Müssen Farben, Lacke oder Klebstoffe demnächst in den Kühlschrank?

Wien (OTS) – Wasserverdünnbare Produkte in der Lack- und Anstrichmittelindustrie sowie in der Bauchemie haben gegenüber lösungsmittelbasierten Produkten im Bereich der Nachhaltigkeit, aber auch beim Arbeits- und Verbraucherschutz einen klaren Vorteil. Um diese umweltfreundlichen Produkte haltbar zu machen, benötigt die Industrie Biozide, denn Mikroorganismen finden in Wasser gute Wachstumsbedingungen.

Kaum noch Konservierungsmittel erhältlich

Die strenge Chemikaliengesetzgebung hat dazu geführt, dass Hersteller von Konservierungsmitteln aufgrund der langwierigen und kostspieligen Prozesse vermeiden, neue Formulierungen auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig fallen viele herkömmliche Konservierungsmittel einem neuen Überprüfungsprogramm zum Opfer.

„Es gehen der Lackindustrie unverzichtbare Konservierungsstoffe aus“, warnt Hubert Culik, Obmann der österreichischen Lackindustrie. „Oftmals unterliegen Neubewertung bzw. Verbote und Beschränkungsmaßnahmen keinerlei fundierten wissenschaftlichen Grundlagen.“ Dies bestätigt auch Bernhard Mucherl, Obmann der Bauklebstoffindustrie: „Eine Topfkonservierung wasserverdünnbarer Produkte ist ohne den Einsatz geeigneter Wirkstoffe nach dem heutigen Stand der Technik – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht möglich. Es ist nicht im Sinne des Umweltschutzes, dass Anstrichmittel oder Klebstoffe eine verkürzte Lagerfähigkeit haben und nach Anbruch bald wieder entsorgt werden müssen.“

Umweltfreundliche, wasserverdünnbare Produkte müssten in die Kühlung

Die beiden Branchen fordern eine ganzheitliche Betrachtung bei der Bewertung von Chemikalien und eine ausgewogene Nutzen- und Risikoabwägung. „Wenn sich an der Biozidgesetzgebung nichts ändert, besteht die Gefahr, dass eine effektive Konservierung unserer umweltfreundlichen wasserverdünnbaren Produkte nicht mehr möglich ist“, warnt Hubert Culik und weist darauf hin, dass Lacke oder Wandfarben wie Käse und Milch in den Kühlschrank müssten. „Um Alternativen für Rohstoffe zu finden, die der Lackindustrie dadurch nicht mehr zur Verfügung stehen, braucht die Industrie mehr Zeit.“

Preissteigerungen bei Rohstoffen und Energie belasten
zusätzlich

Zudem leiden die Branchen auch unter extremen Preissteigerungen bei fast allen Rohstoffen. Der Preis für das Weißpigment Titandioxid ist im letzten Jahr um 50 Prozent gestiegen, bei Lösungsmitteln und Additiven werden sogar Steigerungen bis zu 150 Prozent verzeichnet.

Im Vorjahr war die Preisexplosion bei Kunststoffgebinden eine schwere Belastung, nun gehen Blechgebinde mit mehr als plus 40 Prozent durch die Decke. Hinzu kommt noch, dass sich die Lieferzeiten durch die Verknappung der Ressourcen sehr erhöht haben. Bei vielen Materialien betragen sie bereits zwei bis sechs Monate.

Für die Lack- und Anstrichmittelindustrie ist der durch die Ukrainekrise verursachte Gaspreisanstieg doppelt nachteilig. Gas dient nämlich nicht nur als Energieträger, sondern auch als wichtiger Basisrohstoff, etwa für das Schwarzpigment Farbruß.

Die Hersteller erwarten für dieses Jahr eine Verdreifachung des Anteils der Energiekosten an den Produktionskosten. „Die Politik muss hier dringend gegensteuern“, erwartet sich Hubert Culik. „Denn durch die Ukrainekrise könnte sich die sowieso schon prekäre Situation noch deutlich verschlimmern!“

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