20. Wiener Gemeinderat (13)

Wien (OTS) – GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) wollte für Aufklärung beim von der ÖVP vorgeschlagenen Zonen-Modell sorgen. Das Modell unterscheide zwischen Dauerparker*innen und Kurzparker*innen:
Dauerparker*innen mit Parkpickerl könnten in unterschiedlichen Zonen unterschiedlich lang stehen bleiben, bei den Kurzparker*innen würden unterschiedliche Tarife gelten, erklärte Olischar. Sie vermisste einen „Blick nach vorne“ und „Mut“ der Stadtregierung bei der Gestaltung der Parkraumbewirtschaftung. Das Modell der Stadt würde sich nicht an die Lebensrealität der Menschen orientieren; die Ausweitung sei ein „copy paste“ von Bestehendem und damit auch von allen Problemen. Das „Machwerk“ sei noch „unausgegoren“, meinte Olischar, das zeige auch, dass wenige Wochen vor dem Start noch am Konzept „herumgedoktert“ werde. Sorgen von älteren Menschen dürften nicht vom Tisch gewischt werden, ebenso die Sorgen jener, die auf das Auto angewiesen seien. Rund um die Parkraumbewirtschaftung brauche es auch Begleitmaßnahmen, zum Beispiel der Ausbau des öffentlichen Verkehrs bis an die Stadtgrenze oder Park and Ride (P&R)-Anlagen, argumentierte Olischar. Beide sollten schon vorher da sein, bevor die Parkraumbewirtschaftung starte. Die Verkehrssituation in den Bezirken seien unterschiedlich, zum Beispiel beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sagte Olischar – in den Außenbezirken gebe es oft keine Alternative zum Auto. „So lange die Fahrzeiten mit den Öffis viel länger sind als mit dem Auto, sind sie keine Alternative“, sagte Olischar. Sogar kleine Maßnahmen bei den Öffis könnten die Lebensqualität der Menschen verbessern und die Öffis attraktiver machen. Sie kritisierte, dass Wien keine P&R-Anlagen in der Stadt bauen wolle, nur P&R-Anlagen an der Stadtgrenze in Niederösterreich seien nicht genug. Außerdem müssten diese Anlagen an U-Bahn- oder Straßenbahnlinien angebunden sein, forderte Olischar. Sie brachte mehrere Anträge ein – darunter einen für ein Zonenmodell bei der Parkraumbewirtschaftung; gestaffelte Tarife bei den Kurzparkzonen und die Implementierung von digitalen Technologien bei der Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung.

GRin Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS) sagte, das Parkpickerl schaffe „Platz und Lebensqualität“. Wo das Parkpickerl eingeführt wurde, hätten die Grätzl „aufgeatmet“, die Bezirke ohne Parkpickerl seien hingegen noch mehr zugeparkt worden. Verparkte Grätzl seien schlecht für jene, die einen Parkplatz suchen und für jene, die sich „an Autos vorbeiquetschen“ müssten und die auf Platz für Begrünung und überhaupt auf mehr Platz im öffentlichen Raum verzichten müssten. Die Bezirksvorsteher*innen hätten bei der Ausweitung des Parkpickerls auf alle Bezirke mitreden können, hätten sich aber gegen Ausnahmen entschieden, weil der Verdrängungseffekt bekannt sei, erklärte Pipal-Leixner. Für jene, die gewohnt waren, mit dem Auto nach Wien zu pendeln oder alles in Wien mit dem Auto zu erledigen, bedeute das Parkpickerl eine Verhaltensänderung – und weniger Verkehr in Wien. Das sei wichtig in Zeiten des Klimawandels, selbst parkende Autos würden das Klima in der Stadt anheizen, sagte Pipal-Leixner. Der Trend gehe ohnedies hin zu Sharing-Modellen und weg vom eigenen Auto, das böte auch Möglichkeiten für mehr Gestaltung des öffentlichen Raums für die Menschen.

GRin Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE) meinte, das Ziel einer Parkraumbewirtschaftung sei Verkehrsreduktion, weniger Fahrten, weniger Pendler*innen und den freiwerdenden Raum den Menschen zurückgeben, Gehsteige verbreitern, mehr Grün, Platz für Radwege, Platz für Fußgänger*innen – „das sind die Gründe für das Parkpickerl“, zählte Sequenz auf: „Diese Argumentation hätte ich mir von der Verkehrsstadträtin erwartet. Das Parkpickerl ist ‚state of the art‘, da braucht man sich nicht hinter irgendwelchen Verdrängungseffekten zu verstecken“. Sie kritisierte, dass ein Modell für die kleinen Innenbezirke auf die großen Flächenbezirke ausgerollt werde, das ermögliche weiter den Binnenverkehr; außerdem gebe es zu viele Ausnahmen. Es brauche ein Zonenmodell mit kleinen Zonen und vor allem keine weiteren Garagen, wie sie die ÖVP forderte. Außerdem brauche es keine Ausnahmen für Lehrer*innen, die bräuchten „keinen SUV für den Schulranzen mit der Enzyklopädie und Stößen an Schularbeiten“, sagte Sequenz – auch Besuche seien kein Problem, Besucher*innen sei eine Anreise mit den Öffis zuzutrauen. Die Wirtschaftstreibenden hätten auch Optionen. Sie kritisierte die ÖVP, ältere Menschen zu instrumentalisieren, „die wollen nicht mit dem Auto fahren, sondern mehr Platz im öffentlichen Raum“. In Wien brauche es keine weiteren Garagen; bestehende Plätze zum Beispiel in Tiefgaragen von Häusern stünden leer und würden an Pendler*innen vermietet. Sie brachte einen Antrag ein, in dem sie sich gegen die Versiegelung von Flächen für Parkplätze aussprach. Das passiere gerade in Siedlungsgebieten wie am Bruckhaufen, wo „bisher Autos auf der grünen Wiese vor dem Haus abgestellt“ wurden – dabei werde es dank Parkpickerl bald viele freie Stellplätze geben.

GR Mag. Gerhard Spitzer (SPÖ) wollte gleich zu Beginn mit einem „Gschicht’l“ aufräumen: Am Bruckhaufen sei Parken derzeit rechtlich streng genommen nicht möglich, deshalb würden jetzt durch Markierungen auf der Straße Parkplätze auf Wunsch der Menschen geschaffen. Das Thema Parkpickerl werde in Wien seit 1993 diskutiert, die Aufregung sei im Gemeinderat wohl stärker als „bei den Menschen da draußen“, die damit lebten, schätze Spitzer. Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung würden für Verkehrssicherheit und den Ausbau der Öffis eingesetzt. Auch würden viele Pendler*innen, die künftig für das Parken zahlen müssten, nicht mit dem Auto nach Wien kommen. Ein Parkpickerl in allen Bezirken sei einem „Fleckerlteppich“ vorzuziehen. Wien hätte einerseits in den Ausbau der Öffis investiert und sie mit einem günstigen 365-Euro-Jahreskarte besonders attraktiv gemacht. Viele Bezirke hätten schon lange vor der Ausweitung erkannt, dass das Parkpickerl notwendig sei, sagte Spitzer. Die positiven Effekte der Parkraumbewirtschaftung seien messbar – zum Beispiel der massive Rückgang von Autos ohne Wiener Kennzeichen, kürzere Fahrten zur Parkplatzsuche und sogar das Falschparken sei zurückgegangen – wovon auch die Öffis profitierten, weil zum Beispiel die Bim nicht von Falschparker*innen ausgebremst werden. „Wer das Parkpickerl erlebt, der liebt es“, fasste Spitzer die Gefühlslage in den Bezirken zusammen. „Ist das jetzige Modell der Weisheit letzter Schluss? – na sicher nicht“, meinte er. „Wir werden evaluieren und nachbessern, wenn sich Probleme im Vollbetrieb zeigen“, so Spitzer.

GR Wolfgang Irschik (FPÖ) konnte nicht nachvollziehen, wie das Parkpickerl zur Verkehrssicherheit beitragen würde – „das ist ein schwaches Argument“, meinte er. „In der Pandemie waren wir schon froh, dass es noch Leute gibt, die ein eigenes Auto haben und damit fahren“, sagte Irschik. Parken in einer Parkgarage koste in Randbezirken 110 Euro, in der Josefstadt das günstigste Angebot 121 Euro und das teuerste 220 Euro im Monat – „das müssen Sie sich auch einmal leisten können“, sagte Irschik. Er kritisierte, dass die Nova für Klein-Lkw erhöht würde, dies schade den Wirtschaftstreibenden und die „höheren Kosten werden den Kunden umgehängt“, sagte Irschik. Er könne nachvollziehen, dass Siedlervereine versuchten Parkplätze durch Schilder oder Markierungen zu legalisieren, das bedeute nicht, dass Boden versiegelt werde. Allein das Radeln gegen die Einbahn koste in Wien tausende Parkplätze. „Wenn alle mit dem Thema Parkpickerl zufrieden seien, würden wir da ja nicht reden“, sagte Irschik. Mit dem Ausbau der U-Bahn seien alle zufrieden, weil es aber trotz Parkpickerl keine Parkplätze gebe, seien die Wiener*innen seit 1993 über die Parkraumbewirtschaftung unzufrieden. Er forderte einen Ausbau der Garagen, die Mittel aus der Parkraumbewirtschaftung sollten für neue Stellplätze aufgewendet werden. „Der Kraftfahrer darf für alles herhalten, finanziert den öffentlichen Verkehr aber bekommt kein Danke“, schloss Irschik. (Forts.) ato

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