalierbare Förderungen haben, ist das nicht möglich.“ Als ein funktionierendes Beispiel nannte Lehmann die Eigenproduktion „Die Tatortreiniger“. International habe die Serie erst abgehoben, als man damit nach Großbritannien ging und sie mit lokalen Schauspielern neu drehte. Selbst erfolgreiche Produktionen wie „Bad Banks“ konnten keine heimischen Erstfinanzierer finden. „Das erste Geld“, sagte Lehmann, „floss da aus einer Luxemburger Förderung.“ Mut machte Michael Lehmann auch das schon von Zeiler angeführte Beispiel „Squid Game“, denn das Ziel der Produzenten war es anfangs nur, eine erfolgreiche koreanische Serie zu machen.
Was die Politik tut
„2021 wurden 50 heimische Filmproduktionen fertig. Das österreichische Kino ist international anerkannt und eigenständig. Wir werden alles dafür tun, damit das auch so bleibt“, sagte Andrea Mayer, Staatssekretärin für Kunst und Kultur, auf die Impulse der Gastredner reagierend. Als konkrete Beispiele, die den politischen Willen abbilden sollten und mit denen die heimische Filmlandschaft in den letzten Jahren unterstützt wurde, nannte sie etwa: 10 % mehr Fördervolumen für das Österreichische Filminstitut (ÖFI) sowie die COVID19-Ausfallshaftung in Höhe von 25 Millionen Euro. Medienministerin Susanne Raab kündigte an, dass diese mit Ende Juni auslaufende drehsichernde Maßnahme für Filmproduktionen verlängert werde und bis Ende des Jahres der Branche zur Verfügung stehe. Weiters bekannte sich die Medienministerin dazu, dass es eine ORF-Digitalnovelle geben werde. Wichtig sei dabei die Möglichkeit für den ORF, Inhalte online-first und online-only zu produzieren, wobei es jedoch einen Interessensausgleich im Sinne des gesamten Standorts brauche.
Neue Förderung ohne Obergrenze
Die Beschlussfassung für ein Steueranreizsystem zur Filmfinanzierung, wie es auch Mojto erwähnte und das seit über 6 Jahren von der österreichischen Filmbranche gefordert wird, erhofft sich Mayer in naher Zukunft. Dieses Finanzierungsmodell könnte sich an der von den Produzent*innenverbänden geforderten „Investitionsprämie“ orientieren, die – internationalen Beispielen folgend – zum Ziel hätte, dass ein prozentualer Anteil von 35% der Produktionskosten in Österreich in Geld oder Steuererleichterungen als Finanzierungsbaustein zurückerstattet werden. Die dadurch massiv gesteigerte Wertschöpfung, die Arbeitsmarktimpulse und die komplementären Finanzierungen aus dem In- und Ausland würden die entgangenen Steuereinnahmen nach den validierten Berechungsmodellen mehr als kompensieren. „Das würde Österreichs Kreativbranche im europäischen Vergleich wieder wettbewerbsfähiger machen“, sagte AAFP-Präsident John Lüftner. Es solle jedenfalls keine Obergrenze für das Gesamtfördervolumen geben, so Andrea Mayer. Konkreteres solle es bis Mitte des kommenden Sommers geben.
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