Bundesrat bestätigt Gesetz, das Vorgehen gegen illegale Verhaltensweisen in der Tuner-Szene erleichtert

Wien (PK) – Das Vorgehen gegen problematische Verhaltensweisen in der so genannten „Tuner-Szene“ wird durch neue Bestimmungen im Kraftfahrgesetz (KFG) erleichtert. Die KFG-Novelle passierte nach dem Nationalrat heute auch den Bundesrat mit breiter Mehrheit. Die FPÖ hielt auch in der Länderkammer an ihrer Kritik fest und bewertete die neuen Regelungen als typisches Beispiel einer „Anlassgesetzgebung“, die zudem den eigentlichen Zweck verfehle.

Der Bundesrat sprach sich heute auch mehrheitlich für die Verlängerung der Geltungsdauer des COVID-19-Maßnahmengesetzes bis Ende Juni 2023 aus. Das Gesetzespaket hatte zu Lockdown-Zeiten große Bedeutung und wäre mit Juni dieses Jahres ausgelaufen. Nun wurde aus Sicht von Gesundheitsminister Johannes Rauch die rechtliche Grundlage geschaffen, um auf die derzeit nicht vorhersehbare Entwicklung der Corona-Lage im Herbst flexibel reagieren zu können. Eine weitere Verlängerung um maximal sechs Monate, also bis zum 31. Dezember 2023, wäre im Bedarfsfall per Verordnung durch die Bundesregierung möglich. Auch hier übte die FPÖ heftige Kritik an der Bundesregierung und stimmte der Novelle nicht zu.

Ein FPÖ-Antrag auf Aufhebung der Maskenpflicht für alle Wirtschaftsbereiche wurde nicht angenommen. Eine Mehrheit fand hingegen ein Entschließungsantrag der SPÖ. Dieser spricht sich für einen „Schutzschirm für Kinder und Jugendliche“ aus. Die Bundesregierung wird aufgefordert, darauf zu reagieren, dass die COVID-19-Pandemie besonders für diese Gruppe eine schwere Belastung bedeutet, und ein Unterstützungspaket auf den Weg zu bringen.

Höhere Strafen für unerlaubte Änderungen an Sportautos und für gefährliche Fahrweisen

Die neuen Regelungen des KFG beziehen sich explizit auf Verhaltensweisen mit Kraftfahrzeugen, wie sie speziell im Rahmen von Treffen der Tuner-Szene beobachtet werden können. Der Polizei soll bei unzulässigen Veränderungen an Fahrzeugen und bei so genannten „nicht der Eigenart des Fahrzeuges entsprechenden Verhaltensweisen“ rasch einschreiten und zeitweise Fahrverbote aussprechen können. Zudem werden die Strafen bei Verstößen deutlich erhöht.

Michael Bernard (FPÖ/N) kritisierte das Gesetz als „Anlassgesetzgebung“, die jene kleine Gruppe von Personen der Tuner-Szene zum Vorwand nehme, die bei den GTI-Treffen in Kärnten regelmäßig Lärmbelästigungen verursacht. Mit der Novelle gehe es aber offenbar nicht um den selbstverständlich notwendigen Schutz von Anrainer:innen, sondern um ein erneutes „Autofahrer-Bashing“. Die Freiheitlichen würden es als besonders bedenklich ansehen, dass der Strafrahmen für sämtliche Delikte des KFG angehoben wird. Der FPÖ-Bundesrat befürchtete daher, dass höhere Strafen auch für kleinste Verstöße verhängt werden sollen. Das könne sich negativ auf das ohnehin schon unter Druck stehende Transportgewerbe auswirken, meinte er. Markus Leinfellner (FPÖ/St) kritisierte die Gesetzesänderung als ein weiteres eklatantes Beispiel einer verfehlten Verkehrspolitik der Grünen. Zur Verkehrssicherheit würde der Ausbau von gefährlichen oder von ständigen Staus betroffenen Straßenabschnitte wesentlich mehr beitragen, als eine Anhebung der Mindeststrafen für geringfügige Delikte, argumentierte er. Diese Schritte unterlasse die Verkehrsministerin jedoch.

Der Vorarlberger Bundesrat der Grünen Adi Gross betonte, dass im Straßenverkehr das Prinzip der Rücksichtnahme gelte. Bei den Delikten, die nun strenger als bisher bestraft werden sollen, handle es sich um gefährliches Fahrverhalten und um extreme Lärmbelästigung. Das Gesetz lege genau fest, was dabei zu ahnden sei. Die Erhöhung der Strafdrohung sei angemessen, um gegen jene Teile der Tuner-Szene vorgehen können, die die geforderte Rücksicht nicht üben wollen, zeigte sich der Bundesrat überzeugt.

Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) nahm einen tragischen Verkehrsunfall, der durch das riskante Überholmanöver eines Rasers verursacht wurde, zum Anlass, um auf die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen extreme Raserei auf den Straßen hinzuweisen. Sie kenne zudem aus eigener Anschauung die Lärmbelästigung und die Gefährdung, die von dem Teil der Tuner-Szene verursacht werde, der illegale Straßenrennen veranstalte. Die nun eingeführten Maßnahmen würden vor allem Wiederholungstäter:innen treffen und der Exekutive eine Handhabe geben, um wirkungsvolle Strafen zu verhängen, betonte Eder-Gitschthaler. Ernest Schwindsackl (ÖVP/St) meinte, Tuner-Szene und illegale Straßenrennen gingen erfahrungsgemäß Hand in Hand. Hieraus entstehe nicht nur Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer:innen, sondern auch eine beträchtliche Umweltbelastung. Ein legales, sachgemäßes Tuning von Fahrzeugen werde selbstverständlich weiterhin möglich sein, unterstrich Schwindsackl.

Andrea Kahofer (SPÖ/N) wies darauf hin, dass die Autorunner- und Tuner-Szene unterdessen in ganz Österreich anzutreffen sei. Auf vielen Straßenabschnitten komme es durch die dabei geübten Fahrweisen auch zu schweren Schäden an den Fahrbahnen. Nicht nur Anrainer:innen seien vom Lärm betroffen, auch die Natur werde dadurch schwer beeinträchtigt. Die Politik habe daher die Pflicht, gegen schweres Fehlverhalten einzuschreiten. Sie frage sich aber, ob die Anhebung der Mindeststrafen eine ausreichende abschreckende Wirkung habe. Aus ihrer Sicht sollte darüber nachgedacht werden, ob die Ableistung von Sozialstunden nicht eine stärkere Abschreckung erzielen könnte.

Gewessler: Höhere Strafen für rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr

Verkehrsministerin Leonore Gewessler betonte, der bei weitem überwiegende Teil der Verkehrsteilnehmer:innen verhalte sich korrekt. Allerdings gebe es einen Teil der Tuner-Szene, der keine solche Rücksichtnahme kenne, sondern mit illegalen Umbauten an den Autos Lärm verursache und mit seinem extremen Fahrverhalten andere gefährde. Legal durchgeführtes, typisiertes Tuning sei in Ordnung, aber illegales Verhalten werde nun durch das Gesetz explizit unter Strafe gestellt, betonte die Verkehrsministerin. Dabei werde sichergestellt, dass die Strafen unverzüglich verhängt und Wiederholungstäter:innen wirkungsvoller und schärfer als bisher bestraft werden können.

COVID-19-Maßnahmengesetz wird mit Blick auf mögliche Lage im Herbst verlängert

ÖVP und Grüne begründeten ihre Initiative zur Verlängerung zum COVID-19-Maßnahmengesetzes damit, dass die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre gezeigt hätten, dass niedrigere Temperaturen die Verbreitung von SARS-CoV-2 begünstigen. Eine Verlängerung der Rechtsmaterien, die seit Beginn der Pandemie unter anderem Schritte wie Ausgangsbeschränkungen oder Betretungsregelungen ermöglichen, sei daher notwendig.

Christoph Steiner (FPÖ/T) sah die Verlängerung als „gefährlich für Österreich“. Die Bundesregierung und die Koalitionsparteien würden dem Gesundheitsminister ermöglichen, den „Corona-Ausnahmezustand“ per Verordnung sogar bis Ende 2023 zu verlängern, mit allen negativen Begleiterscheinungen, wie etwa der willkürlichen Verhängung von Betretungsverboten, Ausgangsbeschränkungen und Lockdowns. Zur selben Zeit seien aber keine Vorkehrungen der Regierung für den Herbst zu erkennen. Nach zwei Jahren des „Corona-Wahnsinns“ habe die Bundesregierung nicht einmal eine valide Datengrundlage für ihre Maßnahmen. Einen der Gründe der aus seiner Sicht unzulänglichen Pandemiebekämpfung sah Steiner in der Krise der niedergelassenen Ärzt:innen, die von der Bundesregierung seit Jahren ignoriert würden. Als einzige Maßnahme habe man eine untaugliche Impfpflicht in der Schublade – eine Maßnahme, gegen die sich bereits viele Länder in Europa bewusst ausgesprochen hätten. Die COVID-Politik der Bundesregierung sei nur mehr „chaotisch und peinlich“, lautete das Resümee des FPÖ-Bundesrats. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, die FFP2-Maskenpflicht in allen Wirtschaftsbereichen, insbesondere im Handel, umgehend aufzuheben.

Sein Kärntner Fraktionskollege Josef Ofner sagte, in der Art und Weise, wie die FFP2-Maske von den meisten Menschen getragen werde, könne sie keine Wirkung entfalten, trotzdem halte man an dieser sinnlosen Maßnahme fest. Er bekräftigte die Kritik an der aus seiner Sicht unzureichenden Datenlage, mit der die Bundesregierung agiere. Er sah die Hauptprobleme des Gesundheitssystems auch nicht durch die Pandemie verursacht, sondern durch die Sparmaßnahmen früherer Bundesregierungen. ÖVP und Grüne wollten nur ihre „Chaospolitik verlängern“ und „im Handstreich sinnbefreite Maßnahmen wieder in Kraft setzen können“. Damit verursache man wieder Planungsunsicherheit für die Unternehmen und das Bildungssystem, meinte Ofner. – Der FPÖ-Antrag fand keine Mehrheit.

Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) meinte, dass ihr Vorredner den Ernst der Lage offenbar verkenne. Eine COVID-19-Infektion führe nach wie vor oft zu schwerwiegender Erkrankung. Zudem könnte die Lage im Herbst bereits wieder anders aussehen. Der Gesundheitsminister bereitet sich daher nach Beratungen mit Expert:innen auf das denkbare Spektrum der Szenarien vor. Das reiche vom Idealfall, der keine Maßnahmen mehr notwendig macht, bis zum Worst-Case-Szenario, in dem eine neue, gefährliche Virus-Variante wieder weitgehende Einschränkungen notwendig macht. Die Verlängerung des COVID-19-Maßnahmengesetzes erlaube dem Gesundheitsminister, entsprechend vorausschauend zu reagieren. Die FFP2-Maske habe in bestimmten Bereichen, wo vulnerable Personen geschützt werden müssten, weiterhin ihre Berechtigung als effektive und einfach umsetzbare Maßnahme.

Auch nach mehr als zwei Jahren sei die Pandemie leider noch nicht beendet, betonte Franz Ebner (ÖVP/O). Derzeit erlaube die Lage zwar eine Lockerung der meisten Maßnahmen. Man müsse aber auch Vorsorge für eine geänderte Situation, wie sie im Herbst eintreten könnte, treffen. Nicht vergessen werden dürfe dabei, dass COVID-19 insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen noch immer sehr gefährlich sei. Neu auftretende Varianten des Virus machten es notwendig, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Daher müsse jetzt der rechtliche Rahmen geschaffen werden, um im Bedarfsfall flexibel reagieren zu können. Das nicht zu tun, wäre sorglos und verantwortungslos, sagte Ebner.

Die Sozialdemokratie stimme der Verlängerung des COVID-19-Maßnahmengesetzes zu, aber in der Hoffnung, dass man es nicht anwenden werde müssen, sagte Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W). Falls es doch notwendig werden sollte, die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung zu verschärfen, so sei zu hoffen, dass der Gesundheitsminister dabei besondere Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen nehmen werde. Mehr als die Hälfte der jungen Menschen würden sich unterdessen als Teil der „Generation Dauerkrise“ sehen und sich von der Politik im Stich gelassen fühlen. Die Bundesregierung müsse daher dringend einen „Schutzschirm für Kinder und Jugendliche“ aufspannen, sagte Gruber-Pruner. Dazu gehöre etwa ein umfangreiches niederschwelliges Angebot an psychologischer Unterstützung. Auch das Vereinsleben müsse gefördert und Druck aus dem Bildungssystem genommen werden. Vorstellbar ist für Gruber-Pruner auch ein Gutschein für Sommerurlaube für Kinder und Jugendliche und die Freifahrt in öffentlichen Verkehrsmittel während der Ferien. Sie bekräftige diese Forderung mit einem Entschließungsantrag ihrer Fraktion, der mit Mehrheit der Stimmen angenommen wurde.

Rauch: Werden Instrumente nur nach Maßgabe der Notwendigkeit und im Rahmen des verfassungsmäßig Möglichen anwenden

Gesundheitsminister Johannes Rauch sagte, in einem Gespräch hätten ihm Vertreter:innen der Intensivmedizin vor Kurzem dargelegt, welche dramatischen Auswirkungen die Pandemie auf diesen Bereich des Gesundheitswesens hatte. Obwohl die Intensivmedizin in Österreich auf höchstem Niveau stehe, habe man viele erkrankte Menschen nicht mehr retten können. COVID-19 dürfe nicht kleingeredet werden, denn es handle sich weiterhin um eine sehr ernste Erkrankung. Die Maßnahmen, die das Maßnahmengesetz vorsehe, werde er sicher nicht „nach Lust und Laune“ verhängen. Er werde mit den Instrumenten, über die er verfüge, selbstverständlich sehr sorgfältig umgehen, betonte Rauch. Dabei werde er stets darauf achten, dass freiheitsbeschränkende Maßnahmen immer auf dem Boden dessen stehen, was verfassungsrechtlich möglich ist. Unter diesen Prämissen habe er mit Expert:innen Szenarien für den Herbst erarbeitet, um auf alle denkbaren Varianten vorbereitet zu sein, bis hin zu der Möglichkeit, dass nochmals eine neue, gefährliche Virusvariante auftaucht. Die Kooperation mit den Stakeholdern im Gesundheits- und Sozialbereich habe in den vergangenen Jahren sehr gut funktioniert, betonte Gesundheitsminister Rauch. (Fortsetzung Bundesrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

———————————————————————

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz

AMABundesratCOVID-19DanningerGewesslerGreenpeaceKulturLandesratRauchSupermärkteTierleidTourismus und FreizeitUmweltVerkehrssicherheit
Comments (0)
Add Comment