FISK-Fiskalprognose 2021 bis 2025

Wien (OTS) – Die aktuelle Prognose des Fiskalrates geht von einem gesamtstaatlichen Budgetdefizit im Jahr 2021 in Höhe von 5,4% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus (2020: -8,3% des BIP), das sich 2022 (-1,6% des BIP) und in den Folgejahren rasch verringern wird. Dieser Budgetpfad spiegelt vorrangig die unterstellte Konjunkturerholung, ab 2022 zudem das Auslaufen der Corona-Unterstützungsmaßnahmen wider. Die gesamtstaatliche Schuldenquote geht im Prognosezeitraum – ausgehend von 83,2% des BIP im Jahr 2020 – kontinuierlich zurück, sodass bereits im Jahr 2025 der Vorkrisenwert des Jahres 2019 unterschritten wird. Der gegenwärtige „vierte“ Lockdown ist aufgrund großer Unsicherheiten in den Berechnungen nicht berücksichtigt, führt aber laut Abschätzung des FISK zu keiner qualitativen Änderung des erwarteten Budgetpfads. „Wenn auch weiterhin große Unsicherheit bezüglich der epidemiologischen Entwicklung und der Notwendigkeit zusätzlicher bzw. länger andauernder Einschränkungen besteht, können wir mittlerweile zumindest die fiskalischen Gesamtkosten eines Lockdowns gut abschätzen“, so Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrates. So lässt sich die budgetäre Dimension des vierten Lockdowns auf Basis der Abschätzungen des Fiskalrates auf einen Gesamteffekt von 0,7 Mrd EUR pro harter Lockdown-Woche und 0,4 Mrd Euro pro partieller Lockdown-Woche festmachen. Damit würden sich die Finanzierungssalden 2021 und 2022 unter Annahme eines angekündigten dreiwöchigen harten und eines darauffolgenden siebenwöchigen partiellen Lockdowns bis zum Beginn der allgemeinen Impfpflicht um 0,8% und 0,4% des BIP auf -6,2% und -2,0% des BIP verschlechtern.

Budgetäre Belastung durch Corona-Pandemie beläuft sich auf rund 69 Mrd Euro

Der budgetäre Effekt der Corona-Pandemie beträgt nach Abschätzung des Fiskalrates für den Zeitraum 2020 bis 2022 insgesamt 63,8 Mrd Euro. Davon sind rund 60% auf die Kosten wirtschaftspolitischer Maßnahmen und etwa 40% auf den makroökonomischen Schock zurückzuführen. Der aktuelle Lockdown (3 Wochen voller plus 7 Wochen partieller Lockdown) erhöht diese Kosten um 5,1 Mrd Euro auf 68,9 Mrd Euro.

Starker Einbruch der Staatseinnahmen und hoher Anstieg der Staatsausgaben im Jahr 2020 als Folge der Corona-Pandemie

Einnahmensenkende wirtschaftspolitische Maßnahmen (v. a. temporäre USt-Senkung ab Juli 2020 und Senkung der ersten Einkommensteuertarifstufe) und der rezessionsbedingte Rückgang der Steuerbasen, sowie der Rückgang der staatlichen Produktionserlöse (u. a. Ticketverkäufe der ÖBB und von staatlichen Kultureinrichtungen) ließen die gesamtstaatlichen Einnahmen im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 10,6 Mrd Euro bzw. 5,4% auf 184,9 Mrd Euro einbrechen. Im Jahr 2021 zeichnet sich eine deutliche Konjunkturerholung ab. Die Staatseinnahmen steigen bis Ende des Jahres wieder über das Vorkrisenniveau des Jahres 2019 an. In den Folgejahren bleibt die Entwicklung des Steueraufkommens dynamisch, wenngleich sich das Wachstum aufgrund der ökosozialen Steuerreform (u. a. ESt-Tarifsenkung, KV-Beitragssenkung, KÖSt-Senkung) deutlich abschwächt.

Die Staatsausgaben verzeichneten im Jahr 2020 einen massiven Anstieg um 23,4 Mrd Euro oder 12,1% gegenüber dem Vorjahr und betrugen 216,4 Mrd Euro. Ausschlaggebend hierfür waren die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen – allen voran die COVID-19-Kurzarbeit, der Fixkostenzuschuss, der Umsatzersatz, der Härtefallfonds sowie zusätzliche Gesundheitsleistungen – zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie. Zusätzlich erhöhte das deutliche Wachstum der Pensionsausgaben (+5,2%), auch durch die außertourliche Pensionserhöhung, die Staatsausgaben. Die ausgabenerhöhende Wirkung der Corona-Maßnahmen bleibt im Jahr 2021 aufrecht, erst 2022 gehen die diesbezüglichen Ausgaben deutlich zurück. Nach einem inflationsbedingt hohen Anstieg der Ausgaben für Soziales und Arbeitnehmerentgelte im Jahr 2023 steigen die Ausgaben in den Folgejahren aufgrund des Auslaufens von wirtschaftspolitischen Maßnahmen nur moderat an.

Aufgrund des weiterhin vorherrschenden Niedrigzinsumfelds schwächt die Entwicklung der Zinsausgaben den Ausgabenanstieg im gesamten Prognosezeitraum ab.

Erfüllung der Maastricht-Kriterien ab dem Jahr 2022

Die erwartete wirtschaftliche Erholung und das Auslaufen der COVID-19-Unterstützungsleistungen ermöglichen ab dem Jahr 2022 die Erfüllung der Maastricht-Kriterien (Defizitobergrenze von 3% des BIP und rasche Rückführung der Staatsschuldenquote). Verfehlungen in den Jahren 2020 und 2021 ziehen kein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits (ÜD-Verfahren) nach sich, da die Europäische Kommission aufgrund der Corona-Pandemie – für alle Mitgliedstaaten der EU – Verfahrensschritte aussetzte.

Effektive Dimensionierung staatlicher Krisenintervention auf Basis sorgfältiger Evaluierung

„Der anhaltende bzw. wiederkehrende Krisenmodus macht eine wissenschaftliche Evaluierung der eingesetzten Unterstützungsleistungen im Hinblick auf deren Effektivität und Adäquanz unerlässlich“, so Fiskalratspräsident Badelt, um zeitnah neuen Herausforderungen oder sich ändernden Rahmenbedingungen begegnen zu können. Bei einem aktiven Rückzug aus der weitreichenden pandemiebedingten staatlichen Intervention empfiehlt der Fiskalrat, insbesondere auf das Spannungsfeld zwischen Rückkehr zur nachhaltigen Budgetpolitik und Bedachtnahme auf die makroökonomische Stabilisierungsfunktion des Staates zu achten.

Kurz- bis mittelfristig bestehenden Spielraum für Strukturreformen und Wachstumsimpulse nutzen

Der kurz- bis mittelfristig identifizierte budgetäre Spielraum sollte für Strukturreformen und wachstumsfördernde Staatsausgaben genutzt werden, um die langfristig bestehende Budgetlücke zu schließen. Essenziell sind die Steigerung der Effizienz der Ausgaben, die nachhaltige Abschwächung der Kostendynamik sowie die Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung in den demografieabhängigen Ausgabenbereichen, insbesondere bei Pensionen sowie im Gesundheitswesen. In gebietskörperschaftsübergreifenden Aufgabenbereichen kommt der Erhöhung der Transparenz, der Zusammenführung der Aufgaben-, Einnahmen- und Ausgabenverantwortung sowie der Aufgabenentflechtung besondere Bedeutung zu.

Zur weiteren Reduktion des CO2-Ausstoßes sollten erforderliche Maßnahmen und Anreizmechanismen evaluiert, gegebenenfalls ausgeweitet und ausgewogen aufeinander abgestimmt werden. Durch die zunehmende Bedeutung der Klimapolitik sollte auch die Gesamtstrategie des Förderwesens entsprechend weiterentwickelt werden.

Presseunterlagen, Jahresbericht und Empfehlungen unter www.fiskalrat.at/presseinformationen.html

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