Wien (OTS) – In Pflegeheimen müssen aufgrund von Personalmangel Stationen gesperrt werden, bei den mobilen Diensten kommt es zeitweise zu Engpässen bei Neuaufnahmen, auch im Behindertenbereich werden Mitarbeiter*innen händeringend gesucht. „Das ist die aktuelle Krise, vor dem wir immer gewarnt haben“, stellt der Direktor der Volkshilfe Österreich Erich Fenninger fest. „Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen, ob alt und gebrechlich, suchtkrank oder wohnungslos, sind auf die Sozial- und Pflegearbeit angewiesen. Damit tragen wir Verantwortung für diese vulnerablen Menschen, aber natürlich auch für die Mitarbeiter*innen. Für sie hat die Pandemie zu einer persönlichen und beruflichen Belastungskrise geführt. Die vorhandenen Schwächen unseres Betreuungssystems wurden aufgezeigt und verstärkt. Die Mitarbeiter*innen im Sozial- und Pflegebereich sind erschöpft. Und der beschämende Umgang mit den Prämien hat zu weiterer Frustration geführt. Die Abgänge und Ausfälle aufgrund von Überforderung, Krankheiten und burn-outs haben neben der zusätzlichen Belastung für die verbleibenden Mitarbeiter*innen aber auch noch eine negative Langzeitwirkung. Denn die vielen persönlichen und medialen Berichte über den enorm belastenden Pflegealltag wirken für Interessent*innen an einem Pflegeberuf natürlich abschreckend.“
Belastung kann nur durch mehr Personal verringert werden
Die Berechnungen zeigen, dass wir bis 2030 rund 70-100.000 zusätzliche Mitarbeiter*innen brauchen werden, um den durch die demografische Entwicklung verursachten Pflegebedarf decken zu können. „Aber wie sollen wir diese zusätzlichen Menschen für den Pflegeberuf begeistern?“, fragt Fenninger. „Daher braucht es jetzt einen echten Befreiungsschlag. Das bedeutet, den von Beginn an weiblichen Beruf der Pflege und sozialen Betreuung durch eine völlig neue Entlohnungsstruktur fundamental aufzuwerten. Denn der Wert der Betreuungsarbeit, in die auch viele persönliche Ressourcen einfließen, ist weit höher als die derzeitige Bezahlung, sie wird der Leistung und der Belastung nicht gerecht. Mit einer Neubewertung wird auch historisches Unrecht beseitigt. Das heißt jetzt, das Lohn- und Gehaltsniveau um Euro 500 brutto für eine Vollzeitstelle anzuheben, das sind rund 15%-20% mehr. Das klingt viel, ist aber mehr als verdient und ein Gebot der Stunde“, so Direktor Erich Fenninger.
Rahmenbedingungen können erst danach geändert werden
Die zu engen Personalschlüsseln verursachen die permanente Zeitnot der Mitarbeiter*innen und den Stress in ihrer täglichen Arbeit mit Menschen. Damit fehlt die Zeit für die persönliche Zuwendung und das Gespräch mit den Klient*innen. Dabei ist das zumeist der Grund, warum Menschen eine Aufgabe im Sozialbereich suchen, das zeigen Gespräche mit Mitarbeiter*innen immer wieder. Um die Personalschlüssel zu verbessern braucht es aber auch die zusätzlichen Mitarbeiter*innen. Und hier setzt mein Vorschlag nach einer neuen Entlohnungsstruktur an.
Braucht Schulterschluss von Bund, Länder und Gemeinden
Pflege und Betreuung ist in Österreich Ländersache. „Aber es ist klar, dass es dafür auch eine dauerhafte Finanzierung durch den Bund geben muss. Es braucht jetzt einen Schulterschluss der Verantwortlichen, um den gordischen Knoten zu durchschlagen und einen ersten wichtigen Schritt zur Lösung der Sozial- und Pflegekrise zu machen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen und auch die Umsetzung der Pflegereform werden dann um einiges leichter fallen. Die Bundesregierung hat sehr beherzt gehandelt und viele Milliarden in die COVID-Krisen Bewältigung investiert, wahrscheinlich nicht immer ganz treffsicher. Jetzt geht es darum, die Lehren aus der Krise zu ziehen und den Sozial- und Pflegebereich in der Zukunft abzusichern
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