Wien (PK) – Nach intensiven Debatten zum Erdgasthema im Hinblick auf den Ukraine-Konflikt fand im Wirtschaftsausschuss ein kurzfristig in die Tagesordnung aufgenommener Antrag (2359/A) von ÖVP und Grünen zu Änderungen im Gaswirtschaftsgesetz einhellige Zustimmung, der vorerst nur redaktionelle Anpassungen enthält. Ausschussvorsitzender Peter Haubner (ÖVP) stellte als Zusammenfassung der Ausschussverhandlungen in Aussicht, dass dazu noch bis zum März-Plenum Gespräche mit den Energie- und WirtschaftssprecherInnen und den entsprechenden Stakeholdern stattfinden sollen, um etwaige ergänzende Vorkehrungen für die Gasversorgung und -bevorratung aufnehmen zu können. Energieministerin Leonore Gewessler betonte, dass Haushalte zum geschützten Bereich gehören und deren Versorgung damit gesichert sei. Es gebe aber derzeit keinen Energielenkungsfall nach dem Energielenkungsgesetz – sie sehe aktuell keine Notwendigkeit, damit in den privatwirtschaftlich organisierten Markt einzugreifen, so Gewessler.
Mit der Initiative miterledigt wurde ein Antrag der FPÖ zur Schaffung strategischer Erdgasreserven in Österreich. Die Debatte fand im Zusammenhang mit einer Aktuellen Aussprache mit Bundesministerin Gewessler sowie mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck zum Thema „Ukraine-Krieg und die wirtschaftlichen und energiepolitischen Auswirkungen auf Österreich“ statt.
Diversifizierung, Gasbevorratung und Energiewende als Wege
Gewessler bestätigte auf entsprechende Fragen etwa von Christoph Matznetter (SPÖ) eine Abhängigkeit von Gaslieferungen Russlands, verwies aber auch darauf, dass das Risiko, dass Russland nicht mehr liefern könnte, nach 2009 und 2014 nicht neu sei. Es handle sich beim Gasmarkt aber um einen liberalisierten, privatwirtschaftlichen Markt – nicht die Energieministerin kaufe Erdgas, sondern Unternehmen mittels privater Verträge. Es gebe in Österreich grundsätzlich vergleichsweise hohe Speicherkapazitäten. Unabhängig davon, wem diese gespeicherten Mengen gehören, bestehe für den Extremfall auch eine Lenkungsmöglichkeit, auf alle Reserven in Österreich zugreifen zu können, erörterte die Ministerin etwa in Richtung Alois Schroll (SPÖ), der hinterfragte, ob nicht ein Teil der Reserven etwa für Deutschland reserviert sei. Zugleich gelte es, alles daran zu setzen, um zu verhindern, überhaupt in einen solchen Energielenkungsfall zu kommen. Das entsprechende Energielenkungsgesetz sei für den „Worst Case“ geschaffen worden, erläuterte die Ministerin auf Fragen von Axel Kassegger (FPÖ) und Karin Doppelbauer (NEOS). So gebe es bei bestimmten Einschränkungen diese Möglichkeit, in der Energieversorgung hoheitlich einzugreifen. Im Hinblick auf Haushalte führte sie konkret aus, dass in der Bevorratung die Verpflichtung bei den Versorgern bestehe, die Versorgung auf 30 Tage sicherzustellen. Das werde auch eingehalten, womit eben die Versorgung der Haushalte gesichert sei. Die E-Control arbeite mit Hochdruck an Erhebungen bei Unternehmen zur aktuellen Situation, führte die Ministerin in Richtung Tanja Graf und Maria Theresia Niss (beide ÖVP) aus. Insgesamt sei umso mehr aus der aktuellen Situation die Lehre zu ziehen und weiter darauf zu setzen, mit der Energiewende „raus aus der Abhängigkeit“ zu kommen.
Man sei durch die hohen Preise im vergangenen Sommer mit vergleichsweise geringen Speicherständen in den Winter gegangen, die sich jetzt aber nicht so niedrig wie in manch anderen Jahren eingependelt hätten, so die Ministerin weiter. Die Preisbildung derzeit halte sie eher für Nervosität in Reaktion etwa auf politische Kommunikation und weniger geprägt von Angebot und Nachfrage, wiewohl die Situation derzeit insgesamt angespannt sei.
Gewessler nannte einige Bereiche, die zu weiteren Entwicklungen aus ihrer Sicht zu beachten seien. Das betreffe die Frage der Diversifizierung der Erdgaslieferungen, etwa im Hinblick auf die von Matznetter thematisierten Möglichkeiten zu Flüssigerdgas zu kommen, aber auch politisch vorzuarbeiten, beispielsweise in den Beziehungen zu Katar. Was die Biogasproduktion in Österreich betrifft, könnte laut Angaben der Branche nicht akut, aber bis 2030 erreicht werden, 20% des russischen Imports zu ersetzen.
Bereits in den nächsten Tagen werde es zu Gesprächen mit den EnergiesprecherInnen und Stakeholdern kommen, um die Möglichkeiten über erweiternde Vorkehrungen zu diskutieren. Ansätze können aus Gewesslers Sicht etwa sein, den genannten 30-tägigen Versorgungsstandard auszuweiten und darüber zu reden, über Haushalte und soziale Dienste hinaus, weitere Kunden einzuschließen – etwa Fernwärme und KMU, meinte die Ministerin. Außerdem stelle sich die Frage, etwaig im Sinne einer strategischen Gasreserve auch Systemmanager der Austrian Gas Grid Management AG zu ermächtigen, Gas zu beschaffen. Das Ziel sei, zu Beginn der nächsten Wintersaison den Schnitt der letzten Jahre als Reserven zu haben, so es nicht früher Eingriffe geben müsse. Es gelte jedenfalls, mit der Situation behutsam umzugehen, auch im Hinblick auf die Abhängigkeit von Russland.
FPÖ fordert Schaffung strategischer Erdgasreserven in Österreich
In dem heute miterledigten Entschließungsantrag thematisiert die FPÖ, dass der gegenwärtige Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einmal mehr die Abhängigkeit Europas und damit auch Österreichs insbesondere auch am Energiesektor veranschauliche (2324/A(E)). Auch wenn laut E-Control die derzeit in Österreichs Gasspeichern lagernden Gasvorräte auch für den Haushaltsbedarf deutlich über die Heizperiode hinaus reichen, so wäre aus Sicht der Freiheitlichen im Sinne der Stärkung der Unabhängigkeit und der Sicherstellung einer durchgehenden Gasversorgung ohne die Gefahr von Versorgungsengpässen für die Zukunft die verpflichtete Schaffung einer strategischen Gasreserve in Österreich von großer Bedeutung. Die FPÖ fordert daher eine Regierungsvorlage, mit der ein gesetzlicher Rahmen für das Anlegen einer strategischen Pflichtnotstandsreserve für Erdgas in Österreich geschaffen wird. (Schluss Wirtschaftsausschuss) mbu
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