Unterrichtsausschuss: ÖVP und Grüne wollen mehr Klarheit bei Vergabe des Sonderpädagogischen Förderbedarfs schaffen

Wien (PK) – Deutliche Unterschiede der Verteilung des Sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) nach Bundesländern haben ÖVP und Grüne veranlasst, sich in Form eines Entschließungsantrags für eine Evaluierung der Vergabepraxis der Förderungen einzusetzen. Der Antrag wurde heute im Unterrichtsausschuss mit den Stimmen der Abgeordneten der beiden Fraktionen angenommen.

Ein Antrag der NEOS nach 100 Mio. € für die Finanzierung eines inklusiven Bildungssystems erhielt nur seitens der SPÖ zusätzliche Unterstützung und blieb damit in der Minderheit. Der Antrag fußt auf einer Petition, die mehr Unterstützung für inklusive Bildung fordert. Der Ausschuss sprach sich mit der Mehrheit aller Fraktionen außer der FPÖ dafür aus, die Petition dem Nationalrat zuzuleiten.

Einstimmigkeit fand ein Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen, nach einer MINT-Strategie, die gezielt Mädchen und Frauen fördert. Der Initiativantrag der beiden Fraktionen, den Stiftungszweck Innovationsstiftung für Bildung zu erweitern, wurde hingegen von den anderen Fraktionen nicht unterstützt. Eine Reihe weiterer Anträge zu Bildungsthemen, die von der Opposition gestellt wurden, wurden von den Koalitionsfraktionen vertagt.

Inklusive Bildung: Koalition will Verteilung des Sonderpädagogischen Förderbedarfs evaluieren lassen

Sibylle Hamann (Grüne) begründete den Antrag der Koalitionsfraktionen mit deutlichen bundesländerspezifischen Unterschieden bei der Verteilung der Mittel (2304/A(E)). Bei der Erhebung von SchülerInnen mit SPF gemessen an der Gesamtschülerzahl allgemeinbildender Pflichtschulen würden deutliche Differenzen sichtbar. So seien es beispielsweise 7,2% in Vorarlberg versus 3,4 % in Tirol (Schuljahr 2019/20). Der Grund könne eher in einer unterschiedlichen Vergabepraxis liegen, als in der tatsächlichen Häufigkeit von Behinderung, vermuten die AntragstellerInnen. Mit der Evaluierung solle mehr Transparenz über die Ressourcenvergabe hergestellt und ein Wissenstransfer zwischen bestehenden Sonderschulen und inklusiven Angeboten ermöglicht werden, führte Hamann aus. Gertraud Salzmann (ÖVP) fügte hinzu, dass es wichtig sei, dass möglichst viele SchülerInnen mit SPF aktiv betreut werden können. Dazu müssten aber die vorhandenen Ressourcen effizient eingesetzt werden.

Die Abgeordneten der Opposition zeigten sich skeptisch gegenüber dieser Argumentation. Rosa Ecker (FPÖ) meinte, aus Sicht ihrer Partei sei es eine falsche Entwicklung, PädagogInnen nur mehr in Hinblick auf Inklusion auszubilden. Die Sonderpädagogik, auf die weiterhin Kinder angewiesen seien, gerate damit ins Hintertreffen. SPÖ und NEOS verwiesen auf die Forderung nach Erhöhung der Mittel für inklusive Bildung, die im Fokus der Petition „INKLUSIVE BILDUNG JETZT“ (63/PET) steht. Die Petition fordert unter anderem die verbindliche Verankerung von zusätzlichen Mitteln im Nationalen Aktionsplan Behinderung (2022-2030). Dreizehn Jahre nach der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch das österreichische Parlament und nach Evaluierung der Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2012-2021 (NAP) durch die Universität Wien habe sich Österreich von dem Ziel eines inklusiven Bildungssystems bisher eher entfernt als angenähert, heißt es in der Petition, ein Befund, dem sich Petra Vorderwinkler (SPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS) anschlossen.

NEOS-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre bekräftigte die Forderung der Petition „Inklusive Bildung jetzt“ auf mindestens 100 Mio. € zusätzlich für die Finanzierung eines inklusiven Bildungssystems mit einem Entschließungsantrag (2277/A(E)). Die zusätzlichen Ressourcen müssten rasch und auf Basis eines Chancenindex sozial ausgewogen verteilt werden, so die Auffassung der NEOS. Der Antrag wurde nur von SPÖ und NEOS unterstützt und damit mehrheitlich abgelehnt.

Koalitionsfraktionen setzen sich für MINT-Strategie für Frauen ein

Zielgerichtete Projekte braucht es aus Sicht von Maria Theresia Niss (ÖVP) und Sibylle Hamann (Grüne) vor allem bei der Förderung von Mädchen und Frauen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Sie ersuchen Bildungsminister Martin Polaschek daher, mit einer Strategie für eine nachhaltige Erhöhung des Anteils von Mädchen und Frauen in MINT-Ausbildungen zu sorgen (2305/A(E)). Entsprechende Förderaktivitäten gelte es über die gesamte Bildungskette hinweg zu bündeln, sagte Hamann.

Der Antrag fand die Zustimmung auch der Opposition und wurde damit einstimmig angenommen. Martina Künsberg Sarre (NEOS) bedauerte, dass angesichts der breiten Zustimmung quer durch alle Fraktionen seitens der Koalition nicht versucht wurde, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen. Rosa Ecker (FPÖ) meinte, ihre Fraktion stimme zwar zu, vermisse aber das Neue am Antrag. Katharina Kucharowits (SPÖ) merkte an, aus Sicht ihrer Fraktion sollte der Antrag auch konkrete Projekte und Zeitpläne der Umsetzung enthalten. Die Abgeordnete erkundigte sich nach dem Stand des gestarteten Schulversuchs eines MINT-Schwerpunkts in Schulen der Sekundarstufe I. Bildungsminister Martin Plaschek teilte mit, dass 50 Schulen einen solchen Schwerpunkt angemeldet haben und diesen im Schuljahr 2022/23 beginnen werden.

ÖVP und Grüne: Breitere Finanzierungsbasis für innovative Bildungsprojekte

Zur Stärkung von Bildungsinnovationen in Österreich wollen ÖVP und Grüne bei der 2017 geschaffenen Innovationsstiftung für Bildung den Stiftungszweck erweitern. Maria Theresia Niss (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne) haben dazu mit einem Initiativantrag (2330/A) vorgeschlagen, für die Bereitstellung von Förderungen neben kompetitiven Ausschreibungsverfahren auch andere Qualitätssicherungsverfahren vorzusehen. Mit der Änderung ermögliche man, dass Schulen Förderungen auch aufgrund des Chancenindex erhalten können, erläuterte Sibylle Hamann (Grüne) die Initiative der Koalition. Die Stiftung könne zudem zweckgebundene Zuwendungen zur Umsetzung des Stiftungszwecks erhalten. Niss (ÖVP) bestätigte, dass es darum gehe, dass mehr Projekte über die Stiftung abgewickelt werden können.

Seitens der Opposition wurden Zweifel geäußert, dass die Neuregelung die ausreichende Transparenz der Fördervergabe sicherstellt. Petra Vorderwinkler (SPÖ) und Rosa Ecker (FPÖ) äußerten ihre Zweifel in diesem Sinne. Fiona Fiedler (NEOS) erklärte, ihre Fraktion wolle noch weitere Informationen einholen, vorerst werde sie nicht zustimmen.

SPÖ fordert Unterstützung bei Lehrabschlussprüfung

Genauso wie MaturantInnen habe die Pandemie auch Lehrlingen ihre Ausbildung erschwert, zeigt Klaus Köchl (SPÖ) in einem Antrag auf, im dem er auf eine Lehrabschlussprüfungsoffensive der Regierung drängt (2308/A(E)). Bildungs- und Wirtschaftsministerium sollten eine Kostenübernahme der Vorbereitungskurse für die Lehrabschlussprüfung sowie eine Informationskampagne über derzeitige Förderungen für Lehrlinge auf den Weg bringen. Auch sollte die Vorbereitungszeit für die Lehrabschlussprüfung als Arbeitszeit gelten. Romana Deckenbacher (ÖVP) sagte, die geforderten Maßnahmen würden die Zuständigkeiten unterschiedlicher Ressorts berühren, und stellte einen Vertagungsantrag.

SPÖ fordert Corona-Bonus für LehrerInnen und ElementarpädagogInnen

Petra Vorderwinkler (SPÖ) fordert, Beschäftigten in Kindergärten, Horten und Schulen rasch und unbürokratisch einen Corona-Bonus in gleicher Höhe wie dem Gesundheitspersonal auszubezahlen (2309/A(E)). Diese Berufsgruppen hätten schließlich im Zuge ihrer Tätigkeit nicht nur ein besonderes Ansteckungsrisiko, sondern auch zahlreiche Zusatzaufgaben, beispielsweise in Zusammenhang mit dem Distance-Learning, auf sich genommen. ÖVP-Abgeordnete Romana Deckenbacher meinte, die Leistung der PädagogInnen in der Pandemie sei anzuerkennen. Ein Bonus wie der geforderte könne aber nicht vom Bildungsministerium alleine umgesetzt werden, argumentierte sie ihren Vertagungsantrag.

SPÖ für Freiwilligkeit bei mündlicher Matura 2022

SPÖ-Mandatarin Petra Vorderwinkler sagte, angesicht der Auswirkungen der Corona-Pandemie trete ihre Fraktion dafür ein, die mündliche Matura auch für 2022 nur freiwillig vorzusehen (2312/A(E)). Die diesjährigen MaturantInnen seien schon seit zwei Jahren mit einem pandemiebedingten Ausnahmezustand im Schulbetrieb konfrontiert gewesen. ÖVP und Grüne wollten sich dieser Sichtweise nicht anschließen und vertagten den Antrag.

FPÖ für Aufhebung der COVID-19-Sonderbestimmungen im Schulbereich

Einen Regierungsvorschlag, mit dem sämtliche den Bildungsbereich betreffenden Verordnungsermächtigungen bezüglich Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 außer Kraft gesetzt werden, erwartet die FPÖ (2337/A(E)). Demokratiepolitisch sei es nämlich äußerst bedenklich, wenn das Bildungsministerium über Sonderbestimmungen ohne Beschluss des Nationalrats massiv in den Schulbetrieb eingreifen könne, meinte Hannes Amesbauer. Auch dieser Antrag wurde von den Koalitionsfraktionen vertagt.

SPÖ und NEOS fordern bundeseinheitliche Standards für Elementarbildung

SPÖ und NEOS drängten in drei Anträgen, die mit der Mehrheit von ÖVP und Grünen vertagt wurden, auf einheitliche Standards für den Bereich der Elementarbildung und eine Finanzierung, die diese auch umsetzbar macht. Die Oppositionsfraktionen knüpften mit ihren Anträgen an den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern in diesem Bereich an. Die neue Bund-Länder-Vereinbarung („15a-Vereinbarung“) für Kindergärten biete die Gelegenheit, Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für die Bildungs- und Förderarbeit mit Kleinkindern auf den Weg zu bringen, etwa mittels bundesweit einheitlicher Mindeststandards für Kindergärten, argumentierte Petra Vorderwinkler seitens der SPÖ (2310/A(E)). Die Elementarpädagogik in Österreich brauche erhebliche Verbesserungen der Arbeits- und Betreuungsverhältnisse, mahnte auch NEOS-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. Pro Kindergartengruppe sollte daher anhand bundesweiter Standards ein Mindestpersonaleinsatz und eine Kinderhöchstzahl gelten (2197/A(E)). Nach Auffassung der NEOS müsse es für Assistenzkräfte in Kindergärten österreichweit die gleichen Ausbildungs- und Qualifikationsanforderungen geben, unterstrich Künsberg Sarre mit einem weiteren Antrag ihrer Fraktion (2264/A(E)). Angesichts des unterschiedlichen Ausgangsniveaus in den Bundesländern sollten die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern genützt werden, eine schrittweise Angleichung anzustreben, meinte die NEOS-Abgeordnete.

Nico Marchetti (ÖVP) hielt den Antragstellerinnen entgegen, die geforderten Änderungen müssten in erster Linie auf der Ebene der Bundesländer ansetzen. Da alle Parteien in Landesregierungen Regierungsverantwortung trügen, seien sie gefordert, die entsprechenden Änderungen anzustoßen. Bundeseinheitliche Standards würden bedeuten, die Rolle des Bundes zu stärken, was letztlich nur mit einer Verfassungsänderung möglich wäre.

FPÖ: Auf Demokratiebildung von LehrerInnen achten

FPÖ-Abgeordneter Hannes Amesbauer suchte Unterstützung für den Antrag seines Fraktionskollegen Hermann Brückl, der Demokratiebildung in der Aus- und Weiterbildung von LehrerInnen einen höheren Stellenwert einzuräumen und sie zum Pflichtfach im Ausbildungscurriculum zu machen (2338/A(E)). ÖVP und Grüne vertagten den Antrag. Eva Blimlinger (Grüne) wies darauf hin, dass die Ausgestaltung der Lehrpläne in der Autonomie der Universitäten und Pädagogischen Hochschulen liegt.

NEOS sehen Nachholbedarf bei Wirtschaftsbildung an Schulen

Mehr Wirtschafts- und Finanzbildung braucht es den NEOS zufolge an Österreichs Schulen. Diesbezügliche Studien ließen hier große Wissenslücken bei SchülerInnen erkennen, merkte NEOS-Mandatarin Martina Künsberg Sarre an. In Zusammenhang mit der ab 2023/24 geplanten stärkeren Verankerung von Wirtschafts- und Finanzbildung in den Lehrplänen solle auch ein verpflichtender, regelmäßiger Austausch zwischen Schule und Arbeitswelt veranlassen werden, (2271/A(E)). Sibylle Hamann (Grüne) beantragte zwar die Vertagung, merkte aber an, sie hoffe, dass ein gemeinsamer Antrag möglich sein werde. Auch ÖVP-Abgeordnete Maria Theresia Niss zeigte sich offen für eine gemeinsame Initiative. In Hinblick auf die NEOS-Forderung, die Curricula von Lehramtsstudien sowie das Fort- und Weiterbildungsangebot so auszugestalten, dass PädagogInnen selbst über ausreichend Wirtschafts- und Finanzwissen verfügen (2272/A(E)). Hier argumentierten ÖVP und Grünen die Vertagung mit dem Hinweis, dass dieser Punkt bereits in Umsetzung sei.

FPÖ für Erste-Hilfe-Kurse im Schulunterricht

Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Erste-Hilfe will die FPÖ mit einem Antrag auf Einbeziehung einer Erste-Hilfe-Ausbildung in den Unterricht erreichen (2347/A(E)). Damit könnte man junge Menschen motivieren, später zu ErsthelferInnen zu werden, argumentierte Hannes Amesbauer (FPÖ). Der Antrag wurde von ÖVP und Grünen vertagt. Nico Marchetti (ÖVP) verwies auf die aktuelle Lehrplanreform, deren Vorschläge in dieser Frage man abwarten solle. (Schluss Unterrichtsausschuss) sox

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